XBox One 23.05.2013, 12:17 Uhr

Eine Konsole, zwei Meinungen

Die Xbox One ist enthüllt - und die Meinungen gehen stark auseinander. Zwei Computerworld-Redaktoren nehmen Stellung.

Nichts für Gamer

Kommentar von Luca Diggelmann
Der Schlüsselmoment der Xbox-One-Präsentation war wohl die Halo-Ankündigung. Nach fast 20 Minuten TV und der Ankündigung der EA-Sports-Games, die eigentlich gar nicht mehr angekündigt werden müssen, war es schon lange an der Zeit für etwas Gameplay. Die Spannung stieg ins Unermessliche und fiel genauso schnell wieder auf den harten Boden der Realität zurück. Eine Halo-TV-Serie. Diese Ankündigung fasst die gesamte Präsentation der Xbox One und die aktuelle Ausrichtung seitens Microsoft zusammen.

Auch Sony zeigte bei der ersten Präsentation der PlayStation 4 viele Zusatz-Features. Diese waren aber immer direkt mit Gaming verbunden und auch wenn man Social Gaming nicht mag, bleibt immer noch das Gaming. Bei Microsoft scheint der Fokus beim Fernsehen zu liegen. Games gibt es nebenher, falls das TV-Programm mal nicht so gut ist. Das widerspiegelt sich auch in der Auswahl der präsentierten Spiele. Sony zeigte eine Vielfalt an Games. Vom Indie-Titel bis zu Triple-A-Blockbuster war alles vertreten. Entsprechend sind auch die Rückmeldungen der Entwickler. Besonders im Indie-Bereich kommt die PS4 unglaublich gut an, da sie den Entwicklern viele Freiheiten zugesteht. In den wenigen Minuten, in denen von Games gesprochen wurde, fokussierte sich Microsoft hauptsächlich auf EA-Sports-Titel und Call of Duty. Die Games, die genau das bieten, was Microsofts Hauptzielgruppe interessiert: Sport und Hollywood-Action.

Microsoft setzt voll und ganz auf Mainstream, vergisst dabei aber den Hardcore-Gamer. Denjenigen, der auch noch spielt, wenn Gaming nicht mehr im Trend liegt. Denjenigen, der mehr kauft, als einmal jährlich Fifa und Call of Duty. Gaming lebt nicht nur vom Konsum, sondern hauptsächlich von den Spielern. Vom aktuellen Standpunkt aus gesehen werden Konsumenten ihr Zuhause auf der Xbox One finden. Spieler auf dem PC, der PS4 oder woanders. Auf der nächsten Seite: Kommentar von Hannes Weber

Was will man mehr?

Kommentar von Hannes Weber
Endlich – nach rund acht langen Jahren – hat Microsoft die längst überfällige neue Konsolengeneration vorgestellt. Doch statt Begeisterung löste die Präsentation bei vielen Beobachtern eher Kopfschütteln aus: Microsoft vergisst vor lauter TV und Unterhaltung das Wichtigste, nämlich die Gamer, hört man von allen Seiten. Microsoft wird die Hausaufgaben machen Ich persönlich teile diese Sichtweise nicht. Ich habe vollstes Vertrauen, dass Microsoft mit der Xbox One eine tolle Spielkonsole auf den Markt bringt. Die Hardware wird sich sowieso nur minim vom einzigen Konkurrenten, der PlayStation 4, unterscheiden: Derselbe Prozessor, dieselbe Menge Arbeitsspeicher – die technische Plattform ist also quasi identisch. Der neue, rundum verbesserte Controller mit ausgeklügeltem Vibrationssystem sieht sehr vielversprechend aus. Und 15 Exklusivtitel für die Xbox One im ersten Jahr klingen ja auch nicht so schlecht. Ausserdem: Die allermeisten Spiele werden in Zukunft sowieso für alle Plattformen (PC, Xbox One und PlayStation 4) erscheinen, da nun erstmals alle auf derselben Systemarchitektur (x86) basieren. Punkto Spielauswahl wird also keine der Next-Gen-Konsolen einen gewichtigen Vorteil haben.

Einverstanden: Das, was bei der Präsentation an Games zu sehen war, hat mich jetzt auch nicht vom Hocker gehauen. Aber erstens bleibt dafür noch Zeit – die E3 steht ja schon vor der Tür – und zweitens: Wer erwartet hat, dass Spiele gezeigt werden, die uns mit ihrer Grafikpracht geradezu umhauen, der hat schlicht falsche Erwartungen gehabt. Die neue Xbox wird – wie auch die PlayStation 4 – bezüglich Spielegrafik etwa auf dem Niveau aktueller High-End-PCs liegen. Ein logischer Schritt Doch obwohl ich mich selbst als Core-Gamer bezeichne – und deshalb auch für mich die Fähigkeiten als Spielkonsole im Zentrum stehen –, begrüsse ich die Neuerungen wie das integrierte Live-TV. Als Besitzer einer Xbox 360 ist selbige für mich schon längst mehr als nur eine Spielkonsole. Ich benutze sie gleichzeitig als Abspielgerät für meine Musik, und auch Filme on Demand habe ich damit schon geschaut. Schon jetzt ist die Xbox eine Medienzentrale – Microsoft verfolgt diesen Weg nur konsequent weiter. Die Integration von Live-TV ist da ein logischer Schritt.

Bedenken habe ich diesbezüglich nur, dass dies in der Schweiz mit Swisscom TV und Co. nicht funktionieren wird. Aber wenn, dann ist das für mich ein weiteres Argument für die Xbox One. Nur noch ein einziges Gerät für sämtliche Wohnzimmeraktivitäten zu benötigen und dabei innert Sekundenbruchteilen zwischen Live-TV, Videos, Musik, Games und Apps wechseln zu können, klingt für mich einfach nur super. Und als wäre dies nicht schon genug, wird man auf der Xbox One sogar noch zwei Anwendungen nebeneinander nutzen können – Multitasking auf dem 47-Zoll-Fernseher in der guten Stube, was willst du mehr? Eine für alles Da die Xbox One auf dem Windows-Kernel basiert, wird das Gerät eine Mischung aus Next-Gen-Spielkonsole, Multimediacenter, Settop-Box und Computer – und kommt damit der vielzitierten Eier legenden Wollmilchsau schon sehr nahe. Was mich ebenfalls überzeugt hat, ist die Sprach- und Gestensteuerung – wer braucht da noch eine Fernbedienung? Und die Tatsache, dass der (stark verbesserte) Kinect-Sensor standardmässig im Lieferumfang der Xbox One zu finden sein wird, ist ebenfalls löblich.

Was wird sonst noch so kritisiert? Die Account-Bindung von Spielen? Stört mich nicht, bei PC-Spielen ist dies ja auch längst der Fall, Stichwort Steam oder Origin. Und den permanenten Onlinezwang (Always On) hat Microsoft ja dementiert.

Also – von mir aus kann die Xbox One kommen. Je schneller, desto besser.



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