Testcenter
08.02.2023, 08:15 Uhr
Test: Apple MacBook Pro 16 Zoll (2023)
Der Umgang mit einem «mobilen Arbeitsplatz» muss neu definiert werden.
Geht wuchtig zur Sache: das MacBook Pro mit 16 Zoll
(Quelle: NMGZ)
Das Testgerät von Apple lässt leer schlucken. Es ist einige Jahre her, seit ich zum letzten Mal ein 16 Zoll grosses MacBook in den Händen hielt. Das wuchtige Design wird vom Gewicht unterstrichen: Das Unibody-Gerät aus einer Aluminium-Legierung wiegt stattliche 2,1 Kilogramm. Nichts deutet bei diesem Notebook darauf hin, dass es nur hier ist, um die Büroarbeiten zu erledigen.
Tastatur, Trackpad und Lautsprecher
Diese Dominanz setzt sich beim Öffnen des Deckels fort. Das riesige Trackpad mit seinen 16 × 10 Zentimetern ist eine wahre Freude. Neben der angenehmen Oberfläche setzt es – wie alle Apple-Trackpads – auf die unerreichte Taptic Engine: Statt einer beweglichen Platte mit Tastenfunktion «stupst» sie das Trackpad von unten an und führt zum besten Klickgefühl, das man sich vorstellen kann. Für gestandene MacBook-Anwender mag das kalter Kaffee sein – aber dieses Alleinstellungsmerkmal verdient bei jeder Gelegenheit eine Erwähnung. Freuen Sie sich darauf, wenn das MacBook Pro Ihr Einstieg in die Apple-Welt ist.
Das Trackpad ist nicht nur riesig, sondern fühlt sich auch hervorragend an
Quelle: Apple Inc.
Die beleuchtete Tastatur ist sehr flach und arbeitet mit einem entsprechend kurzen Tastenhub. Das Schreiben damit fühlt sich «in Ordnung» an – nicht mehr und nicht weniger. Mir persönlich ist der Hub deutlich zu kurz; aber aus Diskussionen weiss ich, dass diese Tastatur auch Freunde hat. Ausserdem ist dieses Gerät kaum dazu da, um als Schreibmaschinen-Ersatz herzuhalten. Unbestritten nützlich ist hingegen die Touch-ID – also der Fingerscanner, der für die Anmeldung und für Änderungen an den Systemeinstellungen hinzugezogen wird.
Die Tastatur wird links und rechts von den Lautsprechern flankiert, die ein äusserst stimmiges, räumliches und präzises Klangbild von sich geben – vor allem im Hinblick auf die beengten Platzverhältnisse. Die Bässe könnten einen Tick kräftiger sein; aber hier werden wohl die Grenzen der Physik ausgelotet.
Die Lautsprecher führen auch dazu, dass dem MacBook Pro trotz seiner Grösse ein Zahlenblock verwehrt bleibt. Das mag einerseits die Excel-Akrobaten enttäuschen; andererseits ist dieses Kraftwerk definitiv nicht dafür gedacht, schnöde Office-Anwendungen am Laufen zu halten. Wir kommen am Schluss darauf zurück.
Display und Kamera
Das Display überzeugt auf der ganzen Linie – aber nichts anderes haben wir erwartet. Das Liquid Retina XDR-Display bietet eine Spitzenhelligkeit von bis zu 1600 Nits und bettelt geradezu nach HDR-Inhalten. Der erweiterte P3-Farbraum wird komplett abgedeckt, das Kontrastverhältnis beträgt 1’000’000:1. Gemäss Apple verfügt das Display über eine «zweidimensionale Hintergrundbeleuchtung» mit über 10’000 Mini-LEDs, die in über 2500 lokalen Dimmzonen angeordnet sind.
Zu den charakteristischen Merkmalen gehören aber auch die abgerundeten Ecken, die Notch am oberen Rand und die Wiederholfrequenz von 120 Hz, die für butterweiche Bewegungen und Animationen sorgen. Diese Wiederholfrequenz wird bei statischen Inhalten automatisch heruntergeregelt, um die Batterie zu schonen.
Die Kamera liefert laut Apple ein besseres Bild als bisher und löst mit 1080p auf. Auch bei schlechten Lichtverhältnissen soll sie punkten. Der Praxistest fällt eher ernüchternd aus: Das Bild rauscht vielleicht etwas weniger als beim aktuellen MacBook Air M2 und die Farben sind gerade noch akzeptabel; aber der aufgesetzte Weichzeichner sorgt dafür, dass das Konterfei jedem Wachsfigurenkabinett zur Ehre gereicht. Webcam und Apple: Das sind zwei Dinge, die einfach nicht zusammenpassen wollen.
Anschlüsse und externe Displays
Das MacBook Pro wird seinem Namen gerecht und bietet genau das, was sich der Profi wünscht, verteilt auf beide Seiten.
Die Anschlüsse sind perfekt gewählt: Was hier nicht zu finden ist, wird über Thunderbolt 4 adaptiert
Quelle: Apple Inc.
3×Thunderbolt 4. Die Allzweckwaffe unter den Anschlüssen im USB-C-Formfaktor. Sie verschieben bis zu 5 GB pro Sekunde, dasselbe gilt für angeschlossene USB-4-Peripherie. Über jeden dieser Ports kann das MacBook Pro geladen werden, wenn es zum Beispiel am Studio Display hängt. Ausserdem speisen die Anschlüsse verbundene Geräte mit bis zu 15 Watt. Sie sind DisplayPort-kompatibel und verbinden über Adapter jedes erdenkliche Zubehör.
MagSafe 3. Das MacBook Pro kann über USB-C zwar mit jedem ausreichend starken Netzteil geladen werden. Für den stationären Betrieb empfiehlt sich jedoch die Verwendung von MagSafe über das schicke Kabel mit textiler Ummantelung. Der Stecker am Gerät wird magnetisch gehalten und löst sich unter Zug sofort, falls Mensch oder Tier über das Kabel stolpern.
HDMI 2.1. Wer hätte gedacht, dass in einem HDMI-Anschluss so viel Potenzial steckt: Über diesen Port lässt sich ein Display in 4K-Auflösung mit bis zu 240 Hz betreiben – oder ein 8K-Display mit bis zu 60 Hz. Ausserdem wird die Variable Refresh Rate (VRR) unterstützt, die sich an beliebige Bildwiederholraten anpasst, um diese optimal wiederzugeben.
SDXC. Das erfreut den Fotografen: Der integrierte SD-Kartenleser unterstützt den SD-4.0-Standard und die neusten UHS-I- und UHS-II-Karten.
Externe Displays
Wie viele externe Displays in welchen Auflösungen betrieben werden können, hängt vom verbauten SoC (System on Chip) ab. Das kleinere SoC ist aktuell der M2 «Pro»; unser Testgerät kam jedoch mit dem deutlich schnelleren M2 «Max».
Beim M2 «Max» bedeutet das: Neben dem internen Display mit 3456 × 2234 Pixeln lassen sich weitere vier Displays anschliessen: bis zu drei externe Bildschirme mit 6K-Auflösung bei 60 Hz über Thunderbolt und einen weiteren mit bis zu 4K-Auflösung bei 144 Hz über HDMI.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ein System mit dem «kleinen» M2 Pro neben dem internen Display immerhin zwei externe Displays mit 6K-Auflösung unterstützt. Wenn also genügend Kleingeld vorhanden ist, lassen sich auch hier zwei 32 Zoll grosse Pro Display XDR mit 6K betreiben.
Das Tempo
Beim Tempo wird natürlich grossartiges erwartet. Und das MacBook Pro liefert, wenn auch nicht überall zu gleichen Teilen. Doch so viel vorweg: Ziemlich alles, was man sich einem «normalen» Notebook vorzusetzen getraut, wird hier auf der Stelle erledigt – also ohne Wartezeit.
SSD: war schon flinker
Die verbaute SSD ist ein fester Bestandteil des M2 Max und lässt sich demzufolge nicht erweitern. Sie liefert ziemlich genau 5 GB pro Sekunde (lesen und schreiben). Das ist eine Leistung, die auf den ersten Blick nichts zu wünschen übriglässt. Dennoch liegt sie ein wenig hinter dem MacBook Pro mit 14 Zoll von Ende 2022, das im Mittel etwa 6,3 GB pro Sekunde schreibt und rund 5,5 GB liest. Woran das liegt, bleibt Apples Geheimnis. In der Praxis dürfte der Unterschied kaum eine Rolle spielen, denn dieses Gerät kauft man vor allem der Rechenleistung wegen – und weniger für endlos grosse Dateitransfers.
Videobearbeitung: rasend schnell
Wir haben das MacBook Pro mit ProRes-Videodateien in 4K mit 30 fps gefüttert, die mit einem iPhone 14 Pro aufgenommen wurden. Mit einer Farbtiefe von 10 Bit und einem Speicherbedarf von 6 GB pro Minute sind diese Dateien keine Leichtgewichte. Die Clips dauerten zusammen genau 5 Minuten; Titel und Überblendungen wurden hinzugefügt, Farbkorrekturen angewendet und das ganze Projekt aus iMovie heraus in HEVC (H.265) exportiert.
Bereits die Bearbeitung ist die pure Freude. Die Timeline wird in Echtzeit und ohne jedes Ruckeln überflogen. Titel, Überblendungen und Effekte werden ebenfalls ohne Wartezeit umgesetzt. Tatsächlich sind das jedoch nur Fingerübungen: Der M2 «Max» verarbeitet in Programmen wie Final Cut Pro bis zu 43 Streams in 4K ProRes und bis zu 10 Streams in 8K ProRes. Es ist die Videoverarbeitung, die den M2 in vollem Glanz erstrahlen lässt.
Der Export erfolgte in 4K mit 30 fps in der Qualitätsstufe «Hoch» und der Komprimierung «Bessere Qualität». Das fünf Minuten lange Projekt wurde in gerade einmal 3:28 Minuten ausgegeben. Das heisst auch: Ein abendfüllender Streifen von 90 Minuten lässt sich in einer einstündigen Mittagspause rendern!
Nur zum Spass – und weil auf dem Tisch auch ein MacBook Air M2 zugegen war – wurde das Projekt mit denselben Einstellungen gerendert. Dazu brauchte Apples Einsteiger-Notebook nur 7:07 Minuten, also rund doppelt so lange wie der M2 Max. Die Verarbeitung lief dabei genauso flüssig. Und in Anbetracht dessen, dass es das MacBook Air mit M2 bereits ab 1384 Franken gibt, darf sich die hübsche Flunder zurecht auf die imaginären Schultern klopfen.
Hingegen fehlt die Hardware-Unterstützung für das junge AV1-Videoformat, das vorwiegend von Google gefördert wird: Es bietet eine bessere Komprimierung und damit auch besseres Streaming bei reduzierter Datenmenge. Vor allem aber ist die Nutzung lizenzfrei – und damit dürfte AV1 in Zukunft eine grosse Rolle spielen. Die Apple-Rechner mit M2-SoC können jedoch nicht auftrumpfen, sondern müssen sich wie die meisten anderen PCs ohne Hardware-Unterstützung an der Codierung abmühen. Das wird sich frühestens mit dem M3 ändern – wenn überhaupt.
Blender und 3D: chancenlos
3D-Anwendungen machen hingegen deutlich, dass das MacBook Pro nicht automatisch das beste Gerät für jede Aufgabe ist. Die OpenSource-Software Blender, fast schon ein Industriestandard für 3D-Szenen und -Animationen, wird von Apple höchstselbst unterstützt – inklusive der Anpassung an die M-SoCs und der Ausgabe über die 3D-Grafik-API «Metal». Diese Szene wurde vom MacBook Pro in 4:51 Minuten berechnet:
Ein etwa zweijähriger Windows-PC mit 32 GB RAM und einer Nvidia RTX 3070 rendert dieselbe Datei in einem Viertel der Zeit, nämlich in 1:10 Minuten. Das klingt erst einmal ernüchternd, aber nichts anderes ist zu erwarten, im Gegenteil: Der M2 schneidet genaugenommen hervorragend ab. Denn wie sollte ein hocheffizienter Chip, nicht viel grösser als ein Daumennagel, gegen eine dedizierte Grafikkarte bestehen, die etwa 290 Watt verheizt?
So muss man sich das in etwa vorstellen: die Grafikkarte im Vergleich zum gesamten M2 «Max»
Quelle: NMGZ
Natürlich ist diese Situation allein nicht aussagekräftig genug, da es sich wirklich nur um einen kleinen Blender-Test handelte. Bei anderen Programmen, die besser auf die M-SoCs abgestimmt sind, kann ein anderes Bild resultieren.
Der M2 Pro im Bild; der M2 Max ist nur wenig grösser
Quelle: Apple Inc.
Trotzdem zeigt dieser Vergleich auch die Schwächen der M2-SoC: Bei der Videoverarbeitung top, reicht die 3D-Leistung längst nicht an eine dedizierte Grafikkarte heran. Auch dass Apple immer wieder Games zu Demozwecken zeigt (in diesem Fall: «No Mans Sky») ändert nichts daran. Zwar sind in unserer Familie alle mit Macs ausgestattet – doch das hat die beiden Junioren nicht davon abgehalten, sich Gamer-PCs anzuschaffen, einzig zu diesem Zweck.
Batterielaufzeit
Noch ein Wort zur Ausdauer: Die Effizienz der M-SoCs schlägt sich auch in der Batterielaufzeit nieder. Apple spricht von bis zu 22 Stunden Videowiedergabe oder 15 Stunden surfen mit Wi-Fi. In der Praxis heisst das nichts anderes, dass es ziemlich wild hergehen muss, damit das MacBook Pro vor einem langen Arbeitstag kapituliert.
Kaufberatung und Fazit
Der Begriff «Mobiler Arbeitsplatz» muss in mehrerlei Hinsicht neu definiert werden. Denn die Zielgruppe sind ausschliesslich die Profis, die dieser Klassifizierung tatsächlich gerecht werden. Früher habe ich gerne zu den «Pro-Modellen» gegriffen, weil man sich ja sonst nichts gönnt – aber hier enden solche Überlegungen in der Absurdität, weil sich diese Maschine bei den meisten «normalen» Kunden nur langweilen würde.
Zwar kostet das kleinste 16-Zoll-Modell mit 16 GB RAM und 512 GB SSD gerade einmal 2749 Franken. Doch zahlungskräftige Excel-Fans würden mit diesem Luxus-Boliden nicht glücklich werden: Zu schwer wiegen die 2,1 Kilogramm Kampfgewicht. Und dass die Lautsprecher gut klingen, ist gut und schön; doch ein Ziffernblock an deren Stelle wäre für Bürolisten wohl praktischer.
Quelle: Apple Inc.
Selbst wenn also das Geld keine Rolle spielt, kann dieses Notebook die falsche Wahl sein. Gewicht und Grösse kollidieren mit einer Leistungsfähigkeit, die sich in der Praxis kaum mehr auszahlt, wenn das Gerät nicht ausreichend gefordert wird. Ein MacBook Pro im Büro widerspricht den Grundsätzen der artgerechten Haltung.
Das Notebook für Werber & Co.
Um diese Maschine ausreichend zu würdigen, müssen zwei Kriterien erfüllt sein: Es wird eine maximale Leistung gefordert – und das auch noch unterwegs.
Wer also täglich pendelt und dabei seine High-End-Projekte weiterführen möchte, liegt hier genau richtig. Zielgruppe sind aber auch jene, die ihre Werke herumzeigen müssen. Wenn der Werber mit der neusten Kampagne beim Kunden auftaucht, dann schlägt die Stunde dieses Rechenmonsters: Auf dem 16-Zoll-Display wirken die Grafiken, Fotos, Websites und Animationen makellos, die Videos erst recht. Die hervorragenden Lautsprecher sorgen für einen beeindruckenden Auftritt, wenn andere Notebooks nur ein gequältes Scheppern zum Besten geben. Wenn Sie also splitternackt (lies: nur mit diesem MacBook Pro bewaffnet) vor dem Kunden stehen, ohne externe Lautsprecher oder Projektoren, werden Sie sich trotzdem keine Blösse geben.
In der Agentur hingegen liefert das MacBook Pro alles, was man einem High-End-Rechner abverlangen kann: Thunderbolt 4 für hochaufgelöste Displays und schnelle Peripherie, sowie ein kaum vorhandenes Kabel-Management bei der Verwendung eines fähigen Displays: Zusammen mit einer kabellosen Maus-Tastatur-Kombi und Wi-Fi 6E (AX) werden gerade einmal zwei Kabel benötigt: das Stromkabel für das Display und ein Thunderbolt-Kabel zwischen Display und MacBook Pro.
Fazit
Das MacBook Pro ist kein Notebook für alle, die einfach nur Spass am Tempo haben. Die Aufgabe muss zum Gerät passen, damit der rechnerische Nutzen gegenüber einem MacBook Air M2 gegeben ist. Auch Gewicht und Grösse sind nicht von schlechten Eltern. Doch wenn diese Leistung stationär und mobil abgerufen werden kann, wird dieses MacBook Pro zum Traumgerät.
Testergebnis
Tempo, Verarbeitung, Anschlüsse, Trackpad, Software, Skalierbarkeit
Keine AV1-Unterstützung, Webcam, sehr flache Tastatur, SSD langsamer als im 2022er-Modell
Details: 16,2 Zoll grosses XDR-Display mit 3456×2234 Pixeln bei 254 ppi, 120 Hz, M2 Max mit 12-Kern-CPU, 38-Kern-GPU, 64 GB RAM, 2 TB SSD, Touch ID, Wi-Fi 6E, 3×Thunderbolt 4 / USB 4 / DisplayPort, MagSafe, HDMI 2.1, SDXC-Slot, 3,5 mm Audio, 2,1 Kilogramm, macOS 13 ‹Ventura›
Preis: ab 2749 Franken, Testgerät: 4729 Franken
Infos: