Strahlen überall – je nach Ort und Zeit
Der Horrorort Bahnwaggon
So ist ein schnell fahrender Bahnwaggon mit hoher Sitzbelegung der mit Abstand strahlenintensivste Aufenthaltsort. Ein Waggon aus Stahl und beschichtetem Glas wirkt wie ein Faraday’scher Käfig, durch dessen Hülle die Funksignale nur schwer eindringen können. Zudem bewegt er sich schnell, weshalb die Funkstrahlen permanent nachgeführt werden müssen. Weil dies in einem Intercity-Zug während Stosszeiten schnell einmal mehr als 1000 Endgeräte sein können, die auf drei verschiedenen Mobilfunknetzen (Salt, Sunrise, Swisscom) und auf unterschiedlichen Frequenzen (700/900 MHz, 1,8/2,1/2,6/3,4 GHz) funken, kann man sich den Funksalat und die Exposition des menschlichen Gewebes gut vorstellen.
Die Strahlenbelastung ist abhängig von der Netztechnologie
Quelle: Rüdiger Sellin (Daten von www.emf.ethz.ch, (Studie Röösli und Dongus, 2019) www.bfs.de)
Unterwegs streamt eine Mehrheit der Nutzer Audios und Videos oder verbindet sich mit den Servern im Büro, was grosse Datenvolumina erzeugt. Selbstverständlich erwarten die Reisenden beim Kommunizieren einen nahtlosen «Hand Over» (Übergabe eines aktiven Kanals von einer Funkzelle zur nächsten), was bei Reisetempo und hoher Benutzerzahl kaum für alle möglich ist. Und so powern Sender wie Endgeräte mit voller Leistung, um das Signal von der Antenne möglichst unterbrechungsfrei in den Waggon zu bekommen. Es verwundert daher nicht, dass der Stromverbrauch der Züge seit Einführung der Steckdosen deutlich zugenommen hat. Etwas Hoffnung verbreitet ein neuartiges Spezialglas, das für EMF durchlässiger ist.
Strengere SAR-Werte seit 2017
Wie alle Funktechnologien ist auch die SAR-Messung dem technischen Fortschritt unterworfen. Heutige Geräte verhalten sich anders als jene vor 10 oder 20 Jahren. Deshalb wurde 2017 der Standard zur Bestimmung der SAR-Werte angepasst. Nach wie vor gelten für Kopf, Torso und Extremitäten unterschiedliche Vorgaben. Die Messung für den Kopf-SAR blieb unverändert. Hier muss der Wert nun für zwei Haltepositionen berechnet werden, wobei die Distanz zwischen Gerät und Ohr 0 Millimeter beträgt (also Gerät in Körperkontakt). Dabei darf die Strahlungsleistung 2 W/kg nicht übersteigen.
Für die Bestimmung des SAR für Torso und Extremitäten ist der neue Standard restriktiver: Die Distanz zwischen Gerät und Körper beträgt neu 5 Millimeter (früher bis 25 mm), wobei 2 W/kg (Torso) beziehungsweise 4 W/kg (Extremitäten) nicht überstiegen werden dürfen. Fast alle Hersteller kommunizieren den SAR-Wert ihrer Geräte. Je tiefer der Wert, desto tiefer ist die maximale Belastung (in der Regel ein sehr kleines Volumen nahe beim Ohr). Die besten Geräte besitzen SAR-Werte von deutlich unter 500 mW/kg, während sich die schlechtesten an die erlaubten 2 W/kg annähern. Die Mehrheit der heutigen Modelle liegt jedoch deutlich unter 500 mW/kg.
Auch bei maximalen Sendeleistungen liegt die Gesamterwärmung des Kopfes unter 0,1 Grad. Diese Zahl bezieht sich auf die beschriebene Berechnungsart der SAR mit isolierten, homogenen Flüssigkeiten. Bei Funkverbindungen auf tieferen Frequenzen im MHz-Bereich ist die berechnete Erwärmung grösser als bei höheren Frequenzen. Empfindet man beim Telefonieren ein Wärmegefühl, so kommt dies in erster Linie durch die Wärmeabstrahlung des Displays und des Akkus sowie durch die Isolationswirkung des Endgerätes zustande. Die Hochfrequenzstrahlung trägt hingegen nur einen kleineren Teil dazu bei.