Strahlen überall – je nach Ort und Zeit
Specific Absorption Rate (SAR)
Neben den erwähnten Sendeantennen (Mobilfunk, WLAN, Bluetooth, DECT etc.) erzeugen auch sämtliche mobile Empfangsgeräte ein messbares Strahlungsfeld. Beide Felder sind von der jeweiligen Sendeleistung und vom Abstand zum Nutzer abhängig. Während jene zur Sendeantenne meist zwischen einigen 100 Metern und 10 Kilometer beträgt, befindet sich das Endgerät in unmittelbarer Nähe zum Kopf des Nutzers.
Die Strahlenbelastung ist abhängig vom Aufenthaltsort
Quelle: Rüdiger Sellin (Daten von www.emf.ethz.ch, (Studie Röösli und Dongus, 2019) www.bfs.de)
Um die Strahlungsleistung des Endgerätes (Handy, Smartphone, DECT-Telefon, Chipkarte im Notebook usw.) zu deklarieren und vergleichbar zu machen, wurde schon gegen Ende der 1990er-Jahre die Specific Absorption Rate (SAR) definiert. Diese beschreibt die spezifische Absorptionsrate als physikalische Grösse in «Leistung pro Kilogramm Gewebe» (Watt pro Kilogramm; W/kg). Je höher die SAR, desto mehr Leistung wird vom Organismus während einer gegebenen Zeit in Wärme umgesetzt.
Um den Körper zum Beispiel um 1 Grad zu erwärmen, müssen etwa 4 W pro Kilogramm Körpergewicht während 30 Minuten aufgenommen werden. Beim Telefonieren mit einem Smartphone am Ohr können je nach Gerät lokale Spitzenwerte von etwa 1,5 W/kg auftreten. Die zum Schutz der Gesundheit international empfohlenen SAR-Höchstwerte betragen 0,08 W/kg (gemittelt über den ganzen Körper) respektive maximal 2 W/kg (lokal gemittelt über Kopf oder Rumpf).
Theorie und Praxis
Es ist festzuhalten, dass besonders Endgeräte früherer digitaler Mobilfunkgenerationen wie 2G/GSM und 3G/UMTS mit weitaus höheren Sendeleistungen operierten als heutige und der Kopf somit deutlich exponierter war. Sender und Endgeräte emittierten häufig gepulste Strahlung mit voller Intensität, etwa beim Verbindungsaufbau oder während eines Gesprächs. Wenn 5G-Gegner und Strahlenschützer gegen Smartphones wettern und demonstrativ alte «Hundeknochen» nutzen, so bekommen sie im wahrsten Sinn des Wortes deutlich mehr «auf die Ohren» als von moderneren Smartphones.
Wichtig zu wissen ist: Zur Bestimmung der SAR im Gewebe werden keine lebendigen Körper, sondern Flüssigkeiten verwendet, deren elektrische Eigenschaften diejenigen von homogenen Geweben repräsentieren. Die Tests bestimmen die absorbierte Strahlungsleistung in Materialien mit einer gegebenen elektrischen Leitfähigkeit und einer bestimmten Dichte. Detaillierte Gewebestrukturen und physiologische Prozesse wie die Thermoregulation werden nicht berücksichtigt. Weil die Blutzirkulation sehr effizient Wärme aus dem Gehirn abführt und im Körper verteilt, gelten SAR-Messungen als grobe Schätzungen, die nur beschränkt das abbilden, was im realen Körper geschieht.
Die SAR-Werte sind somit weniger medizinisch als regulatorisch bedeutsam und sagen nichts über die real absorbierte Leistung aus. Vielmehr wird bei deren Festlegung von einem «worst case» ausgegangen, sodass der SAR als Maximalwert zu verstehen ist. In der Praxis hängt er von den konkret verwendeten Sendestärken ab, wobei ein Endgerät im Alltag nur selten mit voller Leistung sendet. Zudem ist die reale Strahlenbelastung vom Aufenthaltsort und der Dauer der Bestrahlung abhängig.