Neues Anodenmaterial
13.06.2018, 14:30 Uhr
Turbolader für den Lithium-Akku
Hohe Speicherkapazität, schnelle Ladegeschwindigkeit und viele Ladezyklen: Am deutschen Froschungszentrum Jülich wird mit einem neuen Anodenmaterial für Lithium-Akkus experimentiert, das all das kann.
Mit einem Hybridmaterial als Anode will Dina Fattakhova-Rohlfing den Lithium-Akku der Superlative bauen
(Quelle: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau)
Einem Team von Materialforschern aus Jülich, München und Prag ist die Herstellung eines Verbund-Werkstoffs gelungen, der sich besonders gut für Elektroden in Lithium-Batterien eignet. Das sogenannte Nanokomposit-Material könnte nicht nur die Speicherkapazität und Lebensdauer der Batterien deutlich steigern, sondern auch ihre Ladegeschwindigkeit. Bislang war nur jeweils das eine oder das andere möglich.
Auf das Anodenmaterial kommt es an
Ob für das Smartphone, Tablet oder Elektroauto: Lithium-Ionen-Akkus sind das Mass der Dinge. Ihre Speicherfähigkeit und Leistungsdichte sind der anderer wiederaufladbarer Batteriesysteme weit überlegen. Doch trotz aller Fortschritte halten Smartphone-Batterien nur einen Tag lang, Elektroautos brauchen Stunden zum Aufladen. Wissenschaftler arbeiten deswegen an Möglichkeiten, die Energiedichten und Laderaten der Allround-Batterien weiter zu verbessern. «Ein wichtiger Faktor ist das Anodenmaterial», erklärt Dina Fattakhova-Rohlfing vom Institut für Energie- und Klimaforschung am deutschen Forschungszentrum Jülich.
«Anoden auf der Basis von Zinndioxid können im Prinzip viel höhere spezifische Kapazitäten erreichen – also mehr Energie speichern – als zurzeit verwendete Kohlenstoff-Anoden. Denn sie haben die Fähigkeit, mehr Lithium-Ionen aufzunehmen», so Fattakhova-Rohlfing. «Reines Zinnoxid zeigt jedoch sehr schlechte Zyklenstabilität – die Speicherfähigkeit der Batterien nimmt stetig ab, und sie können nur wenige Male wieder aufgeladen werden. Mit jedem Auf- und Entladezyklus ändert sich das Volumen der Anode, was dazu führt, dass sie zerbröselt», führt die Forscherin weiter aus.
Hybridmaterialien zur Hilfe
Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, sind sogenannte Hybridmaterialien oder Nanokomposite – Verbundwerkstoffe, die Nanopartikel enthalten. Die Wissenschaftler entwickelten ein Material aus mit Antimon angereichertem Zinnoxid-Nanoteilchen, auf einer Basisschicht aus Graphen. Die Graphenbasis dient der strukturellen Stabilität und trägt gleichzeitig zur Leitfähigkeit des Materials bei. Die Zinnoxid-Teilchen haben nur eine Grösse von weniger als drei Nanometern – also weniger als drei Millionstel Millimeter – und werden direkt auf das Graphen «aufgewachsen». Durch die kleine Grösse der Partikel und ihren guten Kontakt mit der Graphenschicht verbessert sich ausserdem die Toleranz gegenüber Volumenänderungen – die Lithiumzelle wird stabiler und hält länger.
Beim Ladevorgang wird dem Akku Strom hinzugefügt. Dadurch findet an der positiven Aluminium-Elektrode eine Oxidation statt. Sie setzt Elektronen (e-) frei, die zur negativen Kupfer-Elektrode wandern. Es entsteht ein chemisches Ungleichgewicht. Die Lithium-Ionen (Li+) trennen sich deshalb vom Metalloxid und wandern durch den Separator. Auf der anderen Seite lagern sie sich zwischen den Kohlenstoffschichten ein.
Dreifache Ladung in einer Stunde
«Die Anreicherung der Nanopartikel mit Antimon macht das Material ausserordentlich leitfähig», erklärt Fattakhova-Rohlfing. «Das macht die Anode viel schneller, sodass sie in nur einer Minute Ladezeit mehr als das Anderthalbfache an Energie speichern kann als mit herkömmlichen Graphit-Anoden möglich wäre – und bei der üblichen Ladezeit von einer Stunde sogar das Dreifache», führt sie aus.
«Bisher konnten so hohe Energiedichten nur bei niedrigen Laderaten erreicht werden», sagt Fattakhova-Rohlfing. «Schnellere Ladezyklen führten immer auch zu einem schnellen Kapazitätsabbau.» Die von den Wissenschaftlern entwickelten Antimon-dotierten Anoden dagegen behalten auch nach 1000 Zyklen noch 77 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität.
«Bisher konnten so hohe Energiedichten nur bei niedrigen Laderaten erreicht werden», sagt Fattakhova-Rohlfing. «Schnellere Ladezyklen führten immer auch zu einem schnellen Kapazitätsabbau.» Die von den Wissenschaftlern entwickelten Antimon-dotierten Anoden dagegen behalten auch nach 1000 Zyklen noch 77 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität.
«Die Nanokomposit-Anoden können einfach und kostengünstig produziert werden. Und die angewandten Konzepte lassen sich auch für die Konstruktion anderer Anodenmaterialien für Lithium-Ionen-Batterien verwenden», erklärt Fattakhova-Rohlfing. Die Forscherin hofft daher, dass die Entwicklung damit den Weg zu Lithium-Ionen-Batterien mit einer deutlich erhöhten Energiedichte und sehr kurzer Ladezeit ebnet.
Das wissenschaftliche Paper der Akku-Forscher ist in der Zeitschrift Advanced Functional Materials erschienen.