3D-Druck
10.02.2022, 14:42 Uhr
Das Schmetterlingsprinzip genutzt
ETH-Forschende erzeugen Farben, indem sie bestimmte Nanostrukturen 3D-drucken, die sie einem Schmetterling abgeschaut haben. Mit diesem Prinzip können künftig Farbbildschirme hergestellt werden.
Das Männchen der tropischen Schmetterlingsart Cynandra opis diente den 3D-gedruckten Strukturfarben als Vorbild.
(Quelle: ETH Zürich)
Für ihre neue Technologie liessen sich die Wissenschaftler aus der Gruppe von Andrew deMello, Professor für Biochemie-Ingenieurwesen, von Schmetterlingen inspirieren: Die Flügel der im tropischen Afrika vorkommenden Art Cynandra opis erscheinen in brillanten Farben. Erzeugt werden diese Farben durch extrem feine regelmässige Oberflächenstrukturen im Grössenbereich der Wellenlänge von sichtbarem Licht.
Die Strukturen lenken Lichtstrahlen ab und verstärken so einzelne Farbanteile des Lichts beziehungsweise löschen andere Anteile aus. Den Forschenden um deMello ist es gelungen, die Oberflächenstrukturen von Cynandra opis sowie weitere davon abgewandelte Strukturen mit einem Nano-3D-Drucker zu reproduzieren. Damit schufen sie ein einfach anzuwendendes Prinzip der Herstellung von sogenannten Strukturfarben.
In der Natur gibt es zahlreiche Beispiele solcher Strukturfarben, darunter solche, die auf unregelmässige Oberflächenstrukturen zurückzuführen sind – etwa bei anderen Schmetterlingsarten. «Die regelmässigen Nanostrukturen auf den Flügeln von Cynandra opis waren besonders gut geeignet, um sie mittels 3D-Druck nachzustellen», erklärt Xiaobao Cao, ehemaliger Doktorand in deMellos Gruppe und Erstautor der Studie, die im Fachblatt «Advanced Materials» erschienen ist. Die Cynandra-opis-Strukturen bestehen aus zwei übereinanderliegenden und rechtwinklig zueinander angeordneten Lagen von Gitterrosten mit einem Gitterabstand von rund einem halben bis einem Mikrometer.
Ganze Farbpalette
Durch Variation dieses Gitterabstands und der Höhe der Gitterstäbe im Grössenbereich von 250 Nanometern bis 1,2 Mikrometern lässt sich die Farbe variieren, wie die ETH-Forschenden zeigen konnten. So war es ihnen möglich, mithilfe des 3D-Drucks alle Farben des sichtbaren Spektrums herzustellen. Darunter sind viele Farben, die beim natürlichen Vorbild nicht vorkommen.
Den Forschenden gelang es, die Oberflächen mit unterschiedlichen Materialen herzustellen, unter anderem mit einem transparenten Polymer. «Damit war es möglich, die Struktur von hinten zu beleuchten, um die Farbe hervorzubringen», erklärt Stavros Stavrakis, Wissenschaftler in deMellos Gruppe und Mitautor der Studie. «Wir haben es damit zum ersten Mal geschafft, alle Farben des sichtbaren Spektrums als Strukturfarben in einem lichtdurchlässigen Material zu erzeugen.»
Sicherheitsmerkmal
Im Rahmen der Studie stellten die Wissenschaftler ein Miniaturbild aus verschiedenfarbigen Strukturfarben-Pixeln von 2 mal 2 Mikrometern her. Solche Miniaturbilder könnten dereinst als Sicherheitsmerkmal bei Banknoten und anderen Dokumenten eingesetzt werden. Weil die Farben mit transparentem Material hergestellt werden können, wäre ausserdem die Herstellung von Farbfiltern für nanotechnologische optische Messgeräte möglich. Dies passt gut zur Hauptforschungstätigkeit der Gruppe von ETH-Professor deMello, die miniaturisierte Systeme entwickelt für chemische und biologische Experimente, sogenannte Mikrofluidik-Systeme.
Auch eine grossflächige Herstellung von Nanostrukturen sei denkbar, sagen die Forschenden. Würde man mittels 3D-Druck eine Negativstruktur als Vorlage herstellen, könnte man damit eine grosse Anzahl von Abdrucken herstellen. Somit könnte sich das Prinzip für die Produktion von hochauflösenden Farbbildschirmen eignen – etwa von dünnen biegbaren Bildschirmen. Und schliesslich könnten laut den Wissenschaftlern in Farben zum Drucken und Malen die heute verwendeten Farbpigmente durch solche Strukturfarben ersetzt werden. Strukturfarben haben gegenüber Pigmentfarben einige Vorteile: Sie sind langlebig, weil sie bei Lichteinstrahlung nicht ausbleichen, und ausserdem haben sie in den meisten Fällen eine bessere Umweltbilanz.
Dieser Artikel ist zuerst auf ETH-News erschienen.
Autor(in)
Fabio
Bergamin, ETH-News