23.02.2011, 06:00 Uhr

Open Source für den Helpdesk

Was ein SAP-Spezialist wohl von Open-Source-Software hält? Resource, der grösste SAP-Full-Service-Provider der Schweiz, hat darauf eine klare Antwort: Seit 2010 ist dort das Helpdesk-System OTRS im Einsatz, eine Open-Source-Lösung.
Foto: © Karl Dolenc / istockphoto.de
Der Autor schreibt als Fachjournalist u.a. für die OTRS AG Die Resource AG aus Zürich plant, entwickelt, implementiert und betreibt SAP-basierte Lösungen für mittlere und grosse Unternehmen. Seit Juli 2009 ist der SAP-Goldpartner eine Tochter­gesellschaft von Swisscom IT Services. Mit insgesamt 170 Mitarbeitenden und einem zusätzlichen 100-köpfigen SAP-Betriebsteam bei Swisscom IT Services hat das Unternehmen inzwischen mehr als 280 SAP-Projekte abge­wickelt und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 100 Millionen Franken. Anfang 2009 machte sich Resource auf die Suche nach einer schlanken und leistungsfähigen Helpdesk-Lösung, die mit dem SAP Solution Manager einsetzbar sein sollte. Der Solution Manager ist eine der zentralen Anwendungsmanagementlösungen von SAP und vereinfacht Implementierung, Betrieb, Überwachung und Unterstützung von SAP-Lösungen – insbesondere den technischen Support in verteilten Systemen. Um dessen Funktionalität zu unterstützen und die Arbeit der eigenen Servicedesk-Mitarbeiter zu vereinfachen, hat sich Resource 2009 zur Einführung einer webbasierenden Helpdesk-Lösung entschieden. Innerhalb eines Monats fiel die Wahl auf die Open-Source-Lösung OTRS (Open Ticket Request System). «Die Lizenzkostenfreiheit war ein wichtiger Faktor», begründet Stefan Kling, Head of SAP Application Management bei Resource. Auch die Flexibilität und die Anpassbarkeit der Lösung seien gute Gründe gewesen, meint Kling. Als weitere Pluspunkte nennt er die Release- und Migrationsfähigkeit, aber auch «die bestehende Kundenbasis und die Tatsache, dass dahinter die OTRS AG als Hersteller steht». Weitere schlagkräftige Argumente waren die Verfügbarkeit einer Configuration Management Database und vor allem die zertifizierte Kompatibilität mit den Best-Practice-Empfehlungen der IT Infrastructure Library (ITIL). «Die ITIL-Kompatibilität war für uns Pflicht», betont Kling.

Phasenweise Umsetzung

In der ersten Projektphase 2009/2010 ging es zunächst darum, die Helpdesk-Lösung auszurollen. In der zweiten Phase 2010/2011 wird das System nun bidirektional mit dem zentralen SAP Solution Manager von Resource gekoppelt, um die Kommunikation mit den Kunden identisch in beiden Systemen vorhalten zu können. So sind alle Kunden jederzeit über den Status ihrer Anfragen und Vorgänge informiert. Gleichzeitig können Service Level Agreements und auch Abrechnungen im System abgebildet werden. Das SAP-Change-Management der Kunden soll allerdings nach wie vor unverändert im Solution Manager abgewickelt werden, da die tiefe Integration der bei den einzelnen Kunden installierten SAP-Lösungen eines der wesentlichen Merkmale des Solution Managers ist. Nachdem im Oktober 2009 der Bedarf evaluiert war und OTRS-Mitarbeiter ein konzep­tionelles Design entworfen hatten, stand fest, wie die Configuration Management Database (CMDB) konkret aussehen sollte, welche Beziehungen zwischen den virtuellen Maschinen abzubilden waren und welche Prozess-definitionen es gab. Des Weiteren wurde ein Berechtigungsschema sowie das strukturelle Konzept für einen optimalen Workflow der eingehenden Meldungen erstellt. Das Monitoring der SAP-Instanzen realisiert Resource mit dem Nagios-basierten GroundWork Monitor – ebenfalls ein Open-Source-Tool – für das in OTRS bereits eine Schnittstelle integriert ist. Somit bestand der Customizing-Aufwand nur darin, die Oberfläche an die Corporate Identity anzupassen und die Lösung dem Bedarf entsprechend zu konfigurieren. Der Prototyp der Helpdesk-Lösung war im Januar 2010 fertig. Anfang 2010 führte
Resource auch eine neue State-of-the-Art-Virtualisierungs-Infrastruktur ein, die HP Matrix. Als Anfang Februar 2010 ein erster grosser Kunde mit HP Matrix zu betreuen war, ging zeitgleich auch die neue Helpdesk-Lösung in den Livebetrieb. Viele übergreifende Aufgaben sind jetzt darin abgebildet – etwa das Dashboard für den Servicedesk, Reporting, Statistiken und auch die Einbindung von Nagios/GroundWork. Den Mitarbeitern der Bad Homburger Herstellerfirma stellt Kling ein gutes Zeugnis aus: «Sie haben sehr gut ins Team gepasst, einen sehr engen Zeitplan eingehalten und auch bei ihrer Aufwandsschätzung eine Punktlandung hingelegt.» «Die grösste Herausforderung», sagt Stefan Kling, «bestand darin, die grosse Komplexität unserer Anforderungen abzudecken, ohne das schlanke Budget zu überfordern.» Das sei aber gut gelungen. Seine schwierigste Entscheidung: Am Ende des erfolgreichen ersten Projektabschnitts, den nächsten Schritt, die Schnittstelle mit dem SAP Solution Manager, auf das Jahr 2011 verschieben zu müssen –  aufgrund fehlender interner Ressourcen.

Anbindung an SAP

Inzwischen steht die zweite Projektphase an: Nun wird die Lösung an den SAP Solution Manager angebunden. Das Pflichtenheft für die entsprechende Schnittstelle ist bereits erstellt. Ab April 2011 will Resource dann auch einen Sprung auf die OTRS-Version 3.1 voll­ziehen. Version 3 bringt eine völlig neue Nutzerober­fläche mit durchgehend optimierten Arbeitsabläufen im Agenten- und Kunden-Interface mit. Entwickelt wurde diese nach dem Prinzip des User Centered Designs – mit detaillierten Untersuchungen der tatsäch­lichen Anwendungskontexte, vielen Anwenderinterviews und einem kontinuierlichen Einbezug der Benutzer. Das Ziel: noch mehr Effizienz, Anpassbarkeit und Usability.

OTRS: Helpdesk und IT-Servicemanagement

Die OTRS AG mit Sitz in Bad Homburg, Deutschland, ist Hersteller und weltweit grösster Dienstleister der gleichnamigen Open-Source-Lösungen. Die OTRS-Suite umfasst ein Helpdesk-System, eine ITIL-V3-zertifizierte IT-Servicemanagement-Lösung, eine zugehörige iPhone-App und die zugrunde liegende Technologieplattform. Die Module unterstützen die ITIL-Prozesse Incident Management, Problem Management, Service Asset & Configuration Management, Request Fulfillment Management, Knowledge Management, Service Level Management sowie Change Management. Über 80?000 Unternehmen weltweit nutzen die in 27 Sprachen verfügbare Lösung. Das Unternehmen unterhält Tochterfirmen im Silicon Valley/USA, in Mexiko und in den Niederlanden. Zu den Dienstleistungen gehören Prozessdesign, Implementierungen, Anpassungen, Application Support und Managed Hosting sowie die Cloud-basierte Software-as-a-Service-Lösung OTRS on Demand.


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