KI als Game-Changer im E-Commerce

Interview: Reto Baumgartner, CEO MySign

Reto Baumgartner ist Mitinitiant des E-Commerce Automation Reports. Mit seinem Unternehmen MySign setzt er Kundenprojekte um, welche sich mit der Automatisierung von Prozessen und neuerdings auch mit der Anwendung von KI beschäftigen.
Computerworld (CW): Was hat Sie beim Automation Report 2024 am meisten überrascht? Was war das Wow-Erlebnis?
Reto Baumgartner, CEO MySign
Quelle: MySign
Reto Baumgartner:
Grosse Freude hatte ich an der Anzahl der Teilnehmenden. Letztes Jahr sind wir mit rund 200 gestartet und waren ehrlich gesagt auch etwas enttäuscht. Aber das Thema war neu; wir hatten Erklärungsbedarf, was wir da genau machen. Dieses Jahr konnten wir auf dem bestehenden Report aufsetzen, was natürlich vieles vereinfacht hat. Dadurch konnten wir dieses Jahr mehr als doppelt so viele Teilnehmende motivieren.
CW: Eine grundsätzliche Frage: Wie kommt man als MySign auf die Idee, einen E-Commerce Automation Report auf die Beine zu stellen?
Baumgartner (lacht): Wir haben vor mehr als zwei Jahren angefangen, uns mit dem Thema auseinanderzusetzen. Der Begriff war und ist ziemlich neu. Viele kennen die Marketing Automation, wo es ebenfalls um automatisierte Prozesse geht. Wir haben festgestellt, dass der Begriff extrem gut zu dem passt, was MySign macht. Andererseits war es auch eine Chance, einen solchen Begriff einzuführen und mit der Wissenschaft zu validieren. Da hat die FHNW, insbesondere Mark Peter, Hand geboten. Am Ende liegt es aber bei den Kunden, welche Prozesse beschleunigen wollen oder Brüche eliminieren wollen. Egal in welchem Projekt oder in welchem Bereich, für uns steht die Vereinfachung und die Automatisierung im Vordergrund.
CW: Was funktioniert heute schon gut, wo hat es noch Luft nach oben?
Baumgartner: Die Studie hat gezeigt, dass Performance-Themen wie zum Beispiel Security oder erhöhtem Traffic schon gut automatisiert sind. Andere Bereiche wie Kundenbedürfnisse oder Detailprozesse haben noch sehr viel Automatisierungspotenzial. Oft vermeidet die Gespräche mit den Kunden um abzukürzen.
CW: Wie wirkt sich die KI auf E-Commerce aus?
Baumgartner: Klar, KI ist in aller Munde und hat ein grosses Potenzial im E-Commerce und bei der Automatisierung. Daher war KI dieses Jahr auch ein Fokusthema. Allerdings war das Fazit ziemlich ernüchternd. KI steht erst am Anfang in der konkreten Anwendung. Die Studie hat das klar bestätigt. Es gibt fast keine Lösungen in der Praxis, auch wenn viel darüber gesprochen wird.
“Es gibt noch zu wenige konkrete Anwendungsfälle für KI.„
Reto Baumgartner
CW: Die Studie zeigt, dass sich die Teilnehmenden selbst eher zurückhaltend hinsichtlich Kompetenz in der E-Commerce Automation beurteilen. Letztes Jahr war das noch anders.
Baumgartner: Richtig, das hat uns auch etwas erstaunt. Der Grund liegt in der Bedeutung von KI auf die Automation. Diesbezüglich ist man offenbar noch zu wenig fit. Es gibt noch zu wenige konkrete Anwendungsfälle für KI in diesem Bereich. Die Unternehmen warten auf Antworten.
CW: …welche die MySign liefern könnte? Erwarten die Kunden Antworten von euch? Oder steht ihr auch erst am Anfang?
Baumgartner: Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit dem Thema KI und integrieren diese auch in unsere Lösungen. Dazu kommt, dass wir konkrete Gespräche mit den Kunden suchen und fragen, wo und wie sie KI nutzen möchten. Das beginnt bei der automatisierten Erstellung von Produktbeschreibungen oder Chatbots und lässt sich fast unbegrenzt fortsetzen.
CW: Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen kleinen und grossen Online-Händlern?
Baumgartner: Natürlich gibt es Unterschiede in den Anforderungen, aber das Potenzial zur Automatisierung ist überall vorhanden. Vom Bestell-Tracking bis zur Bonitätsprüfung oder der Datenintegration aus verschiedenen Systemen – es lohnt sich immer, die Prozesse zu prüfen. Jedes Unternehmen hat sein Potenzial an einem anderen Ort. Das zeigt auch die Beiteilung an der Umfrage. Ein Anreiz ist sicher auch, dass man damit einen direkten Benchmark bekommt. So sieht man sofort, wo man auf Kurs ist und wo es Handlungsbedarf gibt.
CW: Nochmals zur aktuellen Studie: Was ist Ihr persönliches Fazit des diesjährigen Reports?
Baumgartner: Wie erwähnt, hat sich KI zu einem wichtigen Faktor entwickelt. Hier werden wir in Zukunft noch viel erleben. Ausserdem habe ich festgestellt, dass es gar nicht so viele Unterschiede zwischen B2B und B2C gibt. Die beiden Bereiche verschmelzen immer mehr. Die strikte Unterscheidung wird in Zukunft obsolet.
CW: Dürfen wir davon ausgehen, dass es auch nächstes Jahr wieder einen E-Commerce Automation Report geben wird?
Baumgartner: Ja, es ist schon die Idee weiterzumachen und weitere Teilnehmer zu gewinnen. Interessant wäre es dann auch, die Auswertungen zu verfeinern und statistisch noch mehr in die Details zu gehen. Das wäre auf jeden Fall spannend. Naheliegend wäre es auch, die Studie in den DACH-Raum auszudehnen, da die Problemstellungen in unseren Nachbarländern ähnlich sind.
CW: Und dann folgt der obligate Automation Award?
Baumgartner (schmunzelt): Ja, wer weiss, warum nicht. Das wäre noch eine Steigerung.



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