Gegen elektronische Identität von Privatfirmen
08.10.2019, 09:10 Uhr
E-ID-Referendum lanciert
Das Referendum gegen das vom Parlament verabschiedete E-ID-Gesetz ist heute offiziell lanciert worden. Die Kritiker stossen sich vor allem daran, dass private Unternehmen künftig die elektronische Identität ausgeben sollen.
Ein Bündnis um die Digitale Gesellschaft und die Plattform We Collect sammelt ab sofort Unterschriften, um das Gesetz für die Schaffung einer E-ID an der Urne zu Fall zu bringen. Dieses will die Verwendung der E-ID für Onlinegeschäfte und Behördenkontakte regeln.
Das E-ID-Gesetz war in der abgelaufenen Herbstsession vom Nationalrat mit mit 144 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen und vom Ständerat mit 35 zu 2 Stimmen bei 8 Enthaltungen verabschiedet worden. Bereits im Laufe der Beratungen kündigten SP, Grüne sowie mehrere Gruppierungen an, gegen das Gesetz das Referendum zu ergreifen.
Stein des Anstosses ist die vom Parlament beschlossene Aufgabenteilung zwischen Staat und Wirtschaft. Der Bund prüft und bestätigt die Identität einer Person. Herausgegeben wird die E-ID aber von privaten Anbietern, sogenannten Identity Providern, die wiederum vom Bund überwacht werden.
Umfrage sieht Gegner im Vorteil
Für das Referendumskomitee ist das Gesetz ein «Kniefall vor den Interessen der Wirtschaft - auf Kosten der Demokratie und der Bevölkerung», wie es in einer Mitteilung vom Dienstag heisst. Das Parlament habe am Volkswillen vorbei politisiert.
Die Digitale Gesellschaft führt dazu eine Umfrage der Universität Zürich ins Feld. Demnach hat eine private Lösung, wie vom Bund und Parlament vorgeschlagen, bei Bürgerinnen und Bürgern keine Chance. 82 Prozent der Befragten wollen die E-ID vom Staat. Nur gerade 1,7 Prozent geben an, eine private Lösung zu bevorzugen.
Bund mit wenigen Kompetenzen
Mit dem Gesetz über elektronische Identifizierungsdienste verabschiedeten sich Bund und Parlament von einer staatlichen Kernaufgabe, liess sich Daniel Graf vom Verein Public Beta zitieren. «Für die Zukunft der direkten Demokratie wäre es ein Super-Gau, Grossbanken, Versicherungsgesellschaften und staatsnahen Konzernen das digitale Passbüro zu überlassen.»
Damit erhielten die privaten E-ID-Aussteller die Verantwortung für die Speicherung und Verwendung vieler Daten, hält Erik Schönenberger von der Digitalen Gesellschaft fest. «Dem Bund bleibt nur eine schwache Kontrollfunktion.»
Nicht grundsätzlich gegen E-ID
Gleichzeitig zum Start der Unterschriftensammlung hat das Komitee einen E-ID-Automaten lanciert, um für einen digitalen Schweizer Pass vom Staat zu werben. Die personalisierte «Swiss E-ID» steht für die zentrale Forderung der Referendumskampagne: Ja zu einem digitalen Schweizer Pass vom Staat, Nein zu einer Lösung von privaten Unternehmen.
Hinter dem E-ID-Referendum steht ein überparteilicher Zusammenschluss von Organisationen, Netzwerken und Parteien. Das Referendum wird getragen von der Digitalen Gesellschaft, der unabhängigen Schweizer Kampagnenorganisation Campax, der Demokratie-Plattform We Collect und dem Verein Public Beta.
Unterstützt wird das Referendum bereits von der SP, den Grünen, der Piratenpartei sowie Mitgliedern aus anderen Parteien. Die Frist für das Sammeln der 50'000 Unterschriften dauert bis 16. Januar 2020.