Ex-Mitarbeiterin stürzt Facebook mit Enthüllungen in tiefe Krise
Vergleich mit Tabakindustrie
Die für Nutzer-Sicherheit zuständige Managerin Antigone Davis drang bei den Senatoren mit ihren relativierenden Erklärungen nicht durch. So verglich der Demokrat Ed Markey die Vorgehensweise des Online-Netzwerks vor allem bei Instagram mit verantwortungslosem Handeln der Tabakindustrie. «Instagram ist diese erste Zigarette der Kindheit», die Teenager früh abhängig machen solle und am Ende ihre Gesundheit gefährde, sagte Markey unter anderem. «Facebook agiert wie die grossen Tabakkonzerne: Sie verbreiten ein Produkt, von dem sie wissen, dass es der Gesundheit junger Menschen schadet.»
Facebook-Gründer und -Chef Mark Zuckerberg und auch die fürs operative Geschäft zuständige Top-Managerin Sheryl Sandberg äusserten sich bisher nicht zu der Kontroverse.
Wie am Sonntag bekannt wurde, kontaktierte Haugen das «Wall Street Journal» bereits im Dezember vergangenen Jahres, nachdem ihre Abteilung aufgelöst wurde. Sie fand nach eigenen Angaben zu ihrer Überraschung diverse Studien zum Einfluss auf Nutzer, die praktisch allen Mitarbeiter in der internen Kommunikations-Plattform des Online-Netzwerks zugänglich gewesen seien. Sie habe solches Material gesammelt, bis sie Facebook im Frühjahr verlassen habe. Haugens war in der Pandemie nach Puerto Rico gezogen - und die Personalabteilung habe ihr mitgeteilt, dass dies nicht als Fernarbeitsplatz akzeptiert werde.
«Die heute existierende Version von Facebook reisst unsere Gesellschaften auseinander und löst ethnische Gewalt rund um die Welt aus», sagte sie «60 Minutes».
Reaktion von Facebook
Ein Facebook-Sprecher erklärte dem «Wall Street Journal» am Sonntag nach den Äusserungen Haugens, das Online-Netzwerk versuche täglich, eine Balance zwischen dem Recht von Milliarden Menschen auf freie Meinungsäusserung und einer sicheren Umgebung für Nutzer zu finden. Haugen beantragte bei US-Behörden offiziell Schutz als Whistleblowerin - so werden Mitarbeiter genannt, die durch Weitergabe von Informationen Missstände aufdecken wollen. Top-Manager Guy Rosen betonte zugleich, dass Facebook inzwischen Hassreden bis auf 0,05 Prozent solcher Beiträge herausfiltern könne, noch bevor sie die Nutzer erreichten.
Deutlich wird, dass Facebook vor allem in der US-Politik unter so starkem Druck steht wie seit dem Skandal um Cambridge Analytica 2018 nicht mehr. Damals war bekanntgeworden, dass Jahre zuvor eine Datenanalysefirma Informationen von Millionen Nutzern ohne deren Wissen abgreifen konnte. Es war eigentlich nicht der schwerwiegendste Datenschutz-Fehltritt, der bei Facebook bis dahin passiert war - doch es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.