Hacker-Angriff über US-IT-Dienstleister trifft über 1000 Firmen
Betreiber will Schwachstelle gefunden haben
Kaseya sei zuversichtlich, die Schwachstelle gefunden zu haben, wolle sie demnächst schliessen und die Systeme nach einem Sicherheitstest wieder hochfahren, hiess es. Am Samstag kam noch ein Kunde zur Liste der Opfer dazu, der sein lokal laufendes VSA-System nicht abgeschaltet hatte.
Attacken mit Erpressungs-Software hatten zuletzt wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Nur kurz vor dem JBS-Fall stoppte ein Angriff dieser Art den Betrieb einer der grössten Benzin-Pipelines in den USA und schränkte die Kraftstoffversorgung in dem Land vorübergehend ein. Den Hackern bringt es Geld: JBS zahlte den Angreifern umgerechnet elf Millionen Dollar in Kryptowährungen, der Pipeline-Betreiber Colonial 4,4 Millionen Dollar. Allerdings konnten Ermittler wenig später gut die Hälfte des Colonial-Lösegeldes beschlagnahmen.
Es ist auch bereits die zweite binnen weniger Monate bekanntgewordene Attacke, bei der Hacker über einen IT-Dienstleister in Systeme seiner Kunden eindringen konnten. Über Wartungssoftware der Firma Solarwinds waren Angreifer vermutlich zu Spionage-Zwecken in Computernetzwerke von US-Regierungsbehörden gekommen, unter anderem beim Finanz- und Energieministerium.
Vermehrt Attacken mit Erpressungs-Trojanern
Attacken mit Erpressungs-Trojanern hatten in den vergangenen Jahren mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. 2017 legte im Mai der Erpressungs-Trojaner «WannaCry» neben den Computern vieler Privatleute unter anderem Computer in britischen Krankenhäusern sowie Fahrplan-Anzeigen der Deutschen Bahn lahm. Wenige Wochen später traf die Lösegeld-Software «NotPetya» unter anderem die Reederei Maersk und den Nivea-Hersteller Beiersdorf.
Diese Attacken breiteten sich seinerzeit unter anderem deshalb so schnell aus, weil Computer mit älteren Windows-Systemen und nicht geschlossenen Sicherheitslücken für sie ein leichtes Opfer waren. Sie galten deshalb als ein Weckruf für mehr IT-Sicherheit. Dennoch gab es nun erneut mehrere erfolgreiche Angriffe mit Lösegeld-Software.
BDI will Strategie gegen Cyberattacken
Der Industrieverband BDI will Cyberattacken mit einer «nationalen Wirtschaftsschutzstrategie» von Politik und Wirtschaft besser abwehren. «Noch nie wurde die deutsche Wirtschaft so stark angegriffen wie heute», sagte BDI-Sicherheitsexperte Matthias Wachter der «Welt am Sonntag». Die Zahl der Angriffe sei in der Corona-Pandemie gestiegen, weil Unternehmen im Homeoffice noch verwundbarer seien. Beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hiess es: «Die Bedrohungslage ist nach wie vor sehr angespannt und wurde durch die Pandemie noch einmal verschärft.»
Mikko Hyppönen von der IT-Sicherheitsfirma F-Secure führt dies unter anderem darauf zurück, dass die Angriffsfläche mit dem digitalen Wandel in allen Branchen immer grösser werde. «Wir bringen alles online.» Es werde noch dauern, bis diese allgemeine Bewegung ins Netz angemessen abgesichert werde: «Ich denke nicht, dass wir das Schlimmste schon erlebt haben.»
Raj Samani von der IT-Sicherheitsfirma McAfee sieht das Problem auch darin, dass sich inzwischen im Internet eine ganze Industrie gebildet habe, in der Attacken mit Erpressungssoftware Interessenten als Bezahl-Service angeboten werden. «Es sind kriminelle Gruppen, die darauf aus sind, so viel Lösegeld wie nur möglich herauszupressen.» Zugleich zeigte er Verständnis für Unternehmen, die am Ende entgegen den Empfehlungen von Behörden und Experten Geld an die Hacker bezahlen, weil sie Angst um ihr Geschäft haben.
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