Nach dem Cyberangriff
Was Schweizer «Cybercops» machen
Die Empfehlung von Krämer, die Behörden einzuschalten, konnte im Anschluss Daniel Nussbaumer, Leiter der Abteilung Cybercrime der Kantonspolizei Zürich und Co-Leiter des Kompetenzzentrums Cybercrime, nur unterstreichen. Allerdings befasst sich die Polizei ihm zufolge nicht nur mit Cybercrime im engeren Sinn, sondern zunehmend auch mit einer «digitalisierten Kriminalität». Darunter werden viele «klassische» Delikte verstanden, die unter Zuhilfenahme moderner Technik verübt werden. Dies seien etwa Betrugsversuche via E-Mail oder Drohungen über Whatsapp, erklärt er.
Für beide Arten sind laut Nussbaumer die kantonalen Polizeien zuständig, auch wenn es in Sachen Cyberkriminalität vermehrt nationale Bekämpfungsbemühungen gibt. «Die Strafverfolgung ist kantonale Kompetenz», betont Nussbaumer. Allerdings setze man sehr auf die Kooperation mit anderen Kantonspolizeien und mit dem Bund. «Falls Sie einen Cybervorfall haben, fordere ich Sie auf, sich an Ihr kantonales Polizeikorps zu wenden und dort Anzeige zu erstatten», rät er folglich.
Wegen der Zunahme an Cyberkriminalität hat auch die Polizei aufgerüstet. Nicht nur dass wie in Zürich eine spezielle Einheit zur Bekämpfung gegründet wurde. Schweiz-weit werde viel in die Schulung jeder einzelnen Polizistin und jedes einzelnen Polizisten getan, berichtet Nussbaumer. «Wenn Sie also heute Anzeige wegen einer Cyberstraftat erstatten, weiss die Front-Mitarbeiterin oder der Front-Mitarbeiter, um welches Phänomen es sich handelt, sei es aus dem Bereich digitaliserte Kriminalität oder Cybercrime im engeren Sinn», führt er aus. Die Beamtinnen und Beamten wüssten somit, welche Schritte und unmittelbaren Handlungen vorgenommen sowie wann welche Spezialisten beigezogen werden müssten.
Konkrete Vorgehensweise
Doch was tun die Strafverfolgungsbehörden, wenn Sie wegen eines Cybercrime-Vorfalls angegangen werden? Wie Nussbaumer ausführte, versuche man bei Straftaten, die deliktische Homepages betreffen, den Betreiber ausfindig zu machen. Präventiv würden solche Seiten, falls sie in der Schweiz gehostet werden, vom Netz genommen. Dabei setze man auf eine enge Zusammenarbeit mit Registraren wie Switch. «Dieses Jahr haben wir so gut 4500 Fake-Online-Shops und Phishing-Sites vom Netz genommen», berichtet er. Des weiteren würden IP-Adressen von Tätern verfolgt. Zusammen mit analoger Ermittlungsarbeit und Spurensicherung gelinge es so der Polizei, immer wieder auch Täter dingfest zu machen.
Darüber hinaus bedient sich das Korps der Geldfluss-Nachverfolgung. «Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, deliktische Gelder für das Opfer zu sichern. Heute handelt es sich dabei immer öfter auch um Kryptowährungen», sagt er. Hier käme deren grundsätzliche Öffentlichkeit den Strafverfolgern zu Gute. Zudem würden immer mehr Kryptobörsen mit den Behörden zusammenarbeiten. Nussbaumer berichtet von Fällen, bei denen Geschädigten Kryptowährungen gestohlen wurden und bei denen es der Polizei gelang in Zusammenarbeit mit den Tauschbörsen auch im Ausland, die Deliktsumme in die Schweiz zurück zu holen. Auch zu Mitteln der geheimen Observation werde gegriffen, um Straftaten aufzuklären. Schliesslich widme sich auch die Polizei ganz technisch gesehen der Schadcodeanalyse und arbeite hier sehr eng mit Experten des Bundes wie Fedpol oder Melani zusammen.
Neben der Identifikation und Lokalisation von Straftätern komme der Polizei auch noch die Aufgabe zu, Geschädigte zu betreuen. Hier habe die Polizei viel Erfahrung, da sich die Mechanismen von digitalen und analogen Straftaten in Bezug auf die Auswirkungen auf die Opfer nicht gross unterscheiden. «Was wir allerdings nicht leisten können, ist der Schutz der Infrastruktur von Unternehmen», betont Nussbaumer. Es sei Aufgabe der Firmen, ihre eigene Infrastruktur zu schützen. «So wie Sie Ihre Haus- oder Wohnungstüre abschliessen müssen, sollten Sie auch Ihre IT fit halten und ausreichend absichern», lautet diesbezüglich das Fazit des Zürcher Cybercops.