Kryptowährungen
04.03.2021, 14:32 Uhr
Cyber-Geld: Jährlich Diebstähle in dreistelliger Millionenhöhe
Kryptowährungen im Wert von über einer halben Milliarde US-Dollar wurde 2020 weltweit gestohlen - ein Anstieg von 38 Prozent. Die Betreiber von Crypto-Börsen verbessern permanent ihre Sicherheitsmechanismen. Doch die bösen Buben lernen ebenfalls hinzu.
Nach Berechnungen des britischen Info-Portals Trading Platforms UK stieg der Wert der von Hacker erbeuteten Cyber-Währung zwischen 2019 und 2020 von 370,7 auf 513 Millionen US-Dollar, das entspricht einem Anstieg von gut 38 Prozent. Den traurigen Höhepunkt der vergangenen fünf Jahre markiert das Jahr 2018, in dem Cryptocurrency im Wert von fast einer Millarde US-Dollar gestohlen wurde.
Der litauische Journalist und Fintech-Experte Justinas Baltrusaitis kommentiert die Zahlen so: «Im vergangenen Jahr wurde Cryptocurrency vom Mainstream zunehmend wahrgenommen, gleichzeitig wurde dieser Sektor von millionenschweren Hacks und Diebstählen begleitet.»
Betrug in der Blockchain ging zurück
Wirft man einen Blick auf die Zahlen, die Baltrusaitis nennt, dann zeigt sich - ähnlich wie im Kurs von Bitcoin und Co. - ein stark schwankendes Bild. Fasst man alle anderen Fälle von Betrug und Unterschlagung im Zusammenhang mit Blockchain-basierten Finanzprodukten zusammen, so reduzierte sich der Schaden von 4,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 auf 1,3 Millarden US-Dollar ein Jahr später. Der direkte Diebstahl von Cyber-Geld macht also nur einen relativ kleinen Teil des gesamten Geschehens aus.
Die insgesamt sinkenden Zahlen zeigen nach Einschätzung des Experten die zunehmende Reife der Branche und ihre wachsenden Fähigkeiten, Sicherheitsbedrohungen abwehren zu können. Dazu zählen inzwischen auch gute Kontakte zu Strafverfolgungsbehörden.
Das Interesse der Hacker verlagert sich zunehmend von Cryprocurrency-Tauschbörsen, den so genannten Exchanges und den digitalen Geldbörsen (Wallets), in den DeFi-Bereich. DeFi steht für «Dezentralisierte Finanzdienstleistungen» und beschreibt einen Finanzsektor, der auf die Blockchain-Technologie aufsetzt und bei vielen Experten als ernsthafte Konkurrenz für die bestehende Bankbranche gesehen wird. Typische DeFi-Anwendungen sind etwa offene Kreditbörsen, in denen Kunden auf Basis von Smart Contracts Kredite erhalten, oder Stablecoins als Geldanlage, die mit konkreten Sachwerten gesichert werden können.
Open Source lockt Verbrecher an
Viele dieser DeFi-Lösungen setzen auf einen offenen Zugang und quelloffenen Code, was poztenziellen Hackern mögliche Angriffspunkte bietet. Ausserdem streben die Start-ups hinter neuen DeFi-Produkten eine möglichst breite Interoperabilität mit anderen Services an, um ihr Geschäftsmodell für Investoren attraktiver zu machen. Verglichen mit den monolithischen Architekturen traditioneller Bankhäuser macht das viele DeFi-Projekte transparenter, aber auch angreifbarer.
Signifikante Grössenordungen erreichten auch Betrugsversuche unter dem Deckmantel von Covid 19: Betrüger gaben sich als Prominente aus und sammelten Crypto-Spenden - die dann unaufspürbar verschwanden. Fast schon skurril mutet eine Betrugsmasche an, in der unbekannte Täter Mitte Juli 2020 in die offiziellen Twitter-Accounts von Promis wie Barack Obama, Joe Biden oder Elon Musk einbrachen und in ihem Namen jedem Cryptocurrency im Wert von 2000 US-Dollar versprachen, der ihnen zuvor Cyber-Geld im Wert von 1000 Euro anwies.
Den scharfen Rückgang im Blockchain-Betrugsvolumen zwischen 2019 und 2020 erklärt sich Baltrusaitis mit zunehmendem Verfolgungsdruk seitens der Behörden, die Gesetze gegen Geldwäsche zur Anwendung brachten. Ein Vorschlag der US-Finanzaufsicht von Dezember 2020 sieht vor, dass bei Transaktionen über Crypto-Tauschbörsen künftig sowohl Sender als auch Empfänger bekannt sein müssen - was für viele Fans von Bitcoin und Co. ein hart zu schluckender Brocken wäre.