Apple, Facebook, Google 09.05.2019, 15:42 Uhr

Was sind die Datenschutz-Versprechen aus dem Silicon Valley wert?

Die aktuelle Google I/O und die dort vorgestellten Neuerungen des Konzerns sind das beste Beispiel, um zu zeigen, wie paradox das Verhältnis zwischen Datenschutz und Datennutzung im Silicon Valley derzeit ist.
(Quelle: Natali_ Mis / shutterstock.com)
Auf der Google-Entwicklerkonferenz liefert ein Manager nach dem anderen ein Bekenntnis zum Datenschutz ab, doch die Zuhörer werden immer wieder vom Flugzeuglärm abgelenkt und blicken in den Himmel. Eine kleine Propeller-Maschine mit einem Protestbanner kreist über der Freilicht-Bühne direkt am Google-Hauptquartier. «Google-Kontrolle ist nicht Privatsphäre», steht etwas kryptisch auf dem Schriftzug. Zusammen mit dem Hashtag «Rettet lokale Nachrichten».
Proteste bei Tech-Konferenzen gab es schon immer mal - aber das ist eine neue Dimension, die eine Veranstaltung unter freiem Himmel erst möglich macht. Die Kritiker haben einen schicksalhaften Moment erwischt: Auf der diesjährigen Google I/O verspricht Google soviel Nutzen durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz wie nie zuvor - benötigt dafür aber auch mehr Daten der Nutzer denn je. Damit einher geht das Versprechen, verantwortungsvoll mit Daten umzugehen und den Nutzern die Kontrolle über ihre Privatsphäre zu geben.

Wettstreit um Datenschutz

Zwischen den Tech-Konzernen ist ein Wettstreit darum ausgebrochen, wer besser Daten und Privatsphäre seiner Nutzer schützt. Apple-Chef Tim Cook bezeichnet schon längst Privatsphäre als Menschenrecht, Microsoft-Lenker Satya Nadella stimmt ihm zu. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg verspricht nach den Skandalen der vergangenen Jahre, alles Private bleibe privat. Und nun ist Google an der Reihe.
Die zentrale Botschaft von Google-Chef Sunda Pichai: Wir sind da, um zu helfen. Google werde seine enormen Fähigkeiten bei Künstlicher Intelligenz dafür nutzen, den Alltag der Menschen besser zu machen. Zum Beispiel indem eine Smartphone-App Menschen, die nicht lesen können, per Kamera erfasste Texte vorliest. Oder mit Software, die durch Auswertung von Computer-Tomographien besser als ein Arzt bösartigen Lungenkrebs erkennt. Oder auch einfach nur hilft, schnell einen Mietwagen für den Urlaub zu buchen.

Spracherkennung direkt auf dem Gerät

Der neue Google Assistant - ein Konkurrent von Amazons sprechender Alexa-Software und Apples Siri - liefert jetzt «die Kraft eines Rechenzentrums in der Tasche», schwärmt Google-Manager Scott Huffman. Die Software kann dank einem Durchbruch bei der Spracherkennung jetzt direkt auf den Geräten laufen, statt Aufnahmen erst in die Cloud schicken zu müssen.
Damit erfüllt der Assistant die Befehle so blitzschnell, dass es fast an Magie grenzt, auch die obligatorischen Weckworte «Hey, Google» müssen nicht immer wieder ausgesprochen werden.
«Natürlich hat das einen Preis: Man muss seine Daten mit Google teilen», sagt Branchenalystin Carolina Milanesi vom Beratungsunternehmen Creative Strategies. «Der Assistant wird nur so smart sei, wie ausgiebig man ihn mit Daten füttert.» Aber sie glaube, dass für viele Verbraucher die Vorteile, die sie dadurch bekommen, faszinierend sein werden. Solange die Anwender von der smarten Anwendung profitieren und das Datenschutzversprechen glaubwürdig rüberkommt, kann das Konzept aufgehen.

Telefonierende Maschinen

Google zeigte auf der Entwicklermesse I/O in diesem Jahr auch, dass der Konzern zuhören kann. Vor einem Jahr sorgte der Konzern auf der I/O für Aufsehen mit seiner Sprachsoftware «Duplex», die dank geschickt eingeworfener Laute wie «Ähm» und «Umm» am Telefon von einem Menschen praktisch nicht zu unterscheiden war.
Die Demonstration sorgte zugleich für hitzige Diskussionen, ob Google verantwortungsvoll genug vorgehe und ob sich Software in solchen Fällen immer als solche zu erkennen geben muss.
Jetzt zeigte Google, wie Duplex im Auftrag von Menschen telefoniert, die stumm sind - oder übers Web mit anderen Maschinen kommuniziert - und sich dabei ordentlich als virtueller Assistent der Anwender vorstellt. «Google lernt, auszutesten, wo unsere Schmerzgrenze liegt, wo sie vorpreschen können - und wo nicht», sagt Analystin Milanesi.

Gesichtserkennung im Lautsprecher

Die Grenzen austesten in diesem Jahr könnte vor allem die Gesichtserkennung im neuen Nest Hub Max - einem vernetzten Lautsprecher mit Display. Dank Gesichtserkennung kann das Gerät wissen, wer aus dem Haushalt sich gerade vor ihm befindet und die angezeigten Informationen daran anpassen. Eine nützliche Personalisierung, erklärt Google. Und Manager des Konzerns versichern, dass alle Informationen zur Gesichtserkennung nur auf dem Gerät bleiben und nicht ins Netz kommen.
Wie wohl den Verbrauchern dabei sein wird, dürfte auch zum Test für das Vertrauen an Google werden. Vor einigen Jahren scheiterte die mit einer Kamera versehene Datenbrille Google Glass neben technischen Schwächen auch an Datenschutz-Bedenken. Und nach Deutschland, der internationalen Datenschutz-Hochburg, traut sich Google bislang nur mit einem kleineren Hub-Modell ohne Kamera. «Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir uns das Vertrauen der Menschen noch verdienen müssen», sagt ein Google-Insider.


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