Hoffnung auf Bewegung
02.12.2020, 13:54 Uhr
5G-Ausbau kam 2020 nicht voran wie geplant
Swisscom hofft auf baldige Bewegung im festgefahrenen 5G-Ausbau. Derweil werde man nicht gegen Moratorien vorgehen, erklärt Swisscom-CFO Mario Rossi.
Swisscom-CFO Mario Rossi glaubt, dass der 5G-Ausbau in der Schweiz wieder an Fahrt aufnehmen werde
(Quelle: Swisscom)
Angesichts des Widerstands von mehreren Kantonen und Gemeinden gegen 5G hofft Swisscom-Finanzchef Mario Rossi auf baldige Bewegung im festgefahrenen Mobilfunkausbau. Zudem sagt er im Interview mit der Nachrichtenagentur AWP, dass ein Rückzug der Swisscom aus der Grundversorgung kein Thema sei, auch wenn das Parlament die vorgeschriebene Mindestgeschwindigkeit hochschrauben sollte.
2020 sei zwar kein verlorenes Jahr für den Ausbau von 5G, aber die ganze Branche sei beim Netzausbau nicht wie geplant vorangekommen. Im Ausland werde 5G von den Regierungen gefördert. «Und bei uns verhängen gewisse Kantone rechtswidrige Moratorien oder haben einseitig die Regeln verschärft. Baugesuche werden nicht behandelt oder verzögert. Das behindert die ganze Branche», sagt Rossi. Der Bund sei gefordert, den Kantonen klare Anweisungen zu geben.
Nach dem Treffen mit der zuständigen Bundesrätin Simonetta Sommaruga komme jetzt auch Bewegung in das Ganze. «Wir sind guter Dinge, dass das Departement Uvek im ersten Quartal 2021 entsprechende Instruktionen an die Kantone gibt, wie die Antennenbaugesuche zu behandeln sind. Dann wird die Branche wieder vernünftig arbeiten können», sagt Rossi.
Keine Klagen gegen Moratorien
Das Problem betreffe nicht nur 5G, sondern den Mobilfunkausbau generell: «In den städtischen Gebieten sind unsere Antennen heute schon zu 90 bis 95 Prozent ausgelastet. Ohne raschen Ausbau droht bald ein Datenstau.»
Bisher habe die Swisscom keine Klagen gegen Kantone oder Gemeinden wegen 5G-Moratorien eingereicht. «Es laufen aber Beschwerdeverfahren zu einzelnen Antennenstandorten. Wir hoffen jetzt auf Bewegung im ersten Quartal 2021. Es ist nicht sinnvoll, wenn Telekomunternehmen gegen Moratorien von Kantonen klagen. Da muss man andere Lösungen finden», sagt Rossi.
Höheres Mindesttempo wäre Milliardengrab
Die Pläne des Parlaments, die Mindestgeschwindigkeit in der Grundversorgung von derzeit 10 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) auf 80 Mbit/s hochzuschrauben, stellt die Swisscom vor Probleme. Der «blaue Riese» müsste nach eigenen Angaben 2 Milliarden Franken in 400'000 unrentable Anschlüsse an Orten mit wenig Bedarf investieren.
Da stellt sich die Frage, wie so ein Entscheid zustande kam, nachdem früher in Bundesbern nichts gegen den Willen der Swisscom gegangen war. Rossi sagt: «Ich weiss nicht, wie das passieren konnte. Schnelles Internet in der Grundversorgung ist ein populäres Anliegen insbesondere in Randregionen. Fakt ist, wir haben eine Grundversorgung mit 10 Mbit/s, was mit Abstand die höchste festgelegte Mindestgeschwindigkeit in Europa ist.»
Die Grundversorgung sei nicht der richtige Rahmen, um Regionalpolitik zu betreiben. «Da muss man andere Wege finden», sagt der Finanzchef. Wenn das Anliegen im Ständerat angenommen würde, müsste die Swisscom prüfen, wie es überhaupt umgesetzt werden könnte.
Denn der vorgegebene Zeitrahmen lasse sich wegen der beschränkten Baukapazitäten unmöglich einhalten. Zudem müssten neue Formen der Finanzierung gefunden werden. «Die Grundversorgung ist defizitär und die Swisscom hat dafür noch nie einen Franken in Anspruch genommen», sagt Rossi. Wie viel Verlust die Swisscom mit der Grundversorgung mache, wollte er nicht offenlegen.
Dennoch hält der teilstaatliche Konzern an der Grundversorgung fest: Ein Rückzug sei kein Thema, sagt Rossi.
Festnetz wieder stabil
Aus der Pannenserie von Anfang Jahr, als auch Notrufzentralen nicht erreichbar waren, habe die Swisscom die Lehren gezogen. «Wir hatten einen schlechten Start ins 2020 mit fünf grösseren Pannen. Wir haben das sehr genau untersucht. Diese Pannen hatten nichts miteinander zu tun», sagt Rossi.
«Die Probleme mit den Blaulichtorganisationen sind wir sehr schnell und umfassend angegangen. Kurze Zeit danach hatten wir wieder sehr stabile Netze. Das hat man im März im Lockdown gesehen, als wir verglichen mit dem Vormonat 70 Prozent mehr Mobilfunkanrufe verzeichneten und auch die Datenvolumina hochgingen», sagt Rossi.
Der 60-Jährige verlässt nach über zwei Jahrzehnten den grössten Schweizer Telekomkonzern im ersten Quartal 2021.