Google I/O
19.05.2016, 11:08 Uhr
Die Highlights der Entwicklerkonferenz
WhatsApp-Konkurrenz-Apps, Android Wear 2.0, Virtual Reality für Android N und noch mehr Android N: Das alles und mehr hat Google in an seiner Entwicklerkonferenz angekündigt.
«Wir befinden uns in einer Mobile-Ära» waren die ersten Worte von Google-Chef Sundar Pichai vor den 7000 geladenen Gästen. Für einmal fand die Live-Show nicht im Moscone Center in San Francisco statt, wo auch Intel jährlich seine Entwicklerkonferenz abhält, sondern in der Nähe des Google-Hauptsitzes in Mountain View. «Google entwickelt sich immer weiter, sodass wir einen Schritt vor den Nutzern bleiben», schwärmt der CEO der Alphabet-Tochter.
Grosse Fortschritte bei der Spracherkennung
Ein Beispiel gabs gleich zum Thema Machine Learning. So beherrscht der Google Translator nun 100 Sprachen. Die nächste Stufe soll der «Google Assistant» sein, denn etwa 20 Prozent der mobilen Suchanfragen seien Sprachanfragen. Googles neuer Sprachassistent soll wie Apples Siri auf das Smartphone und ins Auto kommen. Ein eigener Lautsprecher, Google Home genannt, will ebenfalls smart sein. Wie Amazons vernetzte Lautsprecher kann er Musik direkt aus der Cloud abspielen, reagiert aber zusätzlich auf Sprachsteuerung und verbindet sich via Chromecast Audio mit anderen Lautsprechern. Fast schon beängstigend: Das Gerät kann auch ständig zuhören, um keinen Befehl zu verpassen. Nur so wird es auch in der Lage sein, auf die Google-Suche zugreifen, um Aufgaben mit verbundenen Geräten ausführen.
Virtual Reality für Android N
«VR soll mobil und für alle da sein», prophezeit Google. Die Cardboard-Pappbrille habe nun schon einer Million Menschen Zugang zu Virtual Reality verschafft. Für ein noch besseres Nutzerlebnis hat der Suchmaschinenriese «Daydream» vorgestellt. So lautet eine eigene VR-Plattform, die ein fixer Bestandteil von Android N wird. Dazu hat es seitens Google eine neue Grundspezifikation an die Smartphone-Hersteller gebracht, zumal nur die genausten Handy-Sensoren und schnelle Prozessoren ein akkurates VR-Erlebnis mit verschwindend kleinen Latenzen garantieren können - eine wichtige Voraussetzung für Virtual Reality. So gut wie alle Smartphone-Hersteller wie Samsung, Alcatel, Asus, Xiaomi usw. hätten sich aber dieser Idee gleich angeschlossen. Und es sollen schon sehr viele Mobilgeräte Daydream-ready sein. Spätestens ab dem Herbst werden weitere Smartphones die Plattform unterstützen.
An einen passenden Controller und an eine anschnallbare VR-Brille hat man schon gedacht. Der flache Stick mit einer Touch-Oberfläche beinhaltet einen Orientierungssensor und erinnert irgendwie an einen Zwitter zwischen Oculus-Touch- und HTC-Vive-Controller. Gezeigt wurde die berührungssensitive Steuerung, die sich vor allem durch ihre einfache Nutzbarkeit von bisherigen Lösungen abheben soll, nur in einer kurzen Sequenz: Referenz-Designs der Hardware inklusive einer neuen VR-Brille gehen bereits an die Hersteller. Natürlich soll auch der Play Store komplett überarbeitet werden, damit dieser wie Steam VR mit der aufgesetzten Brille in einem VR-Modus bedienbar wird. Parallel dazu will man bis zum Herbst virtuelle Versionen für hauseigene Anwendungen wie Google Maps, YouTube usw. herausbringen. Die Daydream-Plattform startet dann im Herbst. Eifrige Entwickler können allerdings schon loslegen. Nächste Seite: Android N, Android Wear 2, Fazit
Android N ist das «beste Android»
Von dem Android-Entwicklungschef Dave Burke gabs gleich einen Seitenhieb gegen die Konkurrenz aus Cupertino: «Android N ist das beste Android! Ich muss das einfach sagen.» Mit ein paar Zahlen untermauerte er das sogleich: Mehr als 600 Android-Apps wurden im vergangenen Jahr auf den Markt gebracht und mehr als 100 Autos hätten schon Android Car. Dabei gabs von Android N, abgesehen von der Ankündigung einer dritten Preview-Version, eher wenig Neues an Funktionen zu sehen. Insbesondere von Geschwindigkeit und System-Updates im Hintergrund war die Rede. Final erscheinen wird Android N voraussichtlich diesen Sommer.
Eines der Highlights: App-Installationen sollen bis zu 75 Prozent schneller über die Bühne gehen als mit früheren Versionen. Ausserdem spannend: Dank eines neuen Features namens «Android Instant Apps» können Apps zukünftig genutzt werden, ohne dass man sie zuvor installieren muss. So ist nicht für jeden Link, für den eine spezifische App erforderlich ist, eine Installation der App vonnöten. Die App öffnet sich so schnell, weil sie in verschiedene Module aufgeteilt ist. Der Play Store lädt beim Klicken des Links nur jene Daten, die wirklich benötigt werden. Die neue Entwicklerversion ist für aktuelle Nexus-Geräte sowie das Pixel C bereits verfügbar und kann auch direkt heruntergeladen werden, wenn man sich für das Android-Beta-Programm registriert hat. Im Rahmen der I/O stellte Google auch eine neue Version 2.2 der Entwicklungsumgebung Android Studio vor, mit welcher das Kompilieren neuer Apps zehnmal so schnell vonstatten gehen soll.
Noch mehr Messenger-Apps?
Als weitere Neuheit zeigte Google den Messenger «Allo», der mit der künstlichen Intelligenz von Google Assistant passende Antworten auf bestimmte Fragen parat hat, beispielsweise auf Film-Vorschläge im Kino oder zu Restaurants in der Nähe. Für optimalen Datenschutz sei eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung integriert. Dass Google nicht genug Messenger haben kann, zeigt sich bei einer zusätzlichen Video-Messenger-App namens «Duo», die noch im Sommer für Android- und iOS-Geräte erhältlich sein wird. Interessant: Noch vor dem Starten eines Video Calls wird der Stream des Gegenübers bereits geladen.
Android Wear wird unabhängiger
Über 100 verschiedene Designs an Wearables werden anscheinend schon an Handgelenken getragen. Android Wear 2.0 soll nun das nächste, bisher grösste, Software-Update sein. Man habe viel gelernt in den vergangenen Jahren, heisst es von der Software-Schmiede. Endlich sollen Zifferblätter nicht mehr zu stark von eigenen Benachrichtigungen überblendet werden. Diese können in Zukunft auch Informationen von Drittanbieter-Apps anzeigen und z.B. bei Fitness-Apps auch ohne Smartphone auf Sensordaten von Google Fit zugreifen. Die neue Uhr-Version bringt unter anderem eine Handschriftenerkennung als Ersatz für die Tastatur mit.
Praktisch: Wenn nun jemand eine Nachricht mit einer Frage zu einem zeitlichen Treffpunkt erhält, reicht es, die Zahl «3» hinzukritzeln, um mit einer Antwortvorlage kurzerhand auf den Zeitpunkt antworten zu können. Vor allem selbständiger sollen die schlauen Uhren mit nativen Apps werden, beispielsweise beim Joggen mit Google Fit. Smartwatches mit Mobilfunkanbindung werden logischerweise noch stärker von selbständig laufenden Apps profitieren, doch das können auch andere Smartwatches schon. Android Wear 2.0 wird vorerst nur mit zwei Computeruhren bereits als Entwicklerversion kompatibel sein: mit der LG Watch Urbane Second Edition LTE und mit der Huawei Watch.
Fazit
Googles Entscheid, leistungsfähigen Mobilgeräten eine VR-Grundspezifikation aufzuerlegen, ist begrüssenswert. Denn hier darf es keinen Wildwuchs geben. Nur leistungsfähige Geräte werden ein optimales VR-Erlebnis bieten. Bei Googles Cardboard machen sich im Vergleich zu High-End-Brillen noch zu grobe Wackler bei 360-Grad-Videos bemerkbar, unabhängig vom eingelegten Handy. Android N bringt nicht mehr Detail-Features, aber vor allem mehr Performance. Das ist erfreulich. Schon die erste Preview lief in unserem Test als früher Release Candidate blitzschnell. Googles Versuch, mit zusätzlichen Messenger-Apps mitzumischen, wirkt ein wenig verklemmt. Etwa so, als müsse man jetzt unbedingt auch noch etwas mit Bots machen, weil alle davon reden. Android Wear 2.0 wird ebenfalls keine bahnbrechenden Neuerungen bringen. Für bessere App-Darstellungen und Notifications wurde es schon lange Zeit. Spannend bleibt aber Googles Fortschritt bei der Sprachsuche und vor allem das Bestreben, Virtual Reality zu besseren Bedingungen massentauglich zu machen.