Open Source Studie 2021 17.06.2021, 16:35 Uhr

Einsatz von Open Source Software nimmt in der Schweiz weiter zu

Die Open Source Studie 2021 zeigt, dass heute 97 Prozent der Schweizer Firmen und Behörden quelloffene Lösungen einsetzen. Der wichtigste Grund dafür sind offene Standards. Denn bei Open Source Software gilt stets «Interoperability by Design».
(Quelle: Sai Kiran Anagani / Unsplash)
Die Open-Source-Umfrage 2021 der Forschungsstelle für Digitale Nachhaltigkeit der Uni Bern und des Fachverbands swissICT zeigt auf, dass Open Source Software in der Schweiz sehr verbreitet ist: Von den 163 antwortenden CEOs, CIOs, CTOs und IT-Fachleuten gaben 97 Prozent an, dass sie in einem oder mehreren Bereichen Open Source Software einsetzen – 2018 waren es 95 Prozent, 2015 erst 92 Prozent.
Quelle: Computerworld
Eindrücklich ist insbesondere das grosse Wachstum der sogenannten «Vielnutzer» von Open Source Software auf einen Wert von 49 Prozent. Fast die Hälfte der Unternehmen und Behörden – alles Mitglieder von swissICT und der Schweizerischen Informatikkonferenz – gab an, dass sie in mehr als 14 der 28 abgefragten Bereichen Open Source Software nutzen. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber den 29 Prozent «Vielnutzern» 2018 und den gerade einmal 21 Prozent Power Usern im Jahr 2015.

«No one has been fired for buying Linux»

Dieser Trend belegt die verstärkte Durchdringung von Open Source Software in immer weiteren Bereichen der modernen Informatik und betont einmal mehr die Relevanz von Open-Source-Lösungen in der fortschreitenden digitalen Transformation. Quelloffene Software hat also das ursprüngliche Nischendasein aus der Server-Admin-Ecke definitiv verlassen. Auch zeigt dies einmal mehr ein typisches Phänomen bei Open Source Software: Alle nutzen sie, bloss die wenigsten reden darüber. So müsste der bekannte Spruch «No one has been fired for buying IBM» wohl schon bald lauten «No one has been fired for buying Linux».
Dieser Meinung sind auch die Antwortenden. Auf die Frage hin, wie sich die Bedeutung von Open Source Software in den letzten drei Jahren verändert hat, antworteten über zwei Drittel (67 Prozent), dass die Relevanz «stark» oder «eher zugenommen» hat. Im Jahr 2018 waren es 60 Prozent, die so antworteten, sodass dieses Jahr die hohe Relevanz quelloffener Applikationen offenbar noch intensiver wahrgenommen wird. Nur gerade knapp 6 Prozent der Befragten gaben an, dass die Relevanz eher abgenommen habe, niemand kreuzte «stark abgenommen» an.
“Quelloffene Software hat das Nischendasein verlassen„
Matthias Stürmer

Selbstbestimmtes Handeln im Digitalen Raum

Ein neues, wichtiges Argument für Open Source Software ist gemäss den Antworten die «digitale Souveränität», die Fähigkeit zu selbstbestimmtem Handeln und Entscheiden im digitalen Raum. Nutzer von Open Source Software haben also die Wichtigkeit der reduzierten Herstellerabhängigkeit und die dadurch besseren Verhandlungsmöglichkeiten bei Software-Anschaffungen erkannt. Aber es gibt auch weiterhin Hindernisse beim Einsatz von Open Source Software: So wurde beispielsweise in den Umfrageresultaten bemängelt, dass bei vielen Open-Source-Projekten unklar sei, wie sie finanziert werden. Und neben den unklaren Geschäftsmodellen ist nach wie vor der Vendor Lock-in mit bestehenden proprietären Systemen einer der wichtigsten Hinderungsgründe bei der weiteren Verbreitung von Open Source Software.

Wo quelloffene Software eingesetzt wird

Seit 2012 wird in der Umfrage der konkrete Einsatzbereich von Open Source Software abgefragt. Und seit Anbeginn der  Fragestellung stehen Programmiersprachen wie JavaScript, Python, Ruby, Java oder PHP ganz zuoberst im Ranking.
Und selbst auf dem ersten Rang war 2021 noch kleines Wachstum möglich: So setzen nun 82 Prozent der Antwortenden Open-Source-Programmiersprachen ein. Auch die folgenden Plätze mit Web-Servern wie Apache oder Nginx, Server-Betriebssystemen wie SUSE, Red Hat oder Debian, und Datenbanken sind gleich geblieben bzw. verzeichnen kleinere und grössere Wachstumsschübe. Den grössten Sprung mit 15 Prozent können die Open-Source-Daten­banken verzeichnen: So setzen nun mit 78 Prozent über drei Viertel der befragten Unternehmen und Behörden MariaDB, MySQL, PostgreSQL und weitere SQL- und No-SQL-basierte Open-Source-Datenspeicher wie MongoDB oder Hadoop ein. Da anzunehmen ist, dass Datenbanken meist in geschäftskritischen Applikationen zum Einsatz kommen, erklärt dies erneut die oben genannte Feststellung, dass die Relevanz von Open Source Software weiter zugenommen hat.
Einsatzbereiche von Open Source Software
Art 2021 2018 2015
Programmiersprachen (z.B. JavaScript, Python, Ruby, Java, PHP) 82,2 % 78,9 % 78,9 %
Web-Server (z.B. Apache, Nginx) 78,3 % 71,4 % 69 %
Server-Betriebssystem (z.B. SUSE, Red Hat, Debian) 77,6 % 70,9 % 68 %
Datenbanken und NoSQL-DBs (z.B. MariaDB, MySQL, PostgreSQL, Hadoop) 77,6 % 62,9 % 68 %
Desktop-Anwendungen (z.B. Firefix, LibreOffice, GIMP) 75 % 56,3 % 29 %
Sicherheit, Firewalls, Verschlüsselung (z.B. ClamAV, GPG, OpenSSH, OpenVPN, OpenSSL) 71,7 % 62,9 % 49 %
Software Components, Frameworks (z.B. Angular, Node.js, Spring, Git) 69,7 % 62 % 45,5 %
Cloud Computing, Micro Services (z.B. Docker, Kubernetes, OpenStack, Consul) 69,1 % 55,9 % 33,5 %
CMS, DMS (z.B. WordPress, TYPO3, Drupal, Alfresco) 63,8 % 60,1 % 54 %
Middleware, Application Server (z.B. Kafka, Active MQ, Liferay, Tomcat, JBoss) 59,9 % 55,4 % 52,5 %
Continuous Integration/Continuous Delivery (z.B. GitLab, Jenkins, GoCD, Travis CI) 58,6 % n. A. n. A.
Kommunikation (z.B. BigBlueButton, Jitsi, Threema, Mattermost) 55,3 % n. A. n. A.
System- und Netzwerkmanagement, Monitoring (z.B. Prometheus, Icinga, Nagios) 53,3 % 44,6 % 36,5 %
DevOps, IT Automation (z.B. Ansible, SaltStack, Puppet, Dokku) 52,6 % 39,9 % n. A.
Interne Search Engine (z.B. Elasticsearch, Lucene, Solr) 51,3 % 44,6 % 27 %
Identity and Access Management (z.B. OpenLDAP, Keycloak, midPoint, OpenIDM) 44,1 % 28,2 % 23 %
Desktop-Betriebssysteme (z.B. Ubuntu, SUSE, Fedora) 38,8 % 28,6 % 26 %
Fachanwendungen 38,8 % 42,7 % n. A.
Cloud Storage (z.B. Nextcloud, OwnCloud, Seafile) 33,6 % 31 % n. A.
SOA, Web Services, Rules Engines (z.B. Sopera, WSS4J, CLIPS) 31,6 % 32,4 % 25,5 %
E-Learning (z.B. Moodle, ILIAS, OLAT) 26,3 % 20,7 % 15,5 %
Business Analytics, Data Warehousing (z.B. JasperReports, Pentaho, BIRT, MetaBase) 24,3 % 24,4 % 11,5 %
Secrets Management (z.B. Vault, Knox, Keywhiz) 23 % n. A. n. A.
Digital Workflow (z.B. Caluma, OTRS, jBPM, iTop) 19,7 % 20,2 % 18,5 %
E-Commerce (z.B. NOPCommerce, Magento, OpenCart) 15,1 % 16,4 % 12,5 %
Groupware (z.B. OpenXchance, Zimbra, Kolab) 11,2 % 11,7 % 14 %
Customer Relationship Management (z.B. Hitobito, SuiteCRM, SugarCRM, vTiger) 9,9 % 11,7 % 12,5 %
Enterprise Resource Planning (z.B. Odoo, metasfresh, Tryton, Adempiere) 9,2 % 8 % 4,5 %
Einsatzbereiche von Open Source Software
Art 2021 2018 2015
Programmiersprachen (z.B. JavaScript, Python, Ruby, Java, PHP) 82,2 % 78,9 % 78,9 %
Web-Server (z.B. Apache, Nginx) 78,3 % 71,4 % 69 %
Server-Betriebssystem (z.B. SUSE, Red Hat, Debian) 77,6 % 70,9 % 68 %
Datenbanken und NoSQL-DBs (z.B. MariaDB, MySQL, PostgreSQL, Hadoop) 77,6 % 62,9 % 68 %
Desktop-Anwendungen (z.B. Firefix, LibreOffice, GIMP) 75 % 56,3 % 29 %
Sicherheit, Firewalls, Verschlüsselung (z.B. ClamAV, GPG, OpenSSH, OpenVPN, OpenSSL) 71,7 % 62,9 % 49 %
Software Components, Frameworks (z.B. Angular, Node.js, Spring, Git) 69,7 % 62 % 45,5 %
Cloud Computing, Micro Services (z.B. Docker, Kubernetes, OpenStack, Consul) 69,1 % 55,9 % 33,5 %
CMS, DMS (z.B. WordPress, TYPO3, Drupal, Alfresco) 63,8 % 60,1 % 54 %
Middleware, Application Server (z.B. Kafka, Active MQ, Liferay, Tomcat, JBoss) 59,9 % 55,4 % 52,5 %
Continuous Integration/Continuous Delivery (z.B. GitLab, Jenkins, GoCD, Travis CI) 58,6 % n. A. n. A.
Kommunikation (z.B. BigBlueButton, Jitsi, Threema, Mattermost) 55,3 % n. A. n. A.
System- und Netzwerkmanagement, Monitoring (z.B. Prometheus, Icinga, Nagios) 53,3 % 44,6 % 36,5 %
DevOps, IT Automation (z.B. Ansible, SaltStack, Puppet, Dokku) 52,6 % 39,9 % n. A.
Interne Search Engine (z.B. Elasticsearch, Lucene, Solr) 51,3 % 44,6 % 27 %
Identity and Access Management (z.B. OpenLDAP, Keycloak, midPoint, OpenIDM) 44,1 % 28,2 % 23 %
Desktop-Betriebssysteme (z.B. Ubuntu, SUSE, Fedora) 38,8 % 28,6 % 26 %
Fachanwendungen 38,8 % 42,7 % n. A.
Cloud Storage (z.B. Nextcloud, OwnCloud, Seafile) 33,6 % 31 % n. A.
SOA, Web Services, Rules Engines (z.B. Sopera, WSS4J, CLIPS) 31,6 % 32,4 % 25,5 %
E-Learning (z.B. Moodle, ILIAS, OLAT) 26,3 % 20,7 % 15,5 %
Business Analytics, Data Warehousing (z.B. JasperReports, Pentaho, BIRT, MetaBase) 24,3 % 24,4 % 11,5 %
Secrets Management (z.B. Vault, Knox, Keywhiz) 23 % n. A. n. A.
Digital Workflow (z.B. Caluma, OTRS, jBPM, iTop) 19,7 % 20,2 % 18,5 %
E-Commerce (z.B. NOPCommerce, Magento, OpenCart) 15,1 % 16,4 % 12,5 %
Groupware (z.B. OpenXchance, Zimbra, Kolab) 11,2 % 11,7 % 14 %
Customer Relationship Management (z.B. Hitobito, SuiteCRM, SugarCRM, vTiger) 9,9 % 11,7 % 12,5 %
Enterprise Resource Planning (z.B. Odoo, metasfresh, Tryton, Adempiere) 9,2 % 8 % 4,5 %
Das Ranking zeigt, in welchen Bereichen Schweizer Organisation Open Source Software einsetzen?
(Quelle: OSS Studie 2021 )

Beliebter Feuerfuchs

Neben den so wichtigen serverseitigen Open-Source- Lösungen zeigt die Auswertung der Umfrage von 2021 auch, dass insbesondere Open-Source-Desktop-Anwendungen an Boden gewonnen haben: Stand der Client-Bereich 2018 noch auf Platz 8 mit 56 Prozent Verbreitung, sind es jetzt mit einem Plus von 19 Prozent bereits 75 Prozent der Firmen und Verwaltungsstellen, die quelloffene Programme an den Arbeitsplätzen ihrer Mitarbeitenden zur Verfügung stellen. Dabei belegt der Webbrowser Firefox von Mozilla mit 88 Prozent Verbreitung weiterhin den ersten Platz bei den Open-Source-Desktop-Applikationen.
Weiter zugenommen hat auch der Open-Source-Anteil im Security-Umfeld. So setzten 2018 noch 63 Prozent der Antwortenden quelloffene Sicherheitstechnik wie Anti­viren-Software, Firewalls und Krypto-Tools wie ClamAV, GPG, OpenSSH, OpenVPN oder OpenSSL ein. Dieses Jahr sind es bereit 72 Prozent. Diese Entwicklung hängt wohl auch mit den wachsenden Cyberbedrohungen mit Ransomware etc. zusammen, für deren Bekämpfung es fortlaufend Updates und neue Technologien braucht.

Open-Source-Schub bei Cloud-Technologien

Neben Programmiersprachen werden in der Software-Entwicklung auch Open Source Developer Frameworks und App­likationskomponenten immer beliebter. Programmier­bibliotheken wie Node.js, Angular oder Spring verzeichnen ein Wachstum um 8 Prozent von 62 Prozent auf 70 Prozent, auch wenn sie wegen der vorgepreschten quelloffenen Desktop-Anwendungen einen Rang eingebüsst haben und somit von Platz 6 auf Platz 7 gerutscht sind.
Ein grosses Wachstum können wiederholt die Open-Source-Cloud-Technologien verzeichnen. Vor drei Jahren rangierten Lösungen wie Docker & Co. noch auf Platz 9 mit 56 Prozent Verbreitung. Dieses Jahr sind Cloud-Lösungen auf Rang 8 mit einem Plus von 13 Prozent in 69 Prozent aller Behörden und Unternehmen zu finden. Dies zeigt, wie wichtig Open Source einmal mehr beim Betrieb von Microservices und APIs geworden ist.

Zeichnet sich eine teilweise Sättigung ab?

Zwar finden sich die Content-Management-Systeme WordPress, TYPO3 oder Drupal mit 64 Prozent Verbreitung immerhin in fast jeder dritten Organisation, sie sind aber aufgrund ihres Wachstums von «nur» 4 Prozent von Rang 7 auf Rang 9 abgerutscht. Offenbar scheint sich hier langsam eine Sättigung abzuzeichnen. Weiterhin in den Top 10 der Einsatzgebiete liegen Open Source Middle­ware und Application Server wie beispielsweise Kafka, ActiveMQ, Liferay, Tomcat oder JBoss. Mit einer Zunahme von 4,5 Prozent stehen diese wichtigen Open-Source-Systeme bei knapp 60 Prozent der Antwortenden im produktiven Einsatz.
Erstmals wurde dieses Jahr der Einsatz abgefragt von Technologien für Continuous Integration/Continuous Delivery (CI/CD) wie GitLab, Jenkins, GoCD und Travis CI. Und siehe da: Mit 59 Prozent Verbreitung werden diese modernen Tools für die effiziente Software-Entwicklung bereits von über der Hälfte der befragten Unternehmen und Behörden verwendet. Dieser Trend schlägt sich auch nieder im Bereich DevOps und IT Automation mit Ansible, SaltStack oder Puppet: Von 40 Prozent Verbreitung im Jahr 2018 werden nun mit 53 Prozent bei über der Hälfte der Befragten entsprechende Open-Source-Lösungen eingesetzt.

Open Source ermöglicht Remote Work

Ebenfalls zum ersten Mal wurden dieses Jahr aufgrund der Covid-19-Pandemie die Unternehmen und Behörden zur aktuellen Thematik der Open-Source-Video- und -Chat-Kommunikation befragt. Obwohl im Alltag oft über Microsoft Teams, Zoom oder WhatsApp kommuniziert wird, hat über die Hälfte (55 Prozent) der Antwortenden dennoch angegeben, dass sie Open-Source-Technologien einsetzen wie BigBlueButton, Jitsi, RocketChat, Signal, Threema oder Mattermost. Zugenommen haben ebenfalls interne Indexierungs- und Suchtechnologien wie beispielsweise Elasticsearch, Apache Lucene oder Apache Solr. Obwohl sie zwar im Ranking von Platz 12 auf Rang 15 abgerutscht sind, werden diese mächtigen Werkzeuge von 45 Prozent im Jahr 2018 nun mit 52 Prozent bei mehr als der Hälfte der Umfrageteilnehmenden eingesetzt.
Einen der grössten Wachstumsschübe haben jedoch die Open-Source-Identity-and-Access-Management(IAM)- Plattformen wie OpenLDAP, Keycloak, midPoint oder OpenIDM erfahren. Von 24 Prozent Verbreitung 2018 werden diese Lösungen für Single Sign-on und andere Authen­- ti­fizierungsanforderungen nun bei über 44 Prozent der Unternehmen und Behörden genutzt – ein Plus von 16 Prozent, was einen Sprung von Platz 18 auf Platz 16 ergibt.

Kampf um Desktop- und Cloud-Kunden

Deutlich gewachsen ist von 29 Prozent auf 39 Prozent auch die Verbreitung des Desktop-Betriebssystems Linux. Jedoch von 43 Prozent auf 39 Prozent etwas nachgelassen haben die Open-Source-basierten Fachanwendungen. Und nur wenig zugenommen (von 31 Prozent auf 34 Prozent) hat die Verbreitung quelloffener Cloud-Speichersysteme wie Nextcloud oder OwnCloud. Offenbar sind Microsoft OneDrive und Google Drive wohl starke proprietäre Konkurrenten für die ansonsten sehr mächtigen Datenspeicherungssysteme auf eigenen Servern.
Immer noch abgeschlagen weit hinten folgen quelloffene Business-Applikationen wie E-Commerce, Groupware, Customer Relationship Management (CRM) und Enterprise Resource Planning (ERP). Obwohl Open-Source-Lösungen wie Odoo oder metasfresh Schritt für Schritt an Bekanntheit gewinnen, sind sie in der Masse im Vergleich zu Salesforce oder SAP leider noch kaum verbreitet. Was nicht heisst, dass die Nachfrage nicht da wäre: In den qualitativen Antworten der Umfrage wurde mehrfach das Bedürfnis nach guten ERP- und CRM-Lösungen im Open-Source-Bereich genannt. Somit dürfte interessant sein, wie die Antworten und Zahlen in drei Jahren aussehen werden.
Tools
7 quelloffene Lösungen für die neue Arbeitswelt
In der neuen Arbeitswelt müssen die Mitarbeitenden von unterschied-lichen Orten aus kommunizieren und zusammenarbeiten können. Dazu braucht es gute Tools, die stabil und performant funktionieren. Hier sind sieben unterschiedliche Open-Source-Werkzeuge vorgestellt, die für diese neue Arbeit der dezentralen Kollaboration praktisch sind und gleichzeitig die digitale Souveränität gewährleisten:
  1. BigBlueButton (https://bigbluebutton.org) eignet sich ideal für kleine und grosse Online-Meetings und Webinare, da über diese quelloffene Video-Conferencing-Plattform 2 bis 200 Teilnehmende gut kommunizieren und interagieren können. Neben Video- und Audio-Kommunikation bietet BigBlueButton auch Breakout-Räume, Chats, gemeinsame Notizen, Umfragen, Screensharing, Folien-Upload, Whiteboards und Video-Sharing.

  2. Rocket.Chat (https://rocket.chat) ist als Open-Source-Alternative zu Slack für die asynchrone, dezentrale Kommunikation innerhalb einer Firma oder eines grösseren Teams geeignet. Es können einerseits direkte Chat-Nachrichten an andere Mitglieder verschickt werden. Andererseits lassen sich auch einfach eigene Public oder Private Groups bilden, um sich über ein bestimmtes Projekt oder ein Thema auszutauschen.

  3. LibreOffice (https://libreoffice.org) ist seit über 10 Jahren eine hervorragende Alternative zu Microsoft Office. Die Open Source Office Suite enthält alle notwendigen Funktionen, um umfangreiche Texte zu verfassen, Daten in Tabellen zu verarbeiten, Präsentationen zu halten oder Grafiken zu zeichnen. Und mit Collabora Online innerhalb von Nextcloud können auch mehrere Personen gleich­zeitig an LibreOffice-Dokumenten arbeiten und Dateien teilen.

  4. Nextcloud (https://nextcloud.com) bietet als Dropbox-Alternative alle notwendigen Features für den unkomplizierten Austausch von Dateien mit dem Unterschied, dass sich alle Daten auf dem ­eigenen Server (Private Cloud) befinden. So erhält man den ­Komfort, mittels Desktop- und Mobile-Apps Dokumente auszu­tauschen und gleichzeitig bleibt man unabhängig von Microsoft & Co. Viele Erweiterungsmöglichkeiten machen Nextcloud zu einer mächtigen Open-Source-Kollaborations- und Open-Source-Kommunikationsplattform.

  5. GIMP (https://www.gimp.org) ermöglicht seit 25 Jahren die Bild­bearbeitung ähnlich wie Photoshop. So können eine Vielzahl von Grafikformaten geöffnet und auf verschiedenen Ebenen bearbeitet werden. Eine grosse Anzahl Filter und Werkzeuge ermöglicht die professionelle Bildoptimierung – vom einfachen Freistellen bis zu komplexen Farbveränderungen.

  6. KeePass (https://keepass.info) ist im heutigen Dschungel von unzähligen Online-Accounts und Logins eine grosse Hilfe, eigene Passwörter in unterschiedlichen Gruppen sicher und dennoch bedienungsfreundlich abzuspeichern und bei Bedarf aufzurufen. Die zuverlässige Verschlüsselung der Passwörter wird mit modernster Kryptografie sichergestellt.

  7. Thunderbird (https://www.thunderbird.net) ist ein mächtiges E-Mail-Programm, mit dem riesige Mengen an Nachrichten ver­arbeitet, gespeichert und durchsucht werden können. Mit praktischen Such- und Filtermöglichkeiten behält man den Überblick im E-Mail-Chaos. Und dank Tausender Erweiterungen der Open Source Community lassen sich auch sehr individuelle Funktionen nachinstallieren.

Freigabe und Unterstützung von Open Source Software

Erstmalig wurde dieses Jahr untersucht, ob die befragten Firmen und Behörden neben der Nutzung von Open Source Software auch selber zu bestehenden externen oder eigenen Open-Source-Projekten beitragen. Die Ergebnisse zeigen, dass mit über 60 Prozent der Antwortenden bereits viele der befragten CEOs und IT-Verantwortlichen von swiss­ICT- und SIK-Mitgliedern Open Source Code freigeben oder zumindest schon einmal darüber nachgedacht haben.
Tatsächlich veröffentlichen heute insgesamt 30 Prozent der Antwortenden auf GitHub, GitLab oder einer anderen Plattform eigenen Source Code. Dies erstaunt, weil die Freigabe von Quelltext unter einer Open-Source-Lizenz für viele Firmen und Behörden doch eine relativ neue Praxis ist und einiges an Erfahrung mit Open Source Communities und Prozessen benötigt. Dabei publiziert die Mehrheit (21 Prozent) den Quellcode auf einem organisationseigenen Profil. Nur die Minderheit lässt ihre Mitarbeitenden den Code über ihre privaten GitHub-Profile veröffentlichen.
“Fast jede dritte Organisation veröffentlicht heute Code auf GitHub und Co.„
Matthias Stürmer

Reputationsvorteil für Unternehmen

Die Freigabe über ein offizielles Firmen- oder Behördenprofil bei GitHub ist auch durchaus sinnvoll, denn nur so erhält eine Organisation auch den entsprechenden Reputationsvorteil. Dies ist von den genannten Gründen auch der wichtigste, wie die Antwortenden angaben. Daneben wollen sie auch ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, sich weiterzubilden und Erfahrungen zu sammeln. Auch zentral für die Freigabe von Open Source Software ist die Vernetzung mit anderen IT-Fachleuten – falls einmal Hilfe benötigt werden sollte.
Quelle: Computerworld
Als weiterer Vorteil bei der Veröffentlichung von Open Source Code wurde angegeben, dass auf diese Weise Beiträge von anderen wie Bug Fixings und neue Funktionen entgegengenommen werden können und die neue Anwendung getestet wird. Auch Recrui­ting ist ein bedeutender Grund, der von 68 Prozent der Antwortenden angegeben wurde. Weniger im Vordergrund steht hingegen das Ziel, Branchenstandards zu setzen und dadurch die Marktdurchdringung zu erhöhen. Auch Business Development für die Kundengewinnung ist nicht von Bedeutung. Die durch einen Kunden erzwungene Freigabe des Quellcodes kam praktisch nie als Antwort vor.

Der Open Source Benchmark

Die Antwortenden konnten zudem mitteilen, wo genau sie ihre Open Source Software veröffentlichen. Bis auf eine Person gaben alle GitHub an, die global grösste Plattform für die Entwicklung von Open Source Software. Über 20 konkrete Links zu den freigegebenen Quellcode-Repositories wurden so entgegengenommen. Diese können nun in das neue Monitoring-Tool «OSS Benchmark Schweiz» (www.ossbenchmark.com) aufgenommen werden, wo die tatsächliche Anzahl von Projekten, Mitwirkenden, Beiträgen und viele andere Werte laufend gemessen und mit allen über 110 bereits erfassten Schweizer Firmen, Behörden und Non-Profit-Organisationen verglichen werden.
Zum Autor
Matthias Stürmer
ist Leiter der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit der Universität Bern.



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