13.07.2011, 16:16 Uhr

«Der Preis ist nicht alles»

Der Chef der Schweizer Niederlassung von Telecom Liechtenstein, Bruno Alluisetti, erklärt im Interview mit Computerworld, wie er Schweizer KMU für sich gewinnen will und was sein Unternehmen besser kann als Platzhirsch Swisscom.
Bruno Alluisetti, Schweiz-Chef Telecom Liechtenstein
Bruno Alluisetti verfügt über langjährige Telekom-Erfahrung in der Schweiz. Seit dem 1. Dezember 2009 baut er die hiesige Niederlassung von Telecom Liechtenstein auf, davor arbeitete er unter anderem sechs Jahre für den Kabelnetzbetreiber Cablecom. Zu seinem Team gehören 12 Mitarbeiter, von denen sieben fix am Standort Thalwil sind.
Das Portfolio von Telecom Liechtenstein Schweiz besteht aus Festnetz, Mobilfunk, Storage und Internetdiensten. Welche Netze müssen Sie mieten, was bieten Sie aus eigener Hand?
Wir haben kein eigenes Netz in der Schweiz und müssen dazukaufen. Im FTTH-Bereich haben wir entsprechende Abkommen in Zürich, St. Gallen, Meilen und Bern. Anfangs nächstes Jahr kommt Herrliberg dazu. Im Festnetzbereich arbeiten wir mit Drittlieferanten zusammen, im Mobilfunk haben wir einen Resellervertrag mit Orange.
Welches ist der wichtigste, umsatzstärkste Geschäftsbereich für Sie?
Wir haben zwei Verkaufskanäle: Wholesale und das Partnergeschäft mit Fokus auf KMU. In Letzterem sind Internet- und Gesprächsdienste die wichtigsten Umsatzbringer. Im Wholesale-Bereich zähle ich Voice-over-IP und IP-TV dazu.
Blicken wir in die Zukunft: Wie entwickeln sich die bestehenden Bereiche, was kommt neues dazu?
Der Markt für Internet- und Gesprächsdienste ist gesättigt. Wir sehen das grösste Entwicklungspotential im sogenannten ITK-Bereich mit Cloud-Lösungen. In den nächsten zwei Jahren wollen wir uns vom klassischen Telko-Unternehmen zum ITK-Anbieter entwickeln.
Ab wann können Schweizer Kunden mit ihrem Cloud-Angebot rechnen und wie soll es aussehen?
Wir haben derzeit Testkunden. Das Cloud-Angebot lancieren wir im dritten Quartal. Es soll ganz einfach daher kommen. Unsere Idee ist, dass KMU unsere Dienste pro Mitarbeiter resp. Client bezahlen. Sie können die gesamte ITK oder nur Teilbereiche zu uns auslagern.
Telecom Liechtenstein ist nicht der einzige Anbieter, der auf Cloud setzt. Welche Argumente sprechen für Telecom Liechtenstein und gegen Konkurrenten wie Swisscom, T-Systems oder Green.ch?
Als grössten Vorteil gegenüber der genannten Konkurrenz sehe ich unsere Flexibilität. Wir probieren, die Grundbedürfnisse des Kunden im Rahmen eines Projekts zu erfüllen und realisieren auch Spezialbedürfnisse. Out-of-the-Box-Lösungen gibt es bei uns nicht. Zudem wissen die Kunden der Telecom Liechtenstein genau, mit wem sie es zu tun haben und in welchen Rechenzentren ihre Daten gegebenenfalls gehandelt werden.

Schwieriger Einstieg in gesättigten Markt

Diese Argumente hören wir von allen Anbietern. Ich behaupte, zufriedene Kunden lassen sich nur über einen massiv tieferen Preis zu einem Wechsel bewegen. Können Sie günstiger anbieten als bestehende Player?
Für den Kunden ist es wichtig, dass Anbieter mit einem klaren Portfolio auftreten. Sie sollen sich bekennen, preisgünstig oder qualitativ hochwertig anzubieten. Aber Sie haben schon Recht. Insbesondere KMU sind sehr preissensitiv, schätzen aber gleichrangig Zuverlässigkeit und Service. Wir können leider nicht überall günstiger sein als die Konkurrenz, weil wir einzelne Optionen anmieten müssen.
Wieviele Schweizer Kunden sind im Moment unter Vertrag?
Wir haben etwa 20 Wholesale-Partner. Im KMU-Bereich sind es zwischen 150-200 Endkunden.
Wie unterscheiden sich die Bereiche umsatzmässig?
Zirka 60 Prozent verdienen wir mit den KMU. 40 Prozent setzen wir im Wholesale-Bereich um. Da gibt es jedoch extreme Schwankungen. Es ist ein sehr volatiles Geschäft.
Haben Sie in diesem Fall das Ziel, den KMU-Bereich zu vergrössern und im Wholesale abzubauen, um sich auf konstante Umsätze verlassen zu können?
Heute ist das Wholesale-Geschäft noch sehr interessant. Das hält noch drei bis vier Jahre an. Aber danach fallen die heute schon sehr tiefen Margen wohl ganz weg. Deshalb ist richtig was Sie sagen: Wir fokussieren uns stark auf das KMU-Geschäft.
Wieviele Mitarbeiter brauchen Sie für die Betreuung Ihrer 150 KMU-Kunden?
Bei mir in der Schweiz arbeiten zur Zeit zwölf Personen. Davon sind sieben ständig in Thalwil. Die anderen fünf pendeln zwischen Vaduz und unserem Sitz in der Schweiz. Daneben gibt es viele Service-Techniker die vollumfänglich bei Telecom Liechtenstein angestellt sind, aber auch für die Schweiz arbeiten. Das ermöglicht uns, die Kosten tief zu halten.
Betreiben Sie in diesem Fall den Customer Care ebenfalls von Vaduz aus?
Richtig. Störungsannahme und Teile der Störungsbehebung sind in Vaduz. Wir haben jedoch auch Partnerverträge mit verschiedenen Fachbetrieben aus den Bereichen IT und TK in der ganzen Schweiz, um noch kürzere Reaktionszeiten zum Kunden zu haben.
Wie muss man sich euren typischen oder idealen KMU-Kunden vorstellen? Wieviele Mitarbeiter hat er?
Der für uns typische KMU-Kunde hat zwischen 20 und 50 Mitarbeiter. Wir sind aber im gesamten Spektrum von 1 bis 250 Mitarbeiter tätig. Unser Portfolio passt jedoch zur genannten Mitarbeiterzahl am besten.

Weg in die Schweiz und in den Profit

Weshalb expandierte Telecom Liechtenstein in die Schweiz?
Telecom Liechtenstein möchte weiter wachsen, was in Liechtenstein aufgrund der Marktgegebenheiten nur noch begrenzt möglich war. Deshalb trafen wir vor rund zwei Jahren den Entscheid, ins Ausland zu expandieren. Zur Auswahl standen Österreich und die Schweiz. Der Entscheid zugunsten der Schweiz fiel aufgrund der kulturellen Nähe und den vorhandenen Verträgen zwischen den beiden Ländern. Zudem hatte Telecom Liechtenstein schon vorher KMU-Kunden aus dem Rheintal und Bündnerland.
Wie sehen Sie die Entwicklung in der Zukunft? Wer sind die Hauptkonkurrenten?
Wir sehen uns derzeit als Nischenplayer mit Wachstumspotenzial. Für uns spricht insbesondere die Telko-Erfahrung, welche unsere verschiedenen Mitbewerber nicht haben. Das sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle reine Internet-Provider mit einer begrenzten IT-Erfahrung.
Was lässt sich Telecom Liechtenstein das Engagement in der Schweiz kosten?
Das ist schwierig zu sagen, weil sich die Kosten teilweise überlappen. Es sind aktuell bis zu 1,5 Millionen Franken.
Ist die Schweizer Niederlassung heute schon profitabel?
Nein. Das letzte Geschäftsjahr haben wir mit einer schwarzen Null abgeschlossen. Ab jetzt wollen wir etwas offensiver im Markt auftreten und uns weiterhin positiv entwickeln. Spätestens ab dem Jahr 2014 soll Telecom Liechtenstein Schweiz voll selbsttragend sein. Heute finanzieren wir uns zu rund 80 Prozent selbst.
Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Akquise von Schweizer Kunden?
Wir werden von einigen erst einmal als ein ausländisches Unternehmen eingestuft. Viele Firmen wünschen Swissness – vor allem die KMU. Wie die Schweiz steht aber auch Liechtenstein sowie auch unser Unternehmen für Konstanz, Sicherheit und Stabilität.
War der Name Telecom Liechtenstein Schweiz hinderlich, weil man direkt hört, dass es sich um eine ausländische Firma handelt?
Es gab keine Überlegungen, einen anderen Markennamen zu wählen.
Gibt es weitere Expansionspläne oder geben Sie sich zunächst mit dem Engagement in der Schweiz zufrieden?
Eine Strategie zu erarbeiten und zu fahren, braucht eine gewisse Zeit. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass wir in andere Länder expandieren. Aber sicher nicht in den nächsten zwei Jahren. Kurzfristig kann ich mir vorstellen, durch die eine oder andere Akquisitionen zu wachsen.



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