12.07.2010, 06:00 Uhr
FTTH-Ausbau vorerst nur in den grossen Städten
Die ersten FTTH-Projekte sind lanciert, nach und nach sollen alle Schweizer Haus- halte ans Glasfasernetz. Vor allem in den Städten wird das Projekt «Netz der Zukunft» vorangetrieben. Das steckt hinter der Netzstruktur von «Fibre to the home».
Peter Alder ist Head of KAM Alternative Operators bei der Ericsson AG
Die digitale Kommunikation entwickelt sich rasend schnell. Noch vor wenigen Jahren genügten die Kupferleitungen vollkommen, um Telefon und Internet zu nutzen. Der heutige Ausbaustandard von Kabelnetzen lässt zwar durchaus breitbandige Dienste zu, doch sind die Kapazitätsgrenzen bei den meisten Netzen wohl bald erreicht. Zusätzlich gewinnen breitbandhungrige internetbasierende Dienste stetig an Bedeutung. Beispiele dafür sind hochauflösendes Fernsehen (HDTV) oder SaaS (Software as a Service). Diese Technologien verlangen nach neuen, leistungsfähigeren Netzwerken.
Gut für die nächsten 50 Jahre
Mittels der Glasfasertechnik lassen sich bedeutend höhere Datenmengen transportieren, und es können verschiedene Dienste parallel genutzt werden. Experten sprechen von einer Infrastruktur für die nächsten 50 Jahre.
Neben den hohen Bandbreiten bietet die Glasfasertechnologie weitere Vorteile. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kupfer- oder Koaxialkabeln lassen sich mit Glasfasern wesentlich höhere Distanzen ohne Zwischenverstärker bewältigen - 20 bis 30 Kilometer auf der Access-Ebene. Zudem sind die Glasfasern unempfindlich gegen äussere Störeinflüsse und geben gleichzeitig keine Strahlung an die Umgebung ab. Positiv ist auch der, im Gegensatz zu herkömmlichen Netzen, sehr geringe Energieverbrauch von Glasfasernetzen, denn die Übermittlung von Daten via Lichtwellenleiter benötigt weniger Strom.
Es sind also einzig die recht hohen Kosten, welche die Migration zu FTTH (Fibre to the Home) in der Schweiz etwas verlangsamen könnten. Denn um die neuen Glasfaserleitungen zu jedem Haushalt zu verlegen, sind aufwendige Bau- und Tiefbauarbeiten nötig. Diese machen ungefähr 85 Prozent der Gesamtkosten aus. Ausserdem zieht sich die Realisierungsphase von FTTH-Projekten oft in die Länge, weil verschiedenste Parteien involviert sind und zur Umsetzung unterschiedliche Spezialisten gebraucht werden, angefangen beim Bauingenieur über Installateur und Netzwerklieferant bis zum Systemintegrator.
Entscheid auf kommunaler Ebene
Gerade wegen der langen Realisierungsphasen gilt es für Schweizer Gemeinden, frühzeitig in ein Glasfasernetz zu investieren und eine strategisch wichtige Entscheidung zu treffen. Ein flächendeckendes FTTH-Netz wird zukünftig gesellschaftlich, politisch wie auch wirtschaftlich ein wichtiges Kriterium sein und einen klaren Standortvorteil ausmachen.
Vielerorts wurde das Telekommunikationsnetz in den vergangenen Jahren bereits mit Glasfasern ausgebaut, jedoch in den meisten Fällen nicht bis zum Endkunden, sprich zu den Haushaltungen bzw. Unternehmungen. Diese sogenannte «letzte Meile» ist oft noch mit Kupferzweidrahtleitungen verkabelt und wird überwiegend von der Swisscom bereitgestellt.
Mit dem Ausbau von FTTH-Netzen drängen jetzt auch neue Anbieter auf den Schweizer Telekom-munikationsmarkt - allen voran Energieversorger (EWs), die mit Wasser, Strom und Gas bereits bis in die Haushalte vernetzt sind. Zurzeit laufen in der Schweiz in verschiedenen grösseren Städten Projekte zum Ausbau einer FTTH-Infrastruktur, unter anderem auch in Bern und St. Gallen. Sowohl für die Sankt Galler Stadtwerke als auch für ewb Energie Wasser Bern liefert das schwedische Telekommunikations-unternehmen Ericsson die Hardware- und Software-Komponenten, die den Datentransport über das städtische Glasfasernetz ermöglichen. Mit den eigenen FTTH-Netzen bauen die beiden Städte eine Plattform für verschiedene Service Provider auf (Open Access), über die sie den Endkunden eine Vielzahl von Multiplay-Diensten in den Bereichen hochauflösendes interaktives Fernsehen in HD-Qualität und breitbandiges Internet anbieten.
Technische Richtlinien für FTTH
Um beim Erschliessen der Schweizer Haushalte mit Glasfaser möglichst Synergien zu nutzen und um einen einheitlichen technischen Standard zu bestimmen, hat das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) und die eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) einen runden Tisch zum Glasfaserbau initiiert. An diesem runden Tisch, bestehend aus Vertretern aller beteiligten Akteure (Telekomfirmen, Elektrizitätswerke, Kabelnetzbetreiber und Hauseigentümer), konnte man sich bereits auf einheitliche technische Standards einigen, so zum Beispiel auf einen einheitlichen Steckertyp für Steckdosen in den Haushalten.
Gleichzeitig sind sich die Teilnehmer am runden Tisch einig, dass der Bau von parallelen Netzen zu verhindern ist, und alle Anbieter zu gleichen Bedingungen Zugang zum Glasfasernetz erhalten müssen, um die Wahlfreiheit der Endkunden zu wahren (mehr dazu im Beitrag «Netz mit Hindernissen», ab S. 20). Man hat sich daher für einen Multifaseranschluss entschieden. Es sollen vier Glasfasern in jedes Gebäu-
de verlegt werden. Die Mehrkosten gegenüber einer Faser sind gering. Dank einer offenen Schnittstelle sollen die Dienstanbieter von den Netzbetreibern einen jederzeit verfügbaren Netzzugang zum Kunden erhalten. In Bern beispielsweise gehört eine Glasfaser exklusiv der Swisscom, die eigene Dienste anbietet, eine zweite Faser gehört der ewb Energie Wasser Bern, die selbst keine Dienste anbietet und ihr Netz für alle Service Provider zur Verfügung stellt. Die restlichen zwei Fasern dienen als Reserve für eventuelle weitere Netzanbieter.
de verlegt werden. Die Mehrkosten gegenüber einer Faser sind gering. Dank einer offenen Schnittstelle sollen die Dienstanbieter von den Netzbetreibern einen jederzeit verfügbaren Netzzugang zum Kunden erhalten. In Bern beispielsweise gehört eine Glasfaser exklusiv der Swisscom, die eigene Dienste anbietet, eine zweite Faser gehört der ewb Energie Wasser Bern, die selbst keine Dienste anbietet und ihr Netz für alle Service Provider zur Verfügung stellt. Die restlichen zwei Fasern dienen als Reserve für eventuelle weitere Netzanbieter.
Fazit: Durchbruch in Raten
FTTH wird sich wohl zuerst in den Ballungsgebieten der grossen Städte durchsetzen. In ländlichen Regionen wird man noch einige Jahre mit den Kapazitäten der Kupferkabel auskommen müssen. Schlussendlich werden durch die Glasfaser bis in die Haushalte aber völlig neuartige Technologien den Weg in unseren Alltag finden. Hochauflösendes Internet-TV, Videotelefonie, SaaS und dies alles in mehreren Räumen einer Wohnung parallel - das dürfte für uns mit den neuen Übertragungskapazitäten bald schon Realität sein.
Peter Alder