02.09.2009, 09:08 Uhr

Die aktuellen ICT-Trends bis 2010

Virtualisierung, Cloud Computing, Software as a Service und der Dauer­- brenner IT-Security: Die Mega­trends der Top 500 stehen in diesem Jahr unter dem Motto «flexibel bleiben und Kosten sparen».
Sparen ist das Gebot der Stunde. Virtualisierung und Standardisierung sowie der Bezug von IT-Diensten, ohne vorher gross Investitionen tätigen zu müssen, das sind - neben den Dauerbrennern IT-Security und Mobile Computing - in diesem Jahr die angesagten Trends.
Bereits in der Top-500-Studie vom letzten Jahr kristallisierte sich die Virtualisierung als der Megatrend heraus. Damals gaben 46 Prozent (Mehrfachnennungen möglich) an, dass sie das Thema Virtualisierung als Zugpferd der nächsten zwei Jahre im ICT-Sektor ansehen. Dieses Jahr ist dieser Anteil nochmals gewachsen: 178 Unternehmen oder 47,1 Prozent sehen Virtualisierung als eine Technik an, welche die Branche in nächster Zeit antreiben wird. Neben dem Dauerthema IT-Security, das 36,2 Prozent der Antwortenden als Triebfeder der Branche identifizieren, ist vor allem der Themenkomplex Cloud Computing bzw. Software as a Service mit 30,7 Prozent auf Platz drei der Zugpferd-Liste zu finden. Das verwandte Thema Outsourcing ist mit 28 Prozent ebenfalls noch gut vertreten.
Im Gegensatz dazu messen die von Computerworld befragten Schweizer Unternehmen einigen Themen, die von der Branche derzeit noch gehypt werden, deutlich weniger Bedeutung für die nächsten Jahre zu. Dazu zählen etwa Green IT (21,4 Prozent), Service Oriented Architecture (SOA; 23,5 Prozent) sowie Compliance (19 Prozent) und Web 2.0 mit 18,3 Prozent gerechnet werden. Am wenigsten Trendwirkung bescheinigen die Umfrageteilnehmer den Netzwerken ganz allgemein (9,3 Prozent) und der reinen Hardware (5,8 Prozent).
Diese Aufteilung spiegelt sich auch in den konkreten IT-Investitionen, die das Marktforschungsinstitut IDC für die Schweiz berechnet. So ist der Hardware-Markt 2008 um 1 Prozent zurückgegangen. 2009 soll er sogar um 9,3 Prozent einbrechen. Software und Services legten dagegen im letzten Jahr um 5,9, respektive
4,5 Prozent zu. Auch deren Wachstum wird krisenbedingt verlangsamt. Aber IDC rechnet auch für das laufende Jahr mit Zuwächsen. Dabei zeigt sich der Services-Markt als resistenter: Er legt nämlich um 0,2 Prozentpunkte mehr zu als der Software-Markt.

Megatrend: Sparen, sparen, sparen

Der wohl grösste Faktor, der derzeit die Trends bestimmt, ist die Tatsache, dass viele Unternehmen im Allgemeinen und deren IT-Abteilung im Besonderen auf die Kostenbremse drücken müssen. Sowohl Virtualisierung als auch Cloud-Computing, Software as a Service und Outsourcing helfen dabei, Geld zu sparen oder zumindest einmalige, hohe Investitonen zu umgehen.
Diese Tendenz spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen der Schweizer ICT-Unternehmen. Firmen, die etwa Virtualisierungslösungen anbieten, wachsen überdurchschnittlich. So sind die Zuwachsrate von 12,4 Prozent bei EMC unter anderem auf den Boom von VMware und dessen Virtualisierung zurückzuführen.
Auch den Dienstleistern geht es in der Regel gut. Accenture etwa legte um fast 30 Prozent zu, und auch BT ist hierzulande um 20 Prozent gewachsen. Zudem konnten Firmen mit eigener IT-Services-Abteilung wie etwa Swisscom, Orange und IBM vor allem wegen diesen zulegen.
Derweil haben die Anbieter von Hardware, Software und IT-Dienstleistungen Virtualisierung und Cloud Computing als Trend erkannt und stellen entsprechende Angebote bereit. So werden heute Server meist nur noch mit Virtualisierungslösung verkauft, was bei der Reduktion des eigenen Rechnerparks hilft. Wie Hauke Stars, Country-Managerin von Hewlett-Packard (HP) Schweiz gegenüber Computerworld erklärt, würden die Anwenderfirmen jenen Anteil ihres Budgets senken, der für die Wartung der Infrastruktur eingesetzt wird. «Dies geschieht vor allem durch Virtualisierung und Konsolidierung der Infrastruktur», sagt sie.

Dies wiederum führe zu einem weiteren Trend, den Stars weltweit aber auch für die Schweiz ausgemacht hat: Immer häufiger setzten die Kunden auf Rechner, die auf massengefertigten Bauelementen wie den X86-Prozessoren von Intel und AMD aufbauen. Dieser Drang zum Einsatz von «Standardtechnologie», wie HP und weitere Hersteller dies nennen, wird sich laut Stars noch verstärken und auf weitere Produktkategorien wie Storage und Networking ausweiten.
Auch Cloud Computing oder «IT aus der Steckdose» ist im Grunde genommen schon seit Längerem erhältlich. So bietet etwa HP bereits seit 2005 unter der Bezeichnung Utility Computing die Rechenkraft ihres Rechenzentrums in Urdorf Dritten an. «Hier hat die Wirtschaftskrise eine positive Auswirkung auf unsere Angebote, bei denen die Kunden IT-Ressourcen wie Strom oder Wasser beziehen und auch nur den effektiven Gebrauch bezahlen», erklärt Stars. «Diese unter dem Titel Utility Sourcing Services zusammengefassten Angebote erfreuen sich bester Nachfrage.»

Green IT: noch verkannt?

Nur im Mittelfeld der von den Top-500-Unternehmen genannten Zugpferde findet sich der Themenkomplex Green IT wieder. Trotz entsprechendem Marketing-Getöse von Computerriesen wie IBM und HP scheint dieses Thema noch nicht wirklich bei allen Marktteilnehmern angekommen zu sein. Eine Erklärung hierfür sind die nach wie vor vergleichsweise tiefen Energiekosten - sowohl für Elektrizität als auch für Heizenergie. Beides wird sich wohl in den nächsten Jahren ändern. Somit dürften sich Projekte, bei denen etwa die Abwärme eines Rechenzentrums zur Heizung von Gebäuden verwendet wird, eher rechnen als bis anhin. Zudem wird die Datenmenge und somit auch die Nachfrage nach Rechenleistung stetig zunehmen. Wie Daniel Rüthemann, Country Manager von IBM Schweiz, gegenüber Computerworld ausführt, sorgten immer mehr Sensoren für riesige Datenmengen, die von Rechenzentren mit stetig wachsender Rechenleistung verarbeitet werden müssten. «Eine grosse Herausforderung», so Rüthemann, «wird es dabei sein, den Energiehunger solcher Installationen in den Griff zu bekommen.» Doch der IT kommt nach Ansicht von Rüthemann noch eine weitere, grüne Aufgabe zu: «Sie kann durch Analyse und Optimierung beispielsweise auch Stromnetze effizienter machen oder den Verkehr flexibler steuern.»
Nicht nur IBM hat sich Green IT auf die Fahnen geschrieben, auch HP-Managerin Stars sieht das Thema als Trend, der sich 2009 akzentuieren wird. «Green IT und insbesondere Energieeffizienz als Argument werden noch wichtiger», meint sie. So sei die HP-Ankündigung von Servern mit einer deutlich besseren Energiebilanz auf eine «überwältigende Resonanz» bei den Kunden gestossen.

IT-Security als Dauerbrenner

Neben neuen Zukunftstrends gibt es natürlich auch die Dauerbrenner. Zu diesen gehört die IT-Security. Dies zeigen die Antworten der helvetischen Top-500-Firmen auf die Frage nach den Haupttriebfedern der Branche ganz deutlich. So kommt das Thema mit 36,2 Prozent hinter Virtualisierung auf Platz zwei zu liegen.
Allerdings sind die Befragten nicht mehr im gleichen Mass bereit, dafür das Portemonnaie zu öffnen. So antworten über 80 Prozent auf die Frage, ob sie im laufenden Jahr mehr für Informatiksicherheit ausgeben, mit «Nein». Entsprechend klein ist auch der Anteil derer, die das Security-Budget erhöhen. Nur noch 1 Prozent will über 20 Prozent für die Sicherheit ausgeben. Ein Jahr zuvor waren es noch 4 Prozent.
Diesen Trend beobachtet auch Marco Marchesi, CEO des in Bassersdorf beheimateten IT-Security-Spezialisten Ispin. So seien bereits im letzten Jahr grosse IT-Security-Projekte gestoppt worden. Neben diesen «Luxus-Projekten» sind aber viele IT-Security-Massnahmen schon aus regulatorischen und betrieblichen Gründen notwendig. Schliesslich verschärft sich laut Marchesi die Bedrohungslage. «Was offensichtlich zunimmt, ist die professionelle Wirtschaftsspionage und da ist die Schweiz mitten drin», meint er. Marchesi geht daher davon aus, von den Unternehmen vermehrt zur Unterstützung bei der Implementation von Gegenmassnahmen gerufen zu werden. Damit verbunden sei auch die Zunahme an Awarenessprojekten, die Ispin seit Ende letzten Jahres verzeichnen könne, meint Marchesi gegenüber Computerworld.



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