Apple-Verkäuferin packt aus
30.05.2016, 15:42 Uhr
Todesdrohungen und Knebelverträge, für 11,70 USD/Stunde
Wie ist es, für Apple zu arbeiten? Eine Mitarbeiterin packt aus. Trotz Knebelvertrag und Strafandrohung.
Apple-Verkäufer erhalten - öfter, als man denkt - Todesdrohungen von erbosten Kunden, und dürfen nicht darüber reden. Der an der Börse wertvollste Konzern der Welt speist seine Verkäufer in den Apple Stores in der Regel mit einem Mager-Gehalt von 11,70 Dollar (9 britische Pfund) die Stunde ab. Bonus Fehlanzeige - auch Top-Verkäufer bekommen eine Erfolgszulage so gut wie nie zu Gesicht. Die ideelle Vergütung, für Apple arbeiten zu dürfen, muss reichen.
Knebelverträge für Apple-Leute
Solche Informationen über den Apfel-Konzern geraten nur äusserst selten ans Licht der Öffentlichkeit. Denn Apple zwingt seine Angestellten, einen Knebelvertrag (confidentiality agreement) zu unterzeichnen, der ihnen öffentlichen Äusserungen bei Strafe untersagt. Noch nicht einmal ein Facebook-Posting unter Freunden oder ein Selfie mit dem Apple-T-Shirt sind erlaubt. Eine britische Apple-Mitarbeiterin - die verständlicherweise anonym bleiben will - hat gegenüber dem Fachmagazin 'Business Insider' jetzt trotzdem ausgepackt.
Jeden Tag würden die Mitarbeiter eines Apple Stores bestimmten Zonen zugeteilt, also zum Beispiel Macs, iPhones oder iPads, sagte die Informantin dem Business Insider. In einer typischen 8-Stunden-Schicht würde ein Verkäufer in der Mac-Zone etwa sieben Macs verkaufen, in der iPad-Zone etwa acht Geräte und in der iPhone-Zone etwa fünf pro Tag. Die einstündige Mittagspause sei unbezahlt, Es handelt sich also eigentlich um eine 9-Stunden-Schicht.
Mindestens 1 Horror-Kunde pro Tag
Mindestens ein Mal pro Tag bekommt es ein Verkäufer im Apple Store mit einem sehr unangenehmen Kunden zu tun. Meist kommt dann der Manager hinzu, um den Fall zu schlichten. Ein Kunde habe ihr gedroht, nach Feierabend draussen auf sie zu warten, um sie dann mit dem Auto zu überfahren. Dabei sei es, aus dem Gedächtnis, um eine kostenpflichtige Reparatur ausserhalb der Garantiezeit gegangen. Todesdrohungen seien zwar nicht die Regel und passieren auch nicht jeden Tag. Das Management habe ihnen aber geraten, nicht mit den Kolleginnen und Kollegen darüber zu reden. Man stehe unter einem enormen Druck. Bestimmte Verkäufe pro Mitarbeiter würden erwartet, aber diese Zahlen würden nicht kommuniziert. Einmal habe sie der Manager zu sich gerufen, um ihr zu sagen: Apple setzt nicht Leute vor die Tür, weil sie zu wenig verkaufen. Aber man braucht bei Apple eine bestimmte Einstellung, um erfolgreich zu sein. Und vielleicht haben sie die nicht. Immerhin hat man ihr danach ein Extra-Training angeboten. Die Informantin des Business Insider hat vier Jahre lang für den Apple Store gearbeitet. Während dieser Zeit habe der Geschäftsführer zwischen fünf und acht Mal gewechselt. Der Grossteil des Verkaufspersonals werde in Teilzeit eingestellt, arbeite also zwischen 16 und 24 Stunden pro Woche. Vollzeit arbeiten zu dürfen werde schon als eine Art Beförderung angesehen. Nächste Seite: Star-Kult um Steve Jobs - "ich habe das gehasst"
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Apple-Maske: "Ich habe das gehasst"
Es war, als ob man sich jeden Tag eine Apple-Maske übergestülpt hätte. "Ich habe das gehasst", sagte die Informantin zum Business Insider. Viele Mitarbeiter, mit denen sie gesprochen habe, wären nach Hause gefahren und hätten geheult, weil sie den Anforderungen nicht mehr gewachsen waren. Angefangen habe sie 2010 mit einem Gehalt von 7,20 britischen Pfund pro Stunde. Im Vergleich zu anderen Retailern sei das eine ganz gute Bezahlung gewesen. Manche steigen auch mit neun Pfund ein. Sicher, es gebe in einem Apple Store auch besser bezahlte Jobs, etwa im technischen Kunden-Support. Diese Jobs seien aber nicht sonderlich beliebt, weil es der Support mit den wirklich sehr verärgerten Kunden zu tun habe.
Kunden-Schimpfe: 'Lazy fucking Bitch'
Gewiss, es gebe grossartige Kunden. Viele kommen jedoch, um sich über etwas zu beschweren, was nicht richtig funktioniert. Einmal habe sich ein Kunde über ein Accessoire beschwert, das gar nicht von Apple stammte, sondern von einem Drittanbieter. Sie habe sich trotzdem dafür entschuldigt. Aber der Kunde habe sie eine "lazy fucking bitch" genannt, ihr die Kündigung nahegelegt und gesagt, sie solle doch zur Hölle fahren. Solche Erlebnisse seien sehr entmutigend. Das Beste am Apple Store aber seien die Kolleginnen und Kollegen. Die meisten sind entweder Musiker oder Grafik-Designer - sehr kreative Leute, die supercoole Sachen machen.