20.08.2014, 12:07 Uhr
Die qualvolle Geschichte des Tablet-Computers
Dass Tablets derzeit einen Boom erleben, ist keine Selbstverständlichkeit. Die Geschichte der Rechenflundern ist nämlich geprägt von Flops ohne Ende.
Die Geschichte des Tablets ist lang und leidensvoll. Sie reicht genau genommen zurück bis ins Jahr 1915. Damals gewhrte das US-Patentamt einen Schutzbrief für eine Erfindung, mit der handschriftliche Notizen maschinell erkannt werden können. Die jüngere Entwicklung des heutigen Tablets beginnt dann vor rund 30 Jahren, mit dem ersten Prototyps eines flachen Computers von Apple. Seiterher haben einige Firmen vergebens versucht, der Welt flache Rechner mit berührungsempfindlichen Bildschirmen schmackhaft zu machen. Wir zeigen in der Folge die wichtigsten Entwicklungsschritte auf. Nächste Seite: Apples erste Pläne
Apples erste Pläne
Apple hat schon früh mit der Idee eines Tablet-Computers gespielt, einschliesslich eines Prototypen aus dem Jahre 1983. Erst 1987 präsentierte Apple dann das Konzepts einer Rechenflunder mit dem Namen Knowledge Navigator. Mit diesem Tablet hätten die Anwender über gesprochene Sprachbefehle kommuniziert. Das Interface wäre ein Bisschen wie eine Weiterentwicklung des heutigen Siris gewesen. Es blieb dann aber bei diesen technischen Ideen.
1993 präsentierte Apple dann so etwas wie den Stammvater der heutigen Tablets. Das Unternehmen brachte den Newton MessagePad auf den Markt. Dabei handelte es sich um einen persönlichen digitalen Assistenten (PDA), der über einen berührungsempfindlichen Bildschirm verfügte und mit einem Stift bedient wurde. Besonderheit war die Handschrifterkennung des Geräts, die allerdings noch nicht sonderlich ausgereift war. Dies war denn auch der Grund, warum der Newton kein Verkaufserfolg wurde, sodass Apple die Entwicklung und Produktion des Rechners 1998 einstellte. Nächste Seite: Ein Windows für Stiftcomputer
Windows for Pen Computing
Bereits 1992 zeigte Microsoft eine spezielle Windows-Version, welche mit Eingabestift bedient werden konnte. Windows for Pen Computing wies bereits einige Features auf, die in späteren Ausgaben eines Betriebssystems für Tablets zu finden sind. Hierzu zählen eine virtuelle Tastatur, die auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm erschien und eine Notizen-Anwendung, die mit handschriftlichem Stiftgekritzel gefüttert werden konnte. Sogar eine Handschriftenerkennung war mit von der Partie. In folgendem Video zeigt Bill Gates höchstpersönlich die Features von Pen Windows (ab 2:24). Windows for Pen Computing erschien noch in einer Version 2.0 und wurde schliesslich 2004 von der Windows XP Tablet PC Edition ersetzt - doch hierzu später. Nächste Seite: Gates kündigt Tablet-PCs an
Gates kündigt Tablet-Computer an
An der US-Messe Comdex im November 2000 stand Bill Gates auf der Bühne und kündigte den Tablet-PC an. Dieser war eine Variante des Windows-PC, verzichtete auf Tastatur und Maus oder Trackpad und ersetzte diese Eingabe-Geräte mit einem berührungsempfindlichen Bildschirm und einem speziellen Stift. Ein Jahr später, im November 2001, folgten dann erste Prototypen des Tablet-PC.
Diese ersten Vorversionen waren eher klobig im Vergleich zu heutigen Geräten. Sie waren aber wegweisend für weitere, fast ein Jahrzehnt dauernde Bemühungen von Microsoft, Tablet-PCs am Markt zu etablieren. Der erste kommerziell erhältliche Flachrechner erschien dann 2002. Nächste Seite: Windows XP Tablet PC Edition
Windows XP Tablet PC Edition
Die frühen Tablet-PC-Modelle wurden mit einer speziellen Version von Windows XP betrieben, die als Windows XP Tablet PC Edition bekannt war. Im Gegensatz zu modernen Tablet-Betriebssystemen, die den Touchscreen im Kern verinnerlicht haben und um diese Bedienungsform des Rechners herum aufgebaut sind, handelte es sich bei der frühen Microsoft-Variante um das vom Desktop bekannte Windows, das durch Tablet-Funktionen wie Handschriftenerkennung und eine virtuelle Tastatur eher klobig erweitert wurde.
Das Konzept des Touch-Add-ons hielt Microsoft übrigens bis und mit Windows 7 durch, das auch für Multitouch-Befehle empfänglich war. Erst mit Windows 8 brachte Microsoft ein Betriebssystem auf den Markt, das die Touch-Oberfläche nicht mehr als Wurmfortsatz ansah, sondern die Fingerbedienung ins Zentrum rückte. Letzteres war dann natürlich vielen Desktop-Usern nicht recht. Nächste Seite: Was jetzt? Laptop oder Tablet?
Hybride Monster
Zu den ersten Windows-Tablets gesellte die PC-Industrie Rechner, bei denen die Entscheidung, ob er nun ein Laptop oder ein Tablet verwenden will, dem User überlassen wurde. Bei den Geräten handelte es sich im Grunde genommen um Notebooks mit einem Touchscreen, mit dem Unterschied, dass sich der Bildschirm drehen und wenden liess, dass man mit ihm die Tastatur abdecken konnte und so einen fetten und schweren Tablet erhielt.
Populär waren die Geräte nie sonderlich. Allerdings lebt die den Hybriden zugrunde liegende Entscheidungsschwierigkeit noch in heutigen Produkten fort. Etwa kann man die Abdeckung-samt-Tastatur für das Surface von Microsoft als Kind dieses Konzepts ansehen. Nächste Seite: Projekt Courier
Der Courier: der beste Tablet, der nie gebaut wurde
Wir schreiben das Jahr 2009. Alle bisherigen Tablets aus dem Hause Microsoft und seinen Hardware-Partner fanden kein Massenpublikum. Da kamen im September des Jahres Pläne von Microsoft ans Licht, denen zufolge die Redmonder an einem Tablet arbeiteten, der endlich massentauglich werden soll. Das Tablet-Konzept wurde unter der Bezeichnung Courier bekannt. Es sah ein Gerät vor, das zwei Bildschirme aufwies und sich wie ein Buch zuklappen liess. Es konnte mit den Fingern oder mit einem Stift bedient werden. Zu dem Zeitpunkt war der Courier wohl der interessanteste Vorschlag in Sachen Tablet-Bedienkonzept. Zu dumm nur, dass Microsoft das Courier-Projekt bereits 2010 wieder fallen liess - ironischerweise zum gleichen Zeitpunkt als Apple das iPad zeigte und damit den Siegeszug des Tablet einläutete.
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Hallo iPad
Endlich, im Januar 2010, zeigte Apple den iPad und gab damit gleichzeitig den Eintritt der Firma aus Cupertino in den Tablet-Markt bekannt. Dass die Rechenplatte, die Steven Jobs damals in die Luft hielt, den Durchbruch für eine ganze Geräteklasse bedeuten und der qualvollen Trial-and-Error-Geschichte des Tablets ein Ende bereiten würde, ahnte damals wohl niemand.
Entscheidend für den Durchbruch des iPad war, dass Apple das Gerät um das für Touchscreens entwickelte Betriebssystem iOS entwickelte und sich nicht an einem touch-freundlichen OS X versuchte. Dies führte zwar zunächst zu einigen ätzenden Kommentaren, in denen gewitzelt wurde, dass das iPad nicht viel mehr sei als ein zu gross geratener iPod Touch. Zuletzt lachen durfte dann aber Apple, als sich abzuzeichnen begann, dass das Gerät reissenden Absatz finden würde. Der Erfolg setzte sich fort - bis heute wurden über 220 Millionen iPads verkauft - und die Apple-Flunder fand schnell Nachahmer in Form von zahlreichen Android-Tablets.