22.09.2016, 11:17 Uhr
Wie die NSA mit Handydaten Drohnenmorde durchführen kann
Drohnen können Mobilfunktelefone auf fünf Meter genau anpeilen und darauf schiessen, sagt ein Deutscher Gutachter. Und bringt damit die Bundesregierung und den Geheimdienst in die Bredouille, die bisher das Gegenteil behaupteten.
Im Deutschen Bundestag wurde 2014 ein NSA-Untersuchungsausschuss eingesetzt, der Ausspähungen ausländischer Geheimdienste in Deutschland aufklären soll. In diesem Rahmen wurde auch die Frage untersucht, inwieweit Deutschland die USA beim Drohnenkrieg in Mittelasien und im Nahen Osten unterstützt. Die Bundesregierung und Geheimdienstmitarbeiter beteuerten stets, dass man da kaum eine grosse Hilfe sei. Zwar würden Handynummern von Verdächtigen weitergegeben, diese seien aber zu ungenau, um Ziele lokalisieren zu können. In einem Gutachten kommt der deutsche Informatikprofessor Hannes Federrath allerdings zu einem anderen Schluss. Auf "Netzpolitik.org" schreibt er, das Telefonnummern von Mobilfunknutzern sowie die internationale Teilnehmererkennung IMSI weltweit zur Ortung eingesetzt werden können. Voraussetzung sei, dass in der jeweiligen Region eine Funkabdeckung vorhanden sei.
Seine Untersuchung zeige, dass nicht nur IMSI und Telefonnummmer, sondern auch die IMEI (International Mobile Equipment Identity), die Electronic Serial Number (ESN), der Mobile Equipment Identifier (MEID) sowie weitere personenbezogene beziehungsweise gerätespezifische Identifizierungsmerkmale wie beispielsweise die MAC-Adresse, die Datenverkehr zu einem Gerät oder einer Person zuordnen könne, für die Drohnenpiloten ausreichen würden. Ferrath schränkt ein, dass die Genauigkeit der Lokalisierung mit der Funkzellendichte des Netzes zusammenhängt, die in Deutschland grösser sei als in den für die NSA interessanten Regionen. Funkonieren würden die Techniken aber auch dort.
Um Mobilfunknutzer zu lokalisieren, würden die unbemannten Flugobjekte in der Regel mit IMSI-Catchern ausgerüstet, schreibt Federrath. Ein solches Gerät simuliert eine Funkzelle und liest Kennungen und Gerätenummern aus. Die USA würden auf Drohnen unter anderem den IMSI-Catcher Gilgamesh einsetzen, "welcher laut Herstellerbeschreibung für das Frequenzspektrum des GSM-Mobilfunknetzes ausgelegt ist. Die Sendeleistung dieses IMSI-Catchers ist vermutlich so gross, dass in Abhängigkeit von den geographischen und atmosphärischen Bedingungen eine Funkzelle mit einem Radius von max. 15 km aufgespannt werden kann", schreibt Federrath. Nach Auffinden einer bekannten IMSI bzw. IMEI könnte der IMSI-Catcher den aktuellen Ort des Mobilfunkgeräts mit dem Radio Resource Location Service Protocol (RRLP) abfragen
Zur Peilung der Funkwellen würde Richtungspeilung (Angel of Arrival AoA) und/oder Laufzeitpeilung (Time of Arrival ToA) angewendet. Der Einsatz dieser Methoden durch Drohnen ist laut Gutachten zwar "nicht belegt", erscheine jedoch "technisch plausibel" und sei von interessierten Privatpersonen vergleichsweise einfach durchzuführen. Mithilfe des Radio Resource Location Service Protocol (RRLP) sollen per GPS oder anderen Ortungsverfahren ermittelte Standortdaten abgefragt werden können, schreibt Federrath. Bei der Kommunikation zwischen beiden Geräten werde auch die Empfangsrichtung der Funkwellen bestimmt. Die Position des Mobiltelefons ergebe sich dann aus dem Schnittpunkt der Erdoberfläche mit dieser Empfangsrichtung.
Darüber hinaus ergäben sich auch Ortungsmöglichkeiten durch Zugriff auf den Internet-Datenverkehr, wenn jemand etwa Google Maps über ein Smartphone verwende, schreibt Federrath, führt dies aber nicht gross aus. Die Namen von WLAN-Hotspots könnten ebenfalls zur Positionsbestimmung dienen. Das übliche Verfahren zur Zielführung mit Laser dürfte aber das mit den beschriebenen erweiterten Methoden der Fernlenkung sein. Generell liessen sich Mobilfunkgeräte damit aber nicht direkt Personen zuordnen. Zu diesem Zweck müssten gegebenenfalls weitere Aufklärungsansätze hinzutreten.
Die auf Drohnen eingesetzten Methoden zur autonomen Lokalisierung sollen je nach Einsatzbedingungen aus einer Höhe von 2 Kilometern die Lokalisierung mit einer Genauigkeit von 5 bis 35 Metern erlauben. Durch die Wahl einer tieferen Flughöhe könne die Genauigkeit weiter gesteigert werden. GPS-fähige Mobilfungeräte ermöglichen die Lokalisierung mit einer Genauigkeit von unter 10 Metern. Weitere Informationen wie beispielsweise Video, Signals Intelligence oder Human Intelligence seien zur Aufklärung des Zielgebiets gegebenenfalls hilfreich, aber für eine hinreichend genaue Ortung nicht notwendig. Federraths Fazit: "Eine Telefonnummer (typischerweise die MSISDN) bzw. die netzinternen Rufnummern und Gerätekennungen (z.B. die IMEI und IMSI) sind unter günstigen atmosphärischen Bedingungen als einzige technische Daten ausreichend, um eine Fernlenkwaffe mit einem tödlichen Radius von 5 Metern mit hinreichender Treffergenauigkeit für eine gezielte Tötung einsetzen zu können. Die Zielführung mit Laser auf Basis einer zuvor durchgeführten Lokalisierung mit den beschriebenen Verfahren dürfte jedoch das übliche Verfahren der Fernlenkung sein." Nun darf man gespannt darauf sein, ob die Deutsche Regierung und die Geheimdienstler das Gutachten anerkennen. Oder ob die Ergebnisse von Fedderath dementiert oder einfach totgeschwiegen werden.