FFHS Business Breakfast
13.10.2017, 14:17 Uhr
KI, Kaffee und Klamotten
Das Thema künstliche Intelligenz ist ein Hype. Doch was bringt sie Unternehmen? Und verhindert man fehlgeleitete Algorithmen? Hierüber diskutierten Referenten mit Gästen am jüngsten Business Breakfast der Fernfachhochschule Schweiz im Landesmuseum in Zürich.
Die Besucher des Business Breakfast der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) diskutierten mit den Referenten über die Chancen und Gefahren von Deep Learning für Unternehmen. (Bild: NMGZ)
Hinter dem Begriff künstliche Intelligenz verbergen sich verschiedene Teilbereiche der IT. Einer ist das sogenannte Deep Learning. Hierbei versuchen Algorithmen anhand von einem Menschen vorgegebener Regeln etwas zu lernen; etwa das Gesicht einer Person auf einem Foto zu erkennen. Oder auch nur zwischen Hund und Katze auf einem Bild zu unterscheiden. Das ist gar nicht so einfach, wie Beat Tödtli, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS), am Business Breakfast erklärte. Rund 50 Gäste hatten sich zu dem Event der FFHS eingefunden, um bei Kaffee und Gipfeli über die Chancen und Grenzen von KI-Technologien wie neuronale Netzwerke und Deep Learning zu diskutieren.
Jedes Kleinkind lernt schneller
Ein Deep-Learning-System müsste rund 25'000 Bilder analysieren, um zu erkennen, ob es sich bei einem Foto mit einem Hund und einer Katze darauf auch tatsächlich um die Tiere handelt. Ein Kleinkind lerne schneller, kommentierte der Wissenschaftler an der Veranstaltung im Zürcher Landesmuseum. Dennoch reichen solche Algorithmen, um etwa Produkte auf Bildern zu bestimmen. Und nicht nur das: Mit der Bilderkennung können auch Geschäftsmodelle aufgebaut werden, wie Lukas Bosshard demonstrierte, Co-Gründer und CTO des Start-ups Fashwell. Bosshard und seine Mitstreiter entwickelten ein lernendes System für Retailer im Mode-Business.
Fashwells Algorithmus erkennt auf Fotos die dargestellten Produkte wie Shirts, Shorts oder Schuhe. Diese vergleicht der Algorithmus mit einem Katalog an vergleichbaren Produktbildern und stellt diese der Originalaufnahme gegenüber. Auf diese Weise können etwa Fashion Victims den aktuellen Look ihrer Instagram-Idole nachkaufen. Ein gewaltiges Potenzial für Retailer, etwa im Fast-Fashion-Geschäft wie Zalando. Interessierten Händlern bietet Fashwell eine API zu ihrem System an. «Wenn man sieht, was die IT in den letzten 20-30 verändert hat, muss man diesen aktuellen Paradigmen-Shift beachten», sagte Bosshard. Er sieht drei Felder für Innovation, die mit Deep Learning möglich sind. Erstens repetitive Aufgaben, die sich schnell erledigen lassen, wie etwa die Produkterkennung. Desweiteren gebe es Business Prozesse, bei denen etwa Chatbots Kunden helfen oder zumindest Service-Mitarbeiter unterstützen können. Ein dritter Bereich seien neuartige Geschäftsmodelle. Nächste Seite: Wenn Algorithmen auf Abwege geraten
Ein Nachmittag reicht für die Entwicklung eines Deep-Learning-Systems
Ein Beispiel sei die App Vivino. Mit ihrer hilfe fotografieren Anwender ein Weinetikett mit ihrem Smartphone. Anschliessend analysiert ein Algorithmus das Etikett und gleicht seine Erkenntnisse mit einer Datenbank ab. Zuletzt zeigt die App dem Nutzer in einer Übersicht den Namen des Weins an, nennt Jahrgänge und Preise. Mit menschlichen Mitarbeitern wäre ein solcher Dienst nicht machbar, sagte Bosshard und fügte an: «Das ist ein neues Geschäftsmodell, dass sich durch Deep Learning entwickelt hat.» Die heutige Technik erleichtert laut Bosshard den Einstieg in das Deep Learning. Heute könnten Start-ups auf den Schultern von Giganten wie Google oder Amazon neue Anwendungen entwickeln. «Sie können an einem Nachmittag ein erstes Deep-System aufsetzen, sagte Bosshard auch mit Hinblick auf KMUs, die sich keine Data-Science-Abteilung leisten können oder wollen. Schwierig werde es allerdings, wenn Probleme auftauchten, etwa beim Programmieren einer Anwendung.
Wenn Algorithmen auf Abwege geraten
Der Algorithmus ist eine Sache. Die zugrunde liegenden Datensätze eine andere. Daten bilden das Fundament für ein Deep-Learning-System. Parameter geben dem Algorithmus vor, wie er die Daten zusammensetzen kann. Doch nicht immer kommt etwas sinnvolles dabei heraus wie Matthias von Rohr aufzeigte, Datenwissenschaftler bei My Data.
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Ich sehe weisse Menschen
Das KI-System Beauty AI sollte vergangenes Jahr als neutraler Juror Bilder von Menschen analysieren und quasi wie im Märchen die Schönsten im Land bestimmen. Menschen weltweit konnten über eine App ihr Foto aufnehmen, analysieren und ihr Aussehen bewerten lassen. Das Experiment schlug fehl. Die KI adelte fast nur angelsächsische, weisse Menschen und ein paar wenige mit asiatischen Gesichtszügen. Was war passiert? Der Datensatz mit dem der Algorithmus lernte was schön ist, enthielt zu wenig verschiedene Ehtnien, wie Alex Zhavoronkov, Beauty.AIs Chefwissenschaftler gegenber dem Guardian sagte.
Algorithmen offen legen
Bei einem experimentellen Schönheitswettbewerb mag das kein Problem sein. Doch was, wenn künftig geschäftskritische Systeme oder KI-Assistenten im Gesundheitsumfeld ihre Erkenntnisse auf Zerrbildern der Wirklichkeit aufbauen? Diese Frage sorgte für reichlich Diskussionsstoff unter den rund 50 Gästen. Eine Antwort: Transparenz schaffen. Hierin schienen sich Gäste und Redner einig. Wenn Entwickler die Vorgehensweise ihrer Algorithmen offen legen und aufzeigen, mit welchen Daten der Algorithmus trainiert und arbeitet, kann man die Ergebnisse nachvollziehen. Und, wie etwa im Fall von Beauty.AI, Fehlentwicklungen korrigieren oder im besten Fall vermeiden.