11.05.2012, 16:29 Uhr

Facebook - die nächste Internet-Blase?

Wenn alles nach Plan läuft geht das Social-Media-Unternehmen Facebook noch Ende Mai an die Börse. Die Benutzerzahlen auf sind enorm: Rund 900 Millionen Anwender greifen auf die Plattform zu, mehr als die Hälfte per Mobilgerät, sprich Notebook, Tablet oder Smartphone.
Mark Zuckerberg könnte das Lachen bald vergehen.
Mit dem geplanten Börsenstart, der auf den amerikanischen Handelsplatz beschränkt ist, musste Facebook-CEO Mark Zuckerberg erstmals detaillierte Umsatz- und Gewinnzahlen veröffentlichen. Und die haben gleichermassen Betriebsökonomen wie Branchenexperten enttäuscht.  Der Reihe nach: Facebook beziffert seinen Börsenwert auf ungefähr 100 Milliarden US-Dollar. Verantwortlich für die Höhe dieser Wertschätzung der Firma ist deren Preispanne für die Aktien, die am Stichtag des Börsenstarts herausgegeben werden. Facebook will insgesamt 337 Millionen Aktien absetzen, pro Aktien wird ein Ausgabepreis zwischen 28 bis 35 Dollar gehandelt. Aus diesem Summenspiel resultieren Einnahmen zwischen 9,4 bis 11,8 Milliarden Dollar. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wunsch und Wirklichkeit

Wunsch und Wirklichkeit

Im Gegensatz dazu hängt auf der Käufer- sprich Investorenseite ein erfolgreicher Börsenstart immer auch von den aktuellen Geschäftszahlen, respektive Entwicklungschancen ab. Facebook hat im abgelaufenen Jahr 2011 einen Umsatz von 3,7 Milliarden US-Dollar ausgewiesen. Der Nettogewinn lag bei rund einer Milliarde Dollar, was einer Rendite von 27 Prozent entspricht. Genau das ist er Stein des Anstosses: Gemessen an dem theoretischen Börsenwert von 100 Milliarden US-Dollar, erwirtschaftet das Unternehmen zu wenig Geld. Zum Vergleich mit Google: dessen aktueller Börsenwert wird mit etwa 200 Milliarden Dollar angegeben, bietet aber bei Umsatz und Gewinn ein um den Faktor 10 höheres Ergebnis. Und auch beim Geschäftsmodell ist bisher noch keine Erfolgsstrategie zu erkennen, vor allem wie Facebook seine enorme Mitgliederzahl auch in ein lukratives nachhaltiges Werbemodell umwandeln sprich in Geld ummünzen kann. Im Gegenteil: Facebook erwirtschaftet ungefähr 85 Prozent seines Umsatzes direkt mit Werbung auf seiner Internetseite. Das Problem, das Zuckerberg, nach den jüngsten vorliegenden Zahlen hat: Der Werbeumsatz pro Benutzer stagniert – und zwar seit längerem. Er beträgt seit gut 1,5 Jahren rund einen US-Dollar pro Quartal. Dies bedeutet hinsichtlich des Wachstums, dass Facebook bisher aus einer steigenden Mitgliederzahl seinen Mehrwert abschöpft. Das ist auch einer der Kritikpunkte des Börsengangs: Denn eigentlich planen Unternehmen nur dann einen Börsengang, wenn sie mit frischem Kapital ihr starkes Wachstum stützen wollen. Eine Steigerung beim Werbesystems, sprich Wachstum, gibt es aber in diesem Sinne bei Facebook nicht. Diesem Dilemma wollte der Konzern gegensteuern, und erhöhte die Einblendung entsprechender Werbekampagnen. Die Folge: Eine Abnahme der Klickraten auf platzierten Werbebannern. Mittlerweile beträgt die Klickrate noch 0,04 Prozent. Oder andersrum: Von 2500 aktiven Anwendern klickt nur noch 1 Benutzer auf eine Werbebotschaft. Noch schlimmer: Nach einer aktuellen Erhebung sinkt die Zahl im ersten Quartal 2012 um weitere sechs Prozent. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Fakten sprechen gegen Facebook

Fakten sprechen gegen Facebook

Gegenwind kommt auch deshalb immer häufiger von Werbekunden. So meint Martin Sorrell von der Werbeagentur WPP: «In der Vergangenheit traute sich niemand nicht auf Facebook zu sein. Mittlerweile rechnen unsere Linden ganz genau durch, ob sich Engagement auf der Plattform lohnt.» Auch der sehr starke Trend des mobilen Internets (vor allem bei Facebook-Nutzern) ist für das Kerngeschäft nicht förderlich. Da die Bildschirme solcher Geräte, wie etwa bei Smartphones, sehr klein ausfallen, lassen sich Werbeeinblendungen oft meist nur unzureichend wiedergeben: Mobile Werbung ist gegenüber Online-Werbung im Nachteil.

Wette auf die Zukunft

Facebook will sich deshalb auch in anderen Geschäftsfeldern Fuss fassen: Beispielsweis im E-Commerce, also als Online-Händler. Auch aus diesem Grund hat Facebook sein Marketing und Verkaufsteam um knapp 50 Prozent auf 3500 Mitarbeiter aufgestockt. Aber auch hier bleibt zumindest bisher der Erfolg aus. Jüngste Schliesslungen der Online-Stores von GAP oder auch Nordstrom zeigen das schwindende Interesse und Vertrauen in Facebook als Handelsplatz. Hier sieht auch Ökonom Holger Schmidt das Problem, dass «Facebook nicht als Verkaufs- sondern als Kommunikationsplattform wahrgenommen wird.» Wenn ich eine CD, Velo oder Auto kaufen will, gehe ich zuerst zu Google, um mich dort zu informieren. Und: «Nur wenige Internetaktien, wie etwa Google oder Amazon haben letztendlich funktioniert. Danach wir es aber sehr dünn», so Schmidt weiter. Er rät von einem Aktienkauf ab. Was also vorest bleibt, ist eine massive Menge an Potenzial, das Facebook versprüht - mehr leider aber auch nicht. Den Beweis einer Verkaufsstrategie, die auch nachhaltig Erfolg verspricht, bleibt der Social-Media-Dienst bis auf weiteres schuldig. Deshalb dürfte der Konzern bis auf weiteres auch auf die Geduld seiner Grossinvestoren angewiesen sein. Oder andersrum: Facebook ist eine lohnende Wette auf die Zukunft - zumindest für diejenigen, die es sich leisten können.



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