Aufwendig, aber doch unverzichtbar
Formalia erdrücken Unternehmergeist
Bei den Spezialisten für Software-Entwicklung und -Integration von Intersys wird die Lage ähnlich eingeschätzt. Mit einem Anteil von 10 bis 20 Prozent an öffentlichen Aufträgen ergänze man das Geschäft mit Privatunternehmen. Wie der CEO Adrian Hutzli erklärt, helfen diese Aufträge auch dabei herauszufinden, wie das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Firma im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern im In- und Ausland ist. Erst vor wenigen Jahren habe man damit begonnen, Ausschreibungen konsequenter zu bearbeiten, sagt Hutzli weiter. Denn Aufwand und Ertrag seien «lange in einem schlechten Verhältnis gestanden». Seither sei der Anteil an erfolgreich abgeschlossenen Ausschreibungen stabil geblieben.
“Ausschreibungen zwängen den Auftraggeber in ein ‹Korsett› und nehmen ihm damit eine gewisse unternehmerische Freiheit„
Adrian Hutzli, Intersys
Laut Hutzli können KMU zwar öffentliche Aufträge bekommen. «Aber aus unserer Erfahrung werden die wirklich spannenden und strategischen Aufträge mehrheitlich an Grossunternehmen oder aus finanziellen Gründen an ausländische Marktteilnehmer mit einem kleinen Ableger in der Schweiz vergeben.» Das geschehe zum Beispiel, weil Zertifikate verlangt würden, die für die Projekte nicht von Bedeutung seien. Weiter kritisiert der Intersys-CEO, dass «in sehr vielen Fällen die Art und Weise, wie Ausschreibungen durchgeführt werden, nicht zielführend für beide Seiten» ist. Probleme würden bereits bei der Rechtsgrundlage von Entscheidungen beginnen, die den Auftraggeber dazu zwinge, sich in ein «Korsett» zu zwängen und ihm damit auch eine gewisse «unternehmerische» Freiheit nehme. Hutzli ergänzt: «Ein agiles Ausschreibungsverfahren, wie es für viele Vorhaben von Vorteil wäre, ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht möglich. Dass man einen Entscheid juristisch anfechten darf, ist das Grundübel.» Ob sich durch die Revision des Beschaffungsrechts Verbesserungen abzeichnen, ist ihm zufolge noch offen.
Interessant ist, dass auch Nomasis-COO (Chief Operating Officer) Martin Blattmann die Nische betont, in der KMU durchaus bei öffentlichen Aufträgen zum Zuge kommen können. Als Experte für die Entwicklung und den Betrieb kundenspezifischer mobiler IT-Infrastrukturen besetze man die Nische des mobilen Arbeitens und würde deshalb auch bei Behörden eingesetzt. Gleichwohl beteilige sich Nomasis nur selektiv an Ausschreibungen. «Entscheidende Kriterien sind, dass wir einen Mehrwert für den Kunden schaffen und uns von Mitbewerbern differenzieren können», sagt Blattmann. Da die eigenen Ressourcen begrenzt seien, kläre man jeweils, ob sich eine Teilnahme überhaupt lohne und ob mit den zur Verfügung gestellten Mitteln eine Ausschreibung gewonnen werden könne. Dabei gehe es auch darum zu erkennen, «ob tatsächlich ein Auftrag vergeben wird oder ob der Anbieter quasi schon feststeht und die Ausschreibung lediglich der Form halber gemacht wird».