Jetzt erst recht!

Ein gutes Projektmanagement ist krisenresistent

Müssen Firmen ihr Projektmanagement wegen Corona nun neu ausrichten? Nein, antwortet Silvio Zingg, Leiter E-Business bei der Migros-Tochter Ex Libris auf diese Frage. Die Digitalisierung sei ein fortschreitender Prozess und Corona habe die Projekte im Unternehmen weder beschleunigt noch verlangsamt. Man setze schon lange digitale Projekte um, die ein bruchloses Einkaufserlebnis über mehrere digitale Kanäle und analoge Touchpoints ermöglichten. Die Digitalisierung des Geschäftsmodells erweise sich heute als der Erfolgsfaktor schlechthin bei Ex Libris.
“Es ist äusserst wichtig, dass alle voneinander wissen, welche Ziele verfolgt werden„
Pascal Sieber, sieber&partners
Der Industriekonzern Siemens gibt ebenfalls an, dass alle internen Projekte in der Schweiz trotz Corona weiter­gelaufen seien. Das Geschäft von Siemens habe auch nicht gelitten, teilt Michael Sturzenegger mit, IT Head Siemens Schweiz. Es sei sogar möglich gewesen, Projekte wie den Ausbau des neuen Hochleistungs-Wi-Fi sowie die Umstellung auf Software-defined WAN noch zu beschleunigen. Wegen Corona würden nun aber alle Projektmeetings und Workshops virtuell stattfinden. Losgelöst davon habe man entschieden, dass künftig alle Mitarbeitenden wenn möglich zwei bis drei Tage remote arbeiten können. Das erfordere ein Umdenken und eine gewisse Flexibilität. Eine Transition, die derzeit bei vielen Unternehmen voranschreitet.
Je digitaler also ein Unternehmen, desto besser meistert es Corona? «Grundsätzlich ja», antwortet Russ auf diese Frage. Ein hoher Digitalisierungsgrad helfe aktuell gerade bei der Automatisierung bestehender Geschäftsprozesse und interner Abläufe. Speziell in einem Lockdown, in dem es vielen Unternehmen gelinge, das Tagesgeschäft mit Home Office und verteilten Applikationen aufrechtzuerhalten. Die digitale Optimierung der eigenen Geschäfts­prozesse sei zwar nichts Neues, gibt Russ zu bedenken. Die Dringlichkeit der Projekte habe sich aber nun erhöht.

Mehr Agilität und Experimente – jetzt oder nie!

«Die Trends der letzten Monate haben unsere strategische Stossrichtung bestätigt», sagt Julian Däster, Head of eCommerce Operations von Manor. Das Warenhaus investiert aktuell in einen Marktplatz, seinen Onlineshop und neue Omnichannel-Services. Jetzt sei es besonders wichtig, mit Agilität auf die dynamischen Umstände reagieren zu können. «Aber als klassischer Retailer hinken wir bezüglich Digitalisierung historisch natürlich etwas hinterher», sagt Däster. Im September habe man kurzfristig eine Verfügbarkeitsanzeige auf manor.ch umgesetzt.
Im Eiltempo sei auch ein Pilot lanciert worden, der es Kunden ermögliche, Produkte in einer Filiale über die Website zu reservieren und innerhalb weniger Stunden abzu­holen. Der Fokus liege aktuell auf einer Omnichannel-Zielarchitektur, auf der man Innovationsprojekte aufbauen könne. «Es ist aber klar, dass wir aufgrund des Lockdowns stark auf die Kosten schauen und uns noch stärker fokussieren müssen», sagt Däster. Um die verschiedenen Initiativen besser priorisieren zu können, habe Manor ein neues Projektportfolio-Management ins Leben gerufen. Microsoft Teams helfe, die Kommunikation effizienter und transparenter zu machen. In der Digitalabteilung laufe zudem ein Pilotprojekt, das sich um die Management-Methode «Objectives and Key Results» drehe. Das Projekt soll die agile Planung auch ausserhalb der Softwareentwicklung vorantreiben, erklärt Däster.
Agilität sei in dieser Krise eindeutig ein Erfolgsfaktor, sagt Norman Briner, Transformation Consultant bei sieber&partners. Wer schnell auf die veränderte Nachfrage reagieren könne, profitiere oder könne zumindest den Schaden abfedern. Die Krise sei eine grosse Chance, weil Kunden und Partner aktuell mehr Verständnis für Fehler aufbringen würden, die mit neuen Prozessen und Geschäftsmodellen oft einhergehen. Es sei nun fast der ideale Zeitpunkt, um zu experimentieren. «Unternehmen sollten diese Chance nun wahrnehmen», sagt Briner.



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