Warum Digitalisierungsprojekte scheitern

Komplexität

Nach der Erfahrung von Cloudflight-CEO Carlo Velten wird das Thema technische Komplexität häufig unterschätzt. Dabei können Fehlentscheidungen bei der Technologiewahl zu Projektbeginn bereits den Grundstein für ein Scheitern legen: «Welche Architektur, welche Technologien, welchen Cloud-Provider und welches Datenmodell ich wähle, entscheidet später bei der Entwicklung, Implementierung und Anpassung über Erfolg oder Misserfolg», ist der Analyst überzeugt.
Markus Kammermeier von Change42 empfiehlt, Prinzipien aus dem Lean Development anzuwenden, um der Komplexität in Digitalisierungsprojekten Herr zu werden: «Es ist in Ordnung, gross zu denken, man sollte aber so klein wie möglich starten und von Anfang an Orientierungsphasen einplanen», empfiehlt der Consultant, «Minimum Viable Products (MVPs) sollten deutlich bewusster in der Projektplanung genutzt werden. Das gilt für Technologien, Produkte und Prozesse.»
“Wenn Digitalisierungsprojekte scheitern, wird das oft auf kulturelle Probleme geschoben.„
Carlo Velten Gründer und CEO von Cloudflight
Ein Knackpunkt in jedem Digitalisierungsprojekt ist der Übergang vom Proof of Concept (PoC) in den Produktivbetrieb. «Häufig wird nicht berücksichtigt, dass zu einem neuen Geschäftsmodell mehr gehört, als nur das Produkt oder der Service», sagt Velten. «Wer kümmert sich um Infrastruktur, Sicherheit und Lizenzmanagement?, Wer macht das Marketing und den Kundensupport?, Wie stelle ich einen 24x7-Betrieb sicher?», seien einige der Fragen, die im Vorfeld beantwortet werden müssen.
Auch die Kosten für eine solche Service- und Betriebsmannschaft würden in vielen Fällen unterschätzt: «Oft sind die Aufwände für Kundenakquise, Abrechnung, Cloud-Ressourcen, Service- und Lizenzmanagement so hoch, dass das Unternehmen mit jedem weiteren Kunden Geld verliert», so Carlo Velten.
Selbst die Arbeitsteilung, das Erfolgsrezept der industriellen Revolution, führt nach Ansicht der Berater von Accenture zu zusätzlicher Komplexität und bremst so die Digitalisierung. «Von der Chefetage bis zum Pförtner herrscht die perfekte Abgrenzung», heisst es in der «Weckruf»-Studie. Statt Geschäftsprozesse immer effizienter und schlanker zu machen, sei ein Perspektivenwechsel notwendig. «Anstatt vom Kunden und seinem Nutzen zu kommen, orien­tieren sich die meisten Digitalisierungsprogramme weiterhin an den Nutzungspotenzialen der Technologie», bemängelt Patrick Vollmer, Zentraleuropa-Geschäftsführer bei Accenture.



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