20 Jahre Visual Basic 03.06.2011, 08:04 Uhr

Rückblick und Ausblick

Kaum eine Programmiersprache kann auf eine so lange Geschichte zurückblicken wie Visual Basic. Zum 20. Geburststag liefert Microsoft die von einigen Entwicklern lang erwartete Unterstützung für XNA nach.
Endlich auch für VB: Templates für XNA Phone und Xbox 360
Vor etwas mehr als 20 Jahren lancierte der damalige Microsoft-Chef Bill Gates an der «Windows World» in Atlanta die Programmiersprache Visual Basic 1.0. Wie bei so manchem Produkt war auch bei Visual Basic die Idee nicht bei Microsoft entstanden. Ideengeber war der Software-Entwickler Alan Cooper, der einen Prototyp des damaligen Formular-Designers, Gates zeigte. Der Microsoft-Mitgründer erkannte das Potential sofort und stellte einen Scheck in unbekannter Höhe aus. Ursprünglich hätte das von Alan Cooper in C geschriebene Frontend mit Quick C zu einem «Visual C» kombiniert werden sollen, doch Gates entschied, dass das damalige QuickBasic dafür besser geeignet sei. Visual Basic war geboren.
Die Sprache war allerdings kein sofortiger Erfolg, da der 1.0-Version praktisch alle professionellen Funktionen fehlten. Der Durchbruch kam erst mit Version 3.0, die die damalige Jet-Engine, die auch von Microsoft Access verwendet wurde, als DBMS enthielt und die Data Access Objects (DAO) als den ersten objektorientierten Layer oberhalb der Datenbank. Wer sich auf eine Reise in die Vergangenheit begeben möchte – für MSDN-Abonnenten stehen die Visual-Basic-Versionen ab 2.0 noch als Download zur Verfügung.

Visual Basic auf dem Abstellgleis?

Mit der Version 6.0 kam es zu einem Bruch, der auch für die kurzlebige Software-Branche aussergewöhnlich gewesen sein dürfte. Microsoft entschied die damals sehr erfolgreiche Visual-Basic-Produktlinie nicht fortzuführen und Visual Basic 6.0 durch einen Nachfolger zu ersetzen. Dieser war auf der Grundlage des 2001 eingeführten .NET Frameworks komplett neu entwickelt worden und zu seinem Vorgänger nicht kompatibel. Auch wenn der Nachfolger Visual Basic .NET 1.0 intern Versionsnummer 7.0 trug und die neue Sprache zum Befehlssatz von Visual Basic 6.0 zu 90 Prozent kompatibel war, gab es so viele Unterschiede, dass eine einfache Migration im Allgemeinen nicht in Frage kann. In Anbetracht der Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt auch in der Schweiz viele Unternehmen grosse Visual-Basic-Anwendungen im Einsatz hatten, hat dieser Bruch zu einiger Unruhe in der Community geführt. Erschwerend kam hinzu, dass die Programmiersprache C#, in der auch Teile des .NET Frameworks geschrieben wurden, von Microsoft zur «de facto»-Sprache des .NET Framework erklärt wurde. Nicht wenige Visual-Basic-Entwickler befürchteten daher, dass es nur eine Frage der Zeit sei bis Visual Basic .NET auf ein Abstellgleis geschoben werden würde. Nächste Seite: Zukunft von Visual Basic
Weder der Ärger vieler Entwickler über den Inkompatibilität noch die Befürchtung, dass die Entwicklung von Visual Basic eingestellt werden könnte, sind heute noch ein Thema. Kein Geringerer als C#-Erfinder Anders Hejlsberg hatte bereits auf der Entwicklerkonferenz PDC 2008 eine «Co-Evolution» beider Sprache angekündigt. Mit Version 4.0 hat C# optionale Parameter und bekannte Argumente erhalten, mit der nächsten Version wird es bei Visual Basic endlich Iteratoren  und einen Yield-Befehl geben. Im Rahmen der Visual Studio Async CTP, die vor kurzem auf das Service Pack 1 angepasst wurde, stehen diese Sprachelemente bereits als Vorabversionbereit.

Visual Basic für Handy und Konsole

Zu den wenigen Bereichen, in denen bislang nur C# eingesetzt werden konnte, gehörte die Entwicklung von Apps und Spielen für XNA. Auf das Framework setzen vor allem Spiele mit 3D-Unterstützung für Windows Phone und Xbox 360. Mit dem XNA Game Studio 4.0 Refresh, das Teil der vor wenigen Tagen freigegebenen Windows Phone Developer Tools 7.1 Beta (auch «Mango Toolset» genannt) ist, können ab sofort XNA-Spiele mit Visual Basic umgesetzt werden. Damit ist DirectX-Programmierung erstmals mit Visual Basic möglich. Hier gibt es zurzeit aber noch einige Einschränkungen: Entwickelt wird entweder mit Visual Studio 2010 Express for the Windows Phone – in diesem Fall muss lediglich das XNA Game Studio 4.0 Refresh installiert werden – oder mit Visual Studio 2010 Professional. Im letzteren Fall muss nicht nur das Service Pack 1 installiert werden, es müssen gegebenenfalls auch zahlreiche Komponenten wieder entfernt werden, wie zum Beispiel Expression Blend 4 und ein möglichweise installiertes Expression Blend 3 SDK.
Nach erfolgreicher Installation stehen in Visual Studio 2010 Professional für Visual-Basic-Entwickler in der Kategorie «XNA Game Studio 4.0» zahlreiche Templates zur Verfügung, wie Windows Phone Game (4.0) oder Xbox 360 Game (4.0). Ein Word-Dokument beschreibt die ersten Schritte mit Visual Basic und XNA 4.0. Mit dem kleinen XNA-Update liefert Microsoft für Visual-Basic-Entwickler nicht nur ein Puzzle-Stück nach, zum 20-jährigen Jubiläum wird Visual Basic dadurch auch für Programmiereinsteiger wieder richtig attraktiv. Wenn das nicht richtig gut tönt.
Peter Monadjemi


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