21.03.2012, 08:00 Uhr

Green IT fängt bei der E-Mail an

Axa Winterthur trimmt seine IT auf Energieeffizienz und setzt dabei am Arbeitsplatz jedes einzelnen Angestellten an. Nebenbei bringt der Konzern auch Windows das Stromsparen bei.
Ein Modell wie «Bring Your Own Device», über das hiesige Unternehmen immer häufiger nachdenken, wäre für die IT des Versicherungsunternehmens Axa Winterthur derzeit eher kontraproduktiv. Grund dafür sind aber weder Sicherheitsbedenken noch die Gerätevielfalt, sondern die Energiebilanz. Denn brächten alle Mitarbeiter ihre eigenen Computerboliden mit, würde das die unternehmensweiten Vorgaben für einen möglichst tiefen Energieverbrauch unterlaufen. «Aktuell ist der Hardware-Park aufs Stromsparen getrimmt», sagt Martina Blum, Leiterin Umweltmanagement bei Axa Winterthur. Ganz verschliessen kann sich der Versicherungskonzern dem neuen IT-Konzept allerdings nicht. «Bring Your Own Device» gibt es zurzeit beim Handy: Hier darf jeder Angestellte das Modell nutzen, mit dem er am besten arbeiten kann. Aufladen lassen sich die Telefonakkus auch weiterhin im Büro. Andere private Geräte sind dagegen in den Geschäftsräumen weitgehend verboten. Im Sinne des Umweltschutzes hatte die Geschäftsleitung im vergangenen Jahr strenge Energierichtlinien verabschiedet: Stromfresser wie ineffiziente Kühlschränke oder Kaffeemaschinen wurden aus den Büros verbannt. Ausserdem muss darauf geachtet werden, dass nach Sitzungen immer das Licht gelöscht wird. Ziel der Geschäftsleitung, berichtet Blum, sei allerdings nicht, die Stromsparmassnahmen rein mit Reglementen durchzusetzen. Vielmehr sollen die Mitarbeiter motiviert werden, energiebewusst zu handeln.

Kostenstelle für E-Mails

Ganz ohne Regeln geht es aber nicht. Zum Beispiel ist die Belegschaft angehalten, statt Mails mit grossen Anhängen lieber Links zu verschicken. «Die Mitarbeiter sind sich oft zu wenig bewusst, wie viel ein Megabyte wirklich ist», erkannte Blum nach Gesprächen mit den Kollegen. In der Praxis wird ressourcenschonendes Verhalten gefördert, indem die Postfachgrösse begrenzt ist und die Kostenstellenleiter für den zusätzlichen Speicherplatz bezahlen. Jeder Vorgesetzte bekommt monatlich eine Abrechnung, in der Extra-Megabytes ausgewiesen sind. Anhand dieser konkreten «Beweise» lassen sich die Angestellten eher zu einem bewussteren Umgang mit den Ressourcen anregen. Nächste Seite: nur ein Farbdrucker pro Bürokomplex
Eine mit harten Fakten belegbare Erfolgsnachricht gibt es aus dem Bereich «Ausdrucke» zu vermelden: Farbprints hat Axa Winterthur innert Jahresfrist um 54 Prozent reduziert. Die simple Massnahme: Mittlerweile gibt es nur noch einen Farbdrucker pro Bürogebäude. Ausserdem sind farbige Ausdrucke nur noch für Kundendokumente bestimmt. «Selbst zum CEO muss niemand mehr mit Folienausdrucken ins Meeting kommen», weiss Blum aus eigener Erfahrung. Es genügt die Präsentation auf dem Notebook. «Solche Einstellungen sprechen sich natürlich herum und zeigen als Vorbildfunktion ihre Wirkung.» Beim Monochromdruck konnten die gedruckten Seiten durch die Voreinstellung des Treibers auf doppelseitigen Druck vermindert werden. «Im Halbjahr 2011 wurde rund 10 Prozent weniger Papier bedruckt als im gleichen Zeitraum des Vorjahres», berichtet die Umweltmanagerin zufrieden. In vielen Büros sehe man heute nicht mehr einen einzigen Ausdruck. Stattdessen wird die gescannte Eingangspost am Monitor gelesen.

Vom Display bis zum Headset

Wenn es beruflich erforderlich ist, kann der Standardarbeitsplatz zum Beispiel mit einem zweiten Bildschirm ergänzt werden. Allerdings achtet auch die für den IT-Betrieb zuständige Schwesterfirma Axa Technology Services bei den internen Bestellungen auf die Energiebilanz. Grosse Order über 20'000 Franken, die über den Standardarbeitsplatz hinausgehen, werden speziell erfasst und nachverfolgt. «Früher stieg in einzelnen Abteilungen plötzlich der Stromverbrauch und keiner wusste, warum», erinnert sich Martina Blum. Wenn heute ein ganzer Geschäftsbereich zusätzliche Monitore installieren lässt, werde der Energieverbrauch protokolliert und so Transparenz geschaffen. Allein wegen der Zweitbildschirme wäre der Stromkonsum vermutlich aber nicht mehr massiv höher, meint Blum. Denn schon bei der Anschaffung habe Axa Technology Services ein Auge auf die Umwelt. So wird nicht nur die Abschreibungsfrist berücksichtigt, sondern auch auf qualitativ höherwertige Geräte geachtet. Diese sind zwar teurer, halten aber laut Blum auch länger, wodurch sich der Anschaffungspreis wieder amortisiert. Teurere Geräte sind zudem oft sparsamer und ergonomischer, etwa weil sich die Monitorhelligkeit dem Umgebungslicht anpasst. Nächste Seite: Lektion für Windows Vista Neben den offensichtlichen Stromfressern gibt es aber auch solche, die nur auf den zweiten Blick zu erkennen sind. Im Rahmen einer auf den Energieverbrauch gerichteten Gebäudeprüfung kam ans Licht, dass die drahtlosen Kopfhörer für die Telefone selbst im Standby noch 9 Watt konsumieren. Diesem Energieverschwender knipsen die Mitarbeiter seither mit einer schaltbaren Steckdosenleiste abends den Strom ab. Durch diese und weitere Massnahmen, wie effizienten LED-Leuchtmitteln, konnte der jährliche Stromverbrauch von Axa Winterthur gegenüber 2008 um circa 4 Prozent reduziert werden.

Lektion für Windows Vista

Einen «kleineren» Betrag von rund 60'000 Franken jährlich spart der Konzern durch eine Software. Die Summe könnte sich aber massiv erhöhen, wenn noch andere Axa-Landesdependancen den «Green Button» installieren würden. Zurzeit ist das Programm aber nur hierzulande im Einsatz.
Der «Green Button» versetzt Windows Vista zuverlässig in den Sleep-Modus. Die Eigenentwicklung von Axa Technology Services löst das bekannte Problem des Microsoft-Betriebssystems, dass ein Rechner aus dem Sleep-Modus nicht per «Wake on LAN» hochgefahren werden kann, wenn zum Beispiel über Nacht Updates eingespielt werden sollen. Auch führt der mit Vista eingeführte «Hibernation»-Modus zu langen Wartezeiten beim Herunterfahren und beim Systemstart. Den Mitarbeitern ging morgens viel Arbeitszeit beim Hochfahren der Computer verloren. Deshalb wies Axa Technology Services die Kollegen an, die Rechner nicht auszuschalten. Mittlerweile gibt es laut Blum rund 60 Prozent «Green Button»-Nutzer. Die anderen Angestellten schalten den Rechner ab oder lassen ihn über Nacht laufen, um nicht minutenlang warten zu müssen. «Die bequemere Alternative, die auch noch massiv Energie sparen hilft, ist ein Mausklick auf den Green Button auf dem Desktop», wirbt Blum für die Eigenentwicklung von Axa Technology Services.


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