ERP-Trends 09.11.2010, 06:02 Uhr

mobil, flexibel und schnell

SAP, Oracle, Microsoft, Sage - alle grossen ERP-Anbieter bringen neue Lösungen auf den Markt. Was steckt dahinter?
SAP Chief Technology Officer Vishal Sikka startete auf der TechEd in Berlin mit einer Breitseite gegen den Erzrivalen Oracle. Die Ellison-Company hatte vor wenigen Wochen in San Francisco ihre Fusion ERP-Apps präsentiert, und setzt dabei auf eine in Layern geschichtete Enterprise-Architektur (Computerworld berichtete, Ausgabe 2010/18, S. 12). «Oracle baut riesige Stacks, aber wem bringt das was?», fragte Sikka provokativ ins Publikum. «Unsere Kunden schauen nicht nach Stacks, sondern nach Lösungen für ihre Probleme.» SAP gegen Oracle
In der Tat hat Oracle den Nachweis, dass sein Stack als Ganzes performant funktioniert, noch nicht erbracht. SAP verfolgt demgegenüber ein anderes Konzept. Der ERP-Weltmarktführer denkt nicht in Layern, sondern in stabilen Kern- und erweiterbaren Peripherieanwendungen. «Unsere Technologieplattform ist Netweaver», betonte Sikka auf seiner Eröffnungs-Keynote in Berlin. Damit sollen Kunden ihre existierenden ERP-Systeme ohne Unterbruch erweitern können. Zu den innovativsten Hot-Topic-Erweiterungen zählen In-Memory-Computing, Cloud Services, und mobile Anwendungen. Auf der nächsten Seite: «Hype-Thema Mobilität» Die Integrationsplattform Netweaver ist so etwas wie die Kommandobrücke von SAP. Beim neuen Release 7.3, das noch in diesem Jahr auf den Markt kommen soll, haben die Walldorfer noch einmal draufgelegt. Eines der Highlights sind die extrem verkürzten Upgrade-Zeiten für SAPs Business-Suite-Umgebungen. Für die Service-Pakete der Enterprise-Portale hätten sich die Downtime-Zeiten von mehreren Stunden auf fünf Minuten verkürzt, sagte SAPs Björn Görke in Berlin. Mit Netweaver 7.3 lassen sich auf der gleichen Hardware etwa 40 Prozent mehr Anwender bedienen. Ausserdem arbeitet SAPs Kommandobrücke mit IBMs WebSphere und Microsofts SharePoint zusammen und enthält einen vollständig in Java programmierten Enterprise Service Bus (ESB). SAP setzt, wie auch schon Oracle und VMware, auf das plattformoffene Java für alles, was nicht zum extrem performancekritischen Kern gehört.
Hype-Thema Mobilität
Mobile Anwendungen gehören zu den Hype-Themen, die zurzeit die ERP-Branche umtreiben. Gerade deshalb hatte SAP mit der klaren Absicht, sein Mobility-Portfolio aufzustocken, den Mobility-Spezialisten Sybase akquiriert. Sybase bereichert SAP um zwei mobile Anwendungen: Sybase Mobile Sales (für SAP CRM) und Sybase Mobile Workflow (für SAP Business Suite). Viel mehr gab es auf der TechEd aber noch nicht zu bestaunen. Denn zurzeit arbeitet SAP fieberhaft daran, die Plattformen Sybase unwired und Netweaver mobile zu verzahnen. Eine Gateway-Komponente soll alle existierenden SAP-Systeme mit der mobilen Aussenwelt verbinden. «Sie dürfen fantastische mobile Anwendungen von uns erwarten», versprach Sikka - gezeigt hat der davon aber noch wenig. Immerhin stellte der SAP Chief Technology Officer ein mobiles Software Development Kit (SDK), mit dem Kunden Mobil-Software selbst programmieren können, für Anfang nächsten Jahres in Aussicht. Lesen Sie auf der nächsten Seite: «Superschnelle In-Memory-Analysen» Superschnelle In-Memory-Analysen
Einmal im Leben komme eine Technologie daher, die alles bisher Dagewesene über den Haufen werfe, schwärmte Sikka pathetisch. Die Rede ist von In-Memory-Computing, das zu analysierende Daten in Terabyte grossen Paketen in den schnellen Hauptspeicher lädt. Schon vor Jahren setzte SAP-Co-Gründer Hasso Plattner, damals selbst von den eigenen Mitarbeitern kritisch bespöttelt, auf In-Memory, und bewies den richtigen Riecher. Heute dürfen sich die Walldorfer dank Plattner mit Recht als In-Memory-Vorreiter bezeichnen. Das Gestalt gewordene Ergebnis ist die High Performance Analytical Appliance «Hana», die Queries um den Faktor 15 beschleunigt und auch an bestehende Altlösungen wie R/3 praktisch angedockt werden kann. Die Ramp-up-Phase beginnt Ende November dieses Jahres. Sikka deutete ausserdem an, dass SAP seine Software umgeschrieben habe, um die Performance-Reserven von Mehrkernprozessoren besser nutzen zu können. Hana durchsucht eine Million Datensätze pro Millisekunde und pro Prozessorkern. Die Preis-Performance-Ratio habe sich dank In-Memory, cleveren Kompressionsalgorithmen und Mehrkerntechnologie um das 200-Fache verbessert. Microsoft Dynamics
Soweit die wichtigsten Highlights von SAPs Tekki-Messe in Berlin. In der Schweiz geht Microsoft im Dezember dieses Jahres mit einer Onlinevariante seines Dynamics CRM 2011 in die Offensive. Der Preis soll etwa 60 Franken pro User und Monat betragen. Unternehmen können das Angebot 30 Tage lang kostenlos testen. Als Pluspunkte streicht Microsoft die enge Integration in seine Server- und Collaboration-Produkte, individuell anpassbare Dashboards und eine Office-ähnliche Benutzeroberfläche heraus. Mit seinem ERP für den gehobenen Mittelstand, Dynamics AX, ist Redmond bereits im Gartner-Führungsquadranten gelandet. AX-Branchenlösungen komplettieren das Angebot. Besonderes Augenmerk legt Microsoft auf die Upgrade-Fähigkeit. Auf der nächsten Seite: «Sage X3 für die Schweiz» Sage X3 für die Schweiz
Sage stellte Anfang Oktober die Schweizer Standard-Edition seines ERP X3 vor. Anfang des Jahres hatten die Briten ihr X3 mit grossem Pomp in Paris der internationalen Presse präsentiert. ERP X3 gilt unter Experten als so etwas wie der letzte Versuch, im höhervolumigen Kundensegment doch noch Fuss zu fassen. Sage glänzt in der Schweiz bisher vor allem mit kleineren, aber sehr branchennahen Lösungen. «Die Standard-Edition Sage ERP X3 ist in dieser Ausgereiftheit die in der Schweiz wohl am schnellsten einführbare ERP-Lösung», meint Jean-Jacques Suter, CEO von Sage Schweiz.
Zu den Funktionsbereichen des unter anderem in Deutsch, Englisch und Französisch erhältlichen Sage X3 zählen Produktion, Ein- und Verkauf, Warenwirtschaft, Finanzen, Personal und Business-Intelligence-Funktionen. Offiziell bietet der Anbieter das Schweizer X3 für Unternehmen ab etwa 50 bis hinauf zu mehreren Hundert Mitarbeitern an. Im Vergleich mit der bisher in der Schweiz erhältlichen Premium-Edition bietet die jetzt eingeführte Standard-Edition einen höheren Standardisierungsgrad, was sie besonders für KMU interessant macht.


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