Schweiz-Chef
30.01.2013, 15:15 Uhr
«CA ist seine Altlasten los»
Fast die Hälfte seines Umsatzes macht CA Technologies mit Software für den Mainframe. Das Image ist angestaubt. Country Manager Jürg Schleier erklärt, wie er das ändern will.
Seit fast einem halben Jahr amtet Jürg Schleier als Country Manager von CA. Der 51-jährige Zürcher leitet ein Unternehmen, das mit seinen Produkten hierzulande zwar recht präsent ist, über das aber kaum jemand spricht. Das liegt einerseits am angeknacksten Ruf, andererseits an dem Fokus auf Mainframe-Lösungen, über die aus Sicherheitsgründen nur selten ein Wort verloren wird. Im Gespräch räumt Schleier mit Vorurteilen auf, enthüllt eine «Geheimwaffe» und erklärt, warum CA auch eine Firma mit Schweizer Wurzeln ist. Computerworld: Ihr Vorgänger Manfred Eierle hat augenscheinlich einen guten Job gemacht, war Chef im deutschsprachigen Raum und hatte damit viel Gehör in der Europa-Organisation von CA. Wie schwer wiegt das Erbe? Für das Erbe Manfred Eierles bin ich dankbar, denn er hat einen sehr guten Job gemacht. Zudem hat er während eines Nachtessens meine Meinung über CA geändert und mich überzeugt, dass ich dort eine gute Perspektive habe. Welches war sein stärkstes Argument? Das Hauptargument war, dass ich ein falsches Bild von CA hatte. Er hat mir aufgezeigt, dass CA nicht mehr die Firma ist, die Produkte am Ende des Lebenszyklus aufkauft und anschliessend die bestehende Kundschaft «melkt». Nur die «Melkmaschine» zu bedienen war nicht mein Ziel. Eierle wusste mir plausibel darzustellen, dass bei CA heute der Kundennutzen im Vordergrund steht. Wie läuft das Geschäft bei CA Schweiz? Das Geschäft läuft gut, auch im Vergleich mit Konkurrenten und dem Markt, aber nicht himmelhoch jauchzend. Im dritten Quartal – das wir Ende Dezember abgeschlossen haben – konnten wir noch einige Kunden gewinnen. Nächste Seite: die «Altlasten» Wie viel sind Neugeschäft, wie viel Bestandskunden? Das Geschäft mit neuen Lizenzen rangiert zwischen fünf und zehn Prozent. Allerdings kauft kein Unternehmen heute im grossen Stil ein. Häufig wird ein Projekt lanciert, nach dessen erfolgreichen Abschluss es ein Anschlussprojekt gibt. Erweist sich die Anwendung als Erfolg, rollt der Kunde die Lösung im gesamten Betrieb aus. Die ersten Pilote sind zwar nicht so umsatzträchtig, aber potenziell sehr ertragsreich, wenn hinterher Lizenzverträge im grossen Umfang aufgestockt werden. Der Neukundenanteil zwischen fünf und zehn Prozent wird bei den Konkurrenten ähnlich sein. Wir sind sehr zufrieden damit. Wie hoch ist der Anteil am Umsatz nur für Wartung?
Das Lizenzgeschäft macht insgesamt circa 30 Prozent aus, Wartung bringt die übrigen 70 Prozent. Ein Grund für den hohen Wartungsanteil ist, dass CA mit seinen Produkten über 30 Jahre am Markt ist. Natürlich gibt es viele Bestandskunden, die seit vielen Jahren Lösungen von CA einsetzen. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir uns auf den «Lorbeeren» ausruhen können. Natürlich verändern sich die Kunden und ihre Geschäftsmodelle, so dass immer mal wieder ein Vertrag aufgelöst wird. Dieser muss durch einen neuen Abschluss kompensiert werden. Dies ist allerdings kein typisches CA-Szenario. Bei meinem früheren Arbeitgeber [Schleier wechselte im August 2012 von Oracle, Anmerkung der Redaktion] war es ähnlich. Wie viele CA-Produkte bei Schweizer Kunden haben das Ende ihres Lebenszyklus erreicht? Ganz wenige, von denen wir wissen. Allerdings kann es sein, dass der Kunde keine Wartung mehr für eine Lösung bezieht. IT-Manager können entscheiden, für ein seit Jahren stabil laufendes System, bei dem der letzte Support-Call auch schon einige Zeit zurück liegt, keinen Wartungsvertrag mehr abzuschliessen. Diese Fälle gibt es durchaus. Im Schlussquartal des vergangenen Jahres habe ich einen einzigen Vertrag über Extended Maintenance abgeschlossen. Aber das ist nicht unser Kerngeschäft. Nächste Seite: vom Mainframe in die Cloud Ein Kerngeschäft von CA ist der Mainframe. Weltweit fallen in den Bereich rund 40 Prozent des Unternehmensumsatzes. Wie läuft das Mainframe-Geschäft in der Schweiz?
Die Anzahl der Mainframe-Kunden in der Schweiz sinkt. Die Anzahl der MIPS (Million Instructions Per Second), nach der wir teilweise abrechnen, bleibt konstant. Fakt ist, dass CA nach IBM der grösste Lieferant von Mainframe-Software ist. Im Vergleich mit dem Marktführer sind CA-Produkte immer günstiger. Allerdings ist der Preisabschlag auch notwendig, denn jede Migration ist mit Kosten verbunden und mit einem gewissen Risiko behaftet. Der IT-Chef benötigt starke Argumente, um ein Projekt durchzuboxen. Einsparungen von zum Beispiel 20 Prozent sind ein starkes Argument. Beim IT Service Management (ITSM) haben hiesige Unternehmen ihre Hausaufgaben weitestgehend gemacht. Welche aktuellen Entwicklungen gibt es im ITSM? Die Zeiten der grossen Frameworks für ITSM scheinen mir vorbei. Die Entwicklung geht hin zu schlanken, SaaS-basierten Lösungen. CA hat vor einiger Zeit die Firma Nimsoft übernommen, die diesen Markt bedient hat. Heute bauen Unternehmen damit ein System-Management innerhalb weniger Tage auf, betreiben die Lösung ohne grosses Administrator-Team – nutzen allerdings auch «nur» die vorgefertigten Standards. Das Anpassen an die unternehmensspezifischen Erfordernisse entfällt, was den Wartungsaufwand natürlich stark verringert. Wer setzt auf System-Management aus der Cloud? Eher die Kleinen ohne eigenes Admin-Team oder auch die Grossen? Sowohl als auch. Die Konzerne suchen nach Alternativen für Monolithen, die hohe Summen kosten. Im Zuge der Konsolidierung und Standardisierung wollen die grossen, aber auch die mittelgrossen Unternehmen auf schlanke Lösungen setzen. Sie nehmen dann in Kauf, dass nicht jede Funktion auf ihre individuellen Anforderungen zugeschnitten ist. Nächste Seite: der «Swissness»-Faktor Bleiben wir noch beim System-Management. Von der Testing-Simulation Lisa versprechen sich die Experten viel. Brummt das Geschäft entsprechend?
Lisa ist gefragt. Das Tool hilft, Kosten zu sparen, die Time to Market zu verkürzen und die Qualität zu steigern. Während diese Versprechen natürlich jeder Anbieter kann, kann Lisa auch den Beweis antreten. Während Live-Demonstrationen bei anderen Produkten verpönt sind, setzen wir bei Lisa auf die Vorführung beim Kunden. So konnten wir in einer grossen Bank jüngst zeigen, wie Lisa arbeitet. Das Programm wurde zwischen eine neu entwickelte Applikation und das Bestandssystem geschaltet. Nachdem Lisa den Datenaustausch analysiert hatte, wurde die Verbindung getrennt. Die Neuentwicklung hatte nur noch Lisa als Gegenstelle, die sich wie das Live-System verhielt. Das tönt nach einem interessanten Produkt. Wer sind die Wettbewerber? IBM und noch einige andere Hersteller kommen demnächst mit Produkten auf den Markt, die vorerst allerdings nicht den vollen Funktionsumfang besitzen. Teilweise fehlt es an Schnittstellen, teilweise an unterstützten Entwicklungsumgebungen. Eben diese Lücken sind aber in Grossunternehmen, wo zum Beispiel Java-Applikationen mit Mainframes zusammenarbeiten, die den Ausschlag für Lisa geben. Natürlich werden die Konkurrenten nachziehen, so dass ein Wettbewerb entsteht. Die starke Position von CA wird den grösste Einzelaktionär des Unternehmens freuen. Hat die Zürcher Careal Holding von Familie Häfner einen Einfluss auf das Geschäft von Country Manager Schleier? Nein, ein Treffen hat es beispielsweise bisher noch nicht gegeben. Den Kunden sind teilweise die Beteiligung der Zürcher Holding oder auch CA-Verwaltungsrat Jens Alder, früher CEO der Swisscom, gar nicht bekannt. Dieses Engagement der Schweizer kommt meist gut an – ist quasi ein virtueller Türöffner. Schliesslich noch ein Ausblick: Was hat sich Jürg Schleier für 2013 und darüber hinaus vorgenommen? Insbesondere mit neuen Produkten wollen wir mehr Umsatz machen. Dafür sehe ich CA gut aufgestellt – wir haben gute Lösungen und gute Leute sowie eine Konjunktur, die ganz vernünftig läuft. Für den Erfolg wird es wichtig sein, CA in ein richtiges Licht zu rücken – als einen Anbieter von Technologie, die das Geschäft unterstützt. Dafür fokussieren wir auch auf bestimmte Themen und nicht mehr so sehr auf die gesamte Breite des Portfolios. Ein Schwerpunkt ist das Projekt- und Portfolio-Management, ein anderer die Kostenoptimierung mit Lösungen wie Lisa, ein dritter das SaaS-Geschäft mit beispielsweise Nimsoft.