26.11.2010, 06:00 Uhr

Welches BI-Tool zähmt die Datenflut?

Business Intelligence soll das Umsatzpotenzial von Absatzmärkten prognostizieren, Kundenprofile erstellen und Marktlücken erschliessen. Aber welche Anbieter sind in der Lage, die hohen Erwartungen zu erfüllen?
Mit Dashboards und automatisierten Reports, lange Zeit Synonyme für Business Intelligence (BI), lässt sich heute kein echter Wettbewerbsvorteil mehr erzielen. Denn das machen mittlerweile alle. Die Ansprüche sind gestiegen, und in der Schweiz laufen zurzeit einige hochspannende Projekte. «Wir arbeiten an einer Art erweiterten Balanced Score Card, um Kundenvertrauen, Kundenloyalität und Corporate Governance zu messen», verrät Michael Obst, Country Manager von Information Builders (ibi) Schweiz. Der Kern der Lösung besteht aus Testprofilen, jeweils mit etwa 260 Parametern bestückt. «Jeden Kunden muss man anders anpacken; der eine will 20 Minuten übers Wetter reden, der andere gleich zur Sachen kommen», sagt Guiseppe Scattareggia, Technical Manager bei ibi. Extern sollen mit dem neuen System Stammkunden gehalten und verstärkt Neukunden gewonnen werden. Intern geht es darum, die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern. Der doppelte Erfolgsturbo – viele Schweizer Unternehmen seien an diesem Thema dran, sagt Scattareggia. Zur Schweizer Stammkundschaft von Information Builders zählen die Berner Kantonalbank, Basler und Zürich Versicherung, aber auch die Allianz, Alstom und die SBB. Konsolidierungswelle rollt Auf dem stark wachsenden Markt für Business Intelligence machen sich zurzeit mehrere Dutzend Anbieter die Kunden streitig. Noch herrscht die grosse Unübersichtlichkeit. Aber Grosskonzerne wie IBM, SAP, Oracle und Microsoft kaufen im Zeitraffer kleinere Konkurrenten auf. «In etwa zehn Jahren werden Kunden nur noch unter vier bis sechs BI-Anbietern zu wählen haben», schätzt Boris Evelson, BI-Chefanalyst bei Forrester. Aber noch ist es nicht soweit. In seiner aktuellen Marktstudie «Forrester Wave: Enterprise Intelligence Platforms, Q4 2010» bewertet Evelson die heute handelsüblichen BI-Plattformen anhand von 145 Kriterien. Das Ergebnis in Kurzform: IBM Cognos, SAP BusinessObjects, Oracle und SAS führen die Branche an. Diese Unternehmen bieten nicht nur BI-Funktionalität, sondern auch die für Analysen und Prognosen dringend benötigte Infrastruktur wie Datenbanken und Datawarehouses. Information Builders, Microsoft und MicroStrategy haben laut Evelson den Einzug in die Leader-Etage geschafft. QlikTech, Panorama Software und Tibco haben stark zugelegt und dürfen sich heute das Label der starken Performer ans Revers heften. Mehrwert kaufentscheidend
Soweit die Einschätzung von Forrester Research. Im britischen Newhaven, dem Stammsitz des Business Application Research Center (BARC), hält man nicht viel vom Abhaken langer Checklisten. Stattdessen verfolgen die Briten einen pragmatischen Ansatz. Getreu dem Motto «Entscheidend ist, was hinten herauskommt», liegt der Fokus auf dem geschäftlichen Mehrwert (Business Benefit), den die BI-Lösungen im Unternehmen generieren. Das BARC hat neun potenzielle Benefits definiert und 1853 Anwender, 317 Consultants und 495 Anbieter weltweit gebeten, den tatsächlich erzielten Mehrwert auf einer Notenskala von –6 (schlechter und teurer) bis 10 (nachweis- und quantifizierbar besser) zu bewerten. Zum geschäftlichen Mehrwert zählen unter anderem reduzierte IT-Kosten, schnellere, bessere Reports und fundiertere Geschäftsentscheidungen. Trauriges Ergebnis: Im Jahresvergleich sei der durchschnittliche «Business Benefits Index (BBI)» im freien Fall begriffen, konstatiert das BARC. Einen Spitzenwert erreichte der BBI im Jahr 2004 mit einer durchschnittlichen Wertung von 4,31. Im aktuellen «BI Survey 9», den die Briten im September dieses Jahres präsentierten, reicht es jedoch nur noch für magere 3,89. Das sei der niedrigste BBI seit Beginn der Erhebung im Jahr 2003. Soweit der allgemeine Trend. Die Einzelprodukte werden von den Kunden jedoch durchaus unterschiedlich beurteilt. Den geringsten geschäftlichen Mehrwert erwarten die Unternehmen von SAP-Lösungen wie SAP BW/BEx Suite (Business Data Warehouse und Business Explorer) und SAP BO (Web und Desktop). Gute BBI-Noten gab es für Board, Jedox Palo, Information Builders, arcplan, Microsoft SSAS (SQL Server Analysis Services) und MicroStrategy. Das BARC stellt alljährlich die Königsdis­ziplin Business Intelligence auf den Prüfstand. Insgesamt 23 Produkte beziehungsweise Produktfamilien haben eine ausreichend starke Verbreitung und wurden in der aktuellen, gut 300 Seiten starken Marktstudie «The BI Survey 9 – The Customer Verdict» auf Herz und Nieren geprüft. Darunter Lösungen von MicroStrategy, QlikTech, Microsoft, SAP, Cubeware, IBM, Infor, Oracle und anderen. Mehrere BI-Produkte eines Mega-Anbieters haben die Briten zu sogenannten Suiten zusammengefasst. So subsumiert zum Beispiel SAP BO alle BI-Lösungen der aufgekauften BusinessObjects; zu Oracle BIEE zählen Oracles eigene BI-Lösungen sowie Produkte von Siebel und Hyperion. Worauf legen Kunden Wert?
Ganz besonderen Wert legen die Studienteilnehmer auf die Funktionalität der Lösungen. Gut 43 Prozent nannten den Funktionsumfang als kaufentscheidendes Kriterium. Einen Riesensprung nach oben hat die Bedienfreundlichkeit gemacht, die Gartner Anfang des Jahres neben BI «as a Service» als Haupttrend 2010 ausgemacht hat. Etwa 38 Prozent sprachen sich dafür aus. Auf dem dritten Platz der Kunden-Hitliste landeten superschnelle Queries.Die Präferenzen im Einzelnen: Ein breiter Funktionsumfang war vor allem für Kunden, die Infor PM OLAP und Oracle Hyperion den Zuschlag gaben, ein kaufentscheidendes Argument. Käufer von Cubeware, TM1, QlikTech, Bissantz, Board und Target lobten in erster Linie die hohe Bedienfreundlichkeit der Lösungen. Demgegenüber gilt etwa SAP BW eher als sperriges, schwer zugängliches Produkt. Mit extrem schnellen Queries taten sich in den Augen der Studienteilnehmer IBM Cognos, TM1, QlikTech und Oracle Hyperion hervor. MicroStrategy ist der ungekrönte Sieger des neunten «BI Survey». Die Lösung erzielte Spitzenwerte in acht KPIs, verwies damit die gesamte Konkurrenz auf die hinteren Plätze und trug den Siegerlorbeer in der Gesamtwertung davon. In der Test-Disziplin «Suiten» siegte MicroStrategy 17-mal, Microsoft (SQL Server Analysis and Reporting Services) 10-mal. QlikTech erzielte Top-Noten in drei Test-Dis­ziplinen. MicroStrategy verlangt für seine BI-Lösungen zwar die mit Abstand höchsten Lizenzgebühren. Die Kunden scheint das aber nicht weiter zu stören. Sie legen grösseren Wert auf die mit den Lösungen erreichbare Skalierbarkeit der Daten und Benutzerzahlen.


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