Plattformablösung 29.10.2009, 09:48 Uhr

Eine planbare Reise

Der Wechsel von einer Bankenplattform auf eine andere ist beherrschbar. Einige grundsätzliche Vorgaben reduzieren die Kosten und senken gleichzeitig die Risiken. Die frühzeitige Festlegung dieser entscheidenden Rahmenbedingungen und ihre konsequente Durchsetzung sind die Schlüssel zum Erfolg.
Wie die Banken-Software haben auch die entsprechenden Implementierungsverfahren heute einen Reifegrad erreicht, der es selbst risikobewussten Instituten erlaubt, eine Plattformerneuerung in Angriff zu nehmen, ohne sich dabei in ein abenteuerliches Projekt zu stürzen. Die Professionalisierung ist bei Banken und Providern innerhalb der letzten Jahre klar vorangekommen. Obwohl eine Bank auch heute nicht einfach in einem Leistungskatalog die gewünschten Services ankreuzen und auf ein zuverlässiges Angebot hoffen kann, bestehen doch genügend Erfahrungen, um die Reise auf eine neue IT-Plattform verlässlich zu planen.
Für die Comit, eine Tochter der Swisscom IT Services, ist die Erneuerung von IT-Plattformen für Banken, d.h. die Implementierung von Gesamtbankenlösungen mit Umsystemen, in der Schweiz und zunehmend im Ausland ein zentrales Geschäftsfeld. Als Partner der beiden führenden Schweizer Produkthersteller, Avaloq und Finnova, konnte der Dienstleister im Zuge der erfolgreichen Einführungen bei vielen Banken verschiedenster Grösse und Ausrichtung in den letzten zehn Jahren einen grossen Erfahrungsschatz aufbauen. Worauf es dabei ankommt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Die Mission

Eine Plattformablösung ist je nach Ausgangslage eine Mission unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades. Viele entscheidende Faktoren wie Grösse, Struktur und geografische Situation der Bank oder der Bankengruppe, die vorhandene IT-Infrastruktur, die Bankprodukte sowie die Sprachenvielfalt bilden den Rahmen und können kaum verändert werden. Es gibt heute allerdings nur noch wenige Ausgangslagen, bei denen man auf eine Ablösung aus Risikogründen ganz verzichten müsste.
Mittlerweile kann eine Bank zur Unterstützung fast aller Funktionen auf Software-Pakete setzen. Der Verzicht auf Eigenentwicklungen hat den IT-Projekten viele Unsicherheiten genommen. Dieser Erfolgsfaktor sticht allerdings nur, wenn es sich um ein ausgereiftes und mehrfach bewährtes Produkt handelt. Ein gutes Produkt allein genügt als Ausgangslage nicht, es muss auch eine auf die neue Bank passende Muster-Parametrierung ausgeliefert werden («Modellbank», «Referenzbank» o.ä.). Ein gewaltiger Zusatznutzen wird erzielt, wenn weiteres Rohmaterial direkt aus einer vergleichbaren Bank übernommen werden kann: Use Cases, Testfälle, Schulungsunterlagen, Testkonzepte und automatisiertes Regressionstesting, Prozessbeschreibungen oder bei vergleichbarer Ausgangslage sogar die Programme für die Datenmigration.

Crew und Ausrüstung

Das Projektteam besteht aus geeigneten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Bank und aus externen Fachleuten. Diese müssen sowohl die Software kennen als auch Erfahrung aus vergleichbaren Implementationen mitbringen. Die Methodik für die Plattformablösung ist grundsätzlich keine Geheimwissenschaft. Entscheidend ist, dass sie auf die Gesamtplattform und die Eigenheiten der eingesetzten Produkte abgestimmt und vom ganzen Projektteam verinnerlicht wird. Die Mannschaft muss als eingeschworene Crew agieren. Die eingesetzten Verfahren müssen erprobt und vor allem so einfach sein, dass die Mitarbeitenden der Bank rasch damit arbeiten können.

Eisberge früheitig erkennen

Man weiss zwar genau, dass im Projekt «Eisberge» auf dem Weg liegen und kann diese oft sogar orten. Wenn Crew oder Führung aber trotz klarer Anzeichen höchstens «ein paar Eisschollen» sehen wollen, hat das fatale Folgen. Einige dieser Risiken (siehe Kasten) umschifft eine geeignete Routenwahl. Bei anderen gelingt es dank richtiger Anreizsysteme, jedes einzelne Crew-Mitglied auf Wachsamkeit und bei konkreter Gefahr auf die richtige Reaktion zu verpflichten.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist das gute Verhältnis zwischen Bank und Implementationspartner. Der Partner sollte so eingebunden werden, dass er die gleichen Interessen wie die Bank vertritt, deren Vertrauen besitzt und Verantwortung übernimmt. Mit einem darauf ausgerichteten Vertragsmodell können Risiken und Kosten substanziell reduziert werden.

Lotse, Steuermann und Kapitän

Viele Komponenten beeinflussen das Risiko, die Kosten und die resultierende Qualität. Zum Glück gibt es aber nur eine überschaubare Zahl von wirklich entscheidenden Faktoren, und diese können bereits am Anfang der Expedition beeinflusst werden.
Dass für spezielle Verhältnisse, zum Beispiel die heikle Phase beim Auslaufen, qualifizierte Lotsen an Bord geholt werden, ist seit jeher ein effektives und preisgünstiges Vorgehen. Auch hier ist die Wahl entscheidend, denn manch ein selbsternannter Lotse hat sich hinterher als Abenteurer entpuppt, der sich von der angepeilten Destination ablenken lässt.
Auf der ganzen Reise braucht es den beharrlichen Steuermann und den Kapitän, der ihm den Rücken deckt. Oder im Fall einer Plattformablösung bei einer Bank: Eine auf die gefällten Grundsätze eingeschworene Projektleitung und eine Geschäftsleitung, welche dieses Vorhaben als ihr wichtigstes Bankprojekt versteht und dabei den sichersten Kurs auf das Ziel wählt und beibehält.
Erfolgreich umsteigen

Die Erfolgsfaktoren

- Ein auf dem spezifischen Markt bewährtes Produkt
- Eine praxiserprobte Referenzparametrierung
- Ein Projektteam mit Implementationserfahrung
- Eine stabile, möglichst einfache Zielsystemarchitektur
- Offene und proaktive Kommunikation im Projekt und in der Bank
- Ein stabiler Rahmen des Projekts
- Partnerschaftliches Vorgehen mit gleichgeschalteten Interessen von Bank und Partnern

Die Stolpersteine

- Komplizierte Organisation, viele Provider
- Vielfalt von Sprachen und Kulturen
- Komplexe neue Schnittstellen
- Ausufernde Parametrierungsanforderungen
- Tolerierte Partikulärinteressen
- Anspruchsvolle Parallelprojekte
Marcel Ottiger, Jürg Rebsamen



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