IBM-Forschungslabor Rüschlikon
02.12.2019, 12:26 Uhr
Mit KI und Drohnen auf der Suche nach Brückenschäden
Brücken aus Beton sind einem ständigen Alterungsprozess ausgesetzt. Mit Entwicklungen an den beiden IBM-Forschungslabors in Rüschlikon und Haifa sollen die Bauwerke besser überwacht werden können.
An der Hängebrücke über den Grossen Belt in Dänemark wird das Schadenserkennungssystem derzeit erprobt
(Quelle: pd)
Mit gleich drei derzeitigen Hypetechniken wollen Forscher von IBM zusammen mit Partnern aus der Industrie den Schäden an Betonbauwerken wie Brücken, Tunnels und Strassen zu Leibe rücken: Künstliche Intelligenz (KI), dem Internet der Dinge (Internet of Things; IoT), sprich: Sensoren und autonom fliegenden Drohnen.
Am Medientag des IBM-Labors in Rüschlikon demonstrierten Wissenschafter und Industrievertreter wie in nicht allzu ferner Zukunft Betonbauwerke auf diese Art und Weise analysiert und überwacht werden können. Erprobt wird das System derzeit in Dänemark, und zwar an der Autobahn- und Eisenbahn-Brücke über den Grossen Belt, welche die Inseln Fünen und Seeland untereinander und damit Kopenhagen mit dem europäischen Kontinent verbindet.
Am Medientag des IBM-Labors in Rüschlikon demonstrierten Wissenschafter und Industrievertreter wie in nicht allzu ferner Zukunft Betonbauwerke auf diese Art und Weise analysiert und überwacht werden können. Erprobt wird das System derzeit in Dänemark, und zwar an der Autobahn- und Eisenbahn-Brücke über den Grossen Belt, welche die Inseln Fünen und Seeland untereinander und damit Kopenhagen mit dem europäischen Kontinent verbindet.
Inspektionszeit ein Tag statt ein Monat
Bislang ist die Überprüfung der 281 Meter hohen Brückenpfeiler eine zeitaufwendige, kostspielige und für die Angestellten riskante Aufgabe, müssen sie sich doch an den Konstruktionen in schwindelnder Höhe abseilen. So dauert die Inspektion durch ein Team der Betreiber derzeit einen geschlagenen Monat.
Mit den Drohnen, die am IBM-Forschungslabor im israelischen Haifa gebaut werden, und mit dem auf KI basierenden Erkennungssystem von Schäden, welches ebenfalls von IBM entwickelt wird, lässt sich dies in nur einem Tag bewerkstelligen.
Dabei erkennt die KI-Software bereits Einiges: So kann sie nicht nur Fehler im Beton wahrnehmen, sie kategorisiert diese gleich in Spalten, Risse, abgeblätterte Stellen, Roststellen und Algenbefall und kennzeichnet die Schädem mit verschiedenen Farben. Wie Christiano Malossi, KI-Forscher am IBM-Labor in Rüschlikon berichtet, habe die KI-Software anhand der Drohnenbilder von der Grossbelt-Brücke die Schäden mit einer Genauigkeit von 94 Prozent richtig kategorisieren können, also Risse und Rostflecken als solche erkennen können. «Diese Rate werden wir wohl noch verbessern können, wenn wir das System mit noch mehr Daten beliefern», hofft Malossi.
Kosmetik oder echter Schaden?
Die Inspektion mit den autonom fliegenden Drohnen hat noch einen weiteren Vorteil: Das Flugobjekt kann die Oberfläche mehrmals im gleichen Abstand und Winkel aufnehmen. Dadurch lassen sich Vergleiche auf der Zeitachse durchführen und feststellen, ob der Riss im Beton langsam gefährlich wird und ausgebessert werden muss.
Denn es wäre sinnlos jede Unebenheit in der Betonstruktur zu reparieren. «Es gibt wohl keinen Betonbau in der Welt der keine Risse aufweist», weiss etwa Andrea Cuomo zu berichten, Gründer der italienischen Sacertis, die sich auf Sensoren zur Überwachung von Betonbauten wie Brücken und Tunnels spezialisiert hat und zusammen mit IBM und der Besitzerin und Betreiberin der Brücke über den Grossen Belt, die Sund & Baelt, die Drohnenbilder ausgewertet hat. Allerdings sei eine Früherkennung von Spalten, welche schnell grösser werden und so die Stabilität negativ beeinflussen könnten, wichtig, so Cuomo weiter.
Und hier wartet auf die IBM-Forscher noch Arbeit: Geplant ist nämlich, dass das KI-System dazu in der Lage sein wird, die eher harmlosen von den gefährlichen Beton-Schäden unterscheiden zu können. Cuomo gibt sich diesbezüglich zuversichtlich: «Wir werden das System trainieren, so dass es erkennen kann, ob ein Schaden kritisch ist oder nur kosmetisch».
Testflug in Rüschlikon
Dass die Kombination aus autonomer Drohne und KI-Software sowie aus Sensoren gewonnenem Wissen nicht nur Brückenpfeiler sondern auch jedes andere Betonbauwerk inspizieren kann, haben die IBM-Forscher am Medientag wegen schlechten Wetters – es schüttete in Rüschlikon gerade wie aus Eimern – zwar nicht live demonstrieren können. Stattdessen zeigten sie Aufnahmen, die am Vortag entstanden waren.
Tatsächlich ist auf den Videos zu sehen, wie die Drohne ohne Steuerung durch einen Menschen abhebt und die Betonkonstruktionen der in den 1960er Jahren erstellten ersten Gebäude auf dem Rüschliker IBM-Forschungs-Campus genauer unter die Lupe nimmt. Und wen wunderts: Tatsächlich finden sich auch hier Risse und abgeblätterte Stellen.