06.04.2016, 17:44 Uhr

Chip-Implantate - werden wir alle zu Cyborgs? Nur 29 Prozent sagen 'Nein'

Nie mehr den Reisepass verlieren, Türen mit Handwisch öffnen, mit einem Fingerzeig bezahlen. Chip-Implantate machen das möglich. Kritiker aber befürchten die 'feindliche Übernahme' des eigenen Körpers.
Für den einen ist es ein Alptraum, für den anderen die nächste Evolutionsstufe des Menschen. Chip-Implantate - das sind aufs Wesentliche abgespeckte Minicomputer, die der Anwender unter der Haut trägt, also nie verlieren kann. Damit lassen sich Auto-  und Wohnungstüren öffnen, Rechnungen mit einer simplen Handbewegung bezahlen oder sogar am Flughafen einchecken. Die skandinavische Airline SAS bietet den Service seit Kurzem an.  Im europäischen Durchschnitt sei die Akzeptanz für das sogenannte Biohacking erstaunlich hoch, sagt der Sicherheitsanbieter Kaspersky und beruft sich auf eine eigene repräsentative Umfrage. Lediglich 29 Prozent der Befragten lehnen es kategorisch ab, sich Chips unter die Haut pflanzen zu lassen. Wesentlich grösser ist der Widerstand gegen die Body-Chip allerdings in der Schweiz und in Deutschland. 49 Prozent aller Deutschen würden sich niemals einer Chip-Implantation unterziehen. In der Schweiz ist der Prozentsatz der Widerständler noch ein wenig höher. 

Implantate hacken ist nicht schwer

Zu den grössten Bedenken zählen mögliche Fehlfunktionen der implantierten Chips und eine "feindliche Übernahme" des eigenen Körpers. Ähnlich wie Cyberkriminelle in das IT-System eines Unternehmens einbrechen und dort die Kontrolle übernehmen. Völlig unbegründet ist diese Sorge nicht: Die aktuelle Generation der Chips im eigenen Körper arbeitet mit Near Field Communication (NFC). Kaspersky hat zusammen mit der schwedischen Biohaktivisten-Gruppe BioNyfiken gezeigt, dass es möglich ist, Chip-Implantate auszulesen oder sie mit Malware zu bespielen. Einzige Hürde: Die Hacker müssen dem Opfer nur sehr nahe kommen, denn NFC hat eine begrenzte Reichweite (Das Video zeigt drei typische Hacking-Szenarien). Der Widerstand gegen die Implantate brökelt jedoch, wenn der Anwender einen konkreten Nutzen mit dem Chip unter der Haut realisieren kann, etwa Gesundheits- und Fitness-Parameter überwachen oder einen Notruf absetzen (46 Prozent würden das tun). 35 Prozent wären bereit, den eingepflanzten Chip als Reisepass zu benutzen - trotz der bestehenden Sicherheitsrisiken.

Gehirn-Chips in 10 Jahren

Die Befürworter des Biohackings ficht das nicht an. Sie sehen Sicherheitsrisiken als typische Kinderkrankheiten, die jede neue Technologie überstehen muss. Schweizer Firmen verzichten ja auch nicht auf ihre IT, nur weil es Viren gibt und Systeme gehackt werden können. "Wir sehen in dieser Technologie eine weitere Stufe der Mensch-Maschinen-Interaktion - ähnlich der Einführung grafischer Benutzeroberflächen oder Touchscreens", sagt Hannes Sjoblad, Gründer der Aktivistengruppe BioNyfiken. Patrick Kramer ist Chef des noch jungen Implantate-Hersteller Digiwell. Die heutigen Chips seien noch relativ simple, die Speicherkapazität sehr begrenzt, berichtet er. In drei bis vier Jahren aber will Kramer smarte Implantate herstellen, die sich mit der Cloud vernetzen können. Längerfristig, in 10 bis 15 Jahren, sind für ihn smarte Gehirnimplantate möglich, welche die mentalen Fähigkeiten des Menschen erweitern. Jeder würde dann zum Mathematik-Genie oder zum Gedächtniskünstler werden, wenn er/sie denn will.  Nicht jeder steht dem so positiv gegenüber. Aber Kramer lässt sich nicht beirren und hat in Sachen Body-Implantate den tyischen Generationen-Gap ausgemacht: Junge Menschen stünden den Chips sehr positiv gegenüber, die mittlere Generation zögere und müsse erst einmal nachdenken, und bei den Älteren sei meist überhaupt gar nichts zu holen.



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