18.01.2016, 09:00 Uhr

Der Tod des Service Level Agreements?

In den USA schreckt man die Leute gerne mit markanten Worten auf – die Frage ist dann jeweils, ob es sich dabei um reine Polemik handelt oder ob dem marktschreierischen Titel dann ein Beitrag mit Substanz folgt.
Im Gegensatz zu einem dieser Beiträge «Why I hate ITIL so much» (mein Kommentar dazu hier) enthält der Artikel im amerikanischen CIO-Magazin zur Zukunft des Service Level Agreements (SLA) einige sehr gute Überlegungen, die sich auch mit meinen Erfahrungen decken. Der Autor Bernard Golden ist ein anerkannter Fachmann für Cloud-Themen. Seine Kernaussage ist, dass sich das Konzept von seitenlangen, juristisch «kugelfesten» SLA-Verträgen in Zeiten von Cloud und Agile erschöpft hat.
Grenzen eines SLA
Vor einiger Zeit habe ich einen mittelständischen Kunden zum Thema Outsourcing beraten. Ich habe die Vor- und Nachteile aufgezeigt und dabei auch auf die Möglichkeit einer Stafzahlung («Penalty») bei einem Systemausfall hingewiesen. Darauf hat der CIO empört gesagt: «Eine Penaltyzahlung nützt mir nichts, wenn ich Kunden- und Transaktionsdaten verliere!» Dies ist eine der grossen Herausforderungen des Service Level Managements: Kann ich Verlust von Business durch Ausfälle von IT Services überhaupt quantifizieren und kann oder muss ein durchschnittlicher Outsourcing-Anbieter diese finanziellen Risiken überhaupt tragen? Solche Risiken müssten wohl eher durch eine Versicherungspolice abgedeckt werden als durch ein SLA, was erstens schwierig zu finden und zweitens wahrscheinlich sehr teuer wäre.
SLA in der Cloud
In der Cloud sind Diskussionen über detaillierte Zielgrössen für Verfügbarkeit und Performance oft nicht zielführend, da die Verbindung vom Kunden zum Datacenter über das Internet verläuft, für dessen Verfügbarkeit und Leistung man niemanden verantwortlich machen kann. Um die Skaleneffekte maximal nutzen zu können und damit optimale Preise anbieten zu können, gehen vor allem grössere Cloud-Anbieter kaum auf kundenspezifische Wünsche ein. Nicht einmal grosse internationale Schweizer Unternehmen können bei Marktriesen wie Microsoft, Google oder Amazon spezielle Bedingungen erzwingen.
Flexibilität durch neue Technologien
Man kann bei den grossen Cloud-Providern davon ausgehen, dass sie neueste Technologien einsetzen, um die riesigen Umgebungen überhaupt sinnvoll managen zu können: Virtualisierung, Clustering, Redundanzen und Partitioning führen zu einem höheren Level von Verfügbarkeit und Sicherheit, wie sie in traditionellen Inhouse-Datacentern überhaupt jemals erreicht werden können. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass auch die Anwendungen, die in diesen Umgebungen betrieben werden, diese neuen technologischen Möglichkeiten durch Modularisierung ausnützen können. Systemausfälle wird es wohl auch in Zukunft geben, aber es wird immer nur ein kleiner Teil eines Service betroffen sein, sodass die Auswirkungen auf das Geschäft minimiert werden können.
Fazit
Ziele und Inhalte eines SLA verändern sich getrieben durch neue Technologien. Die Diskussion wird sich wieder wegbewegen von juristischen Klauseln hin zu Flexibilität und Elastizität als Kernwerte einer partnerschaftlichen Service-Erbringung. Für kommodisierte Service-Angebote aus der Cloud («Platform as a Service») werden sich standardisierte Service-Bedingungen (AGB) durchsetzen, während strategischen Partnerschaften der integrierten, elastischen Service-Erbringung auch 100-seitige SLAs nicht genügen werden. Somit wird Service Level Management als Prozess wieder mehr zu einem Kommunikationswerkzeug zur Optimierung von Service-Ketten.


Das könnte Sie auch interessieren