DSAG Technologietage 2023 23.03.2023, 13:47 Uhr

«Work in Progress»

Zurzeit laufen in Mannheim die Technologietage 2023 der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe. Unter dem Motto «Work in Progress» diskutieren die Anwenderunternehmen, die DSAG und SAP über Produkte, Strategien, die Zukunft und das, was sich die Firmen von SAP wünschen.
DSAG-Technologievorstand Sebastian Westphal sprach an den Technologietagen auch weniger angenehme Themen an
(Quelle: zvg)
«Work in Progress» ist nicht nur das Motto der derzeit laufenden Technologietage 2023 der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG) in Mannheim, es ist auch eine Beschreibung des momentanen Zustands aus der Sicht der DSAG. Bei SAP läuft zurzeit sehr viel. Nach der strategischen Neuausrichtung des Unternehmens wünschen sich viele der Anwenderunternehmen laut DSAG jetzt eine stärkere Rückbesinnung auf das Credo «Customer First». Die Forderung ist, dass SAP die Realitäten der Anwenderunternehmen in der Unternehmensstrategie wieder stärker berücksichtigen soll, gerade vor dem Hintergrund des anstehenden Wartungsendes vieler wichtiger SAP-Lösungen und der daher benötigten Planbarkeit und Verlässlichkeit der SAP-Produktstrategie. Als Kernelemente sieht die DSAG die konzeptgleiche Anbindung der SAP-Cloud-Services an die mehrstufigen SAP-Landschaften, die Positionierung der Business Technology Platform (BTP) und ein angemessenes Pricing. Durch die wesentlichen Veränderungen im Produktportfolio der SAP seien Themen wie die einfache Migration, Integrationsfähigkeit, Datenschutz und IT-Security heute relevanter denn je, meint Sebastian Westphal, DSAG-Technologievorstand: «Aktuell wird das Komplexitätsmanagement nicht hinreichend durch übergreifende Standards, Klarheit und Investitionssicherheit unterstützt – auch und gerade bei Cloud-Produkten. Sie sind, wie das Motto der Technologietage 2023 sagt: Work in Progress».

Innovationen und Entwicklungen rund um S/4HANA

Das Anker-Release von SAP S/4HANA, angekündigt für Oktober 2023, bildet die Basis für die Technologie der nächsten Generation und Kompatibilität mit Legacy-Software. Damit ist in den Augen der DSAG bereits ein wichtiger Abschnitt erreicht. Die Kunden seien seit der Markteinführung im Jahr 2015 zusammen mit SAP einen weiten Weg gegangen und hätten die kontinuierliche Weiterentwicklung des Kernprodukts während dem Verlauf der Zeit mit intensivem finanziellem und personellem Engagement begleitet und in ihren Unternehmen realisiert, so die DSAG. Doch auch heute vermissen die Anwenderunternehmen die Bereitstellung bisheriger ECC-Funktionalitäten im aktuellen SAP-Produktportfolio. Hier werde laut DSAG so bald wie möglich eine vollständige Funktionsgleichheit erwartet. «Bei bereits getätigten Investitionen in S/4HANA-Transformationen, die schnell in ein-, zwei- oder gar dreistellige Millionenbudgets mündeten, darf das Anker-Release 2023 aber vor allem nicht bedeuten, dass Innovationen und Erweiterungen nur noch in der Public Cloud erfolgen. Bei einer Wartungszusage für S/4HANA bis 2040 bedarf es daher noch weiterer Details und verbindlicher Zusagen von SAP, um die bisherigen S/4HANA-Projektinvestitionen zu sichern», sagt Westphal.

Datasphere erfreut die Anwenderunternehmen

In diesem Umfeld freut sich die DSAG sehr über das neue Angebot SAP Datasphere, das eine bereits lange existierende Forderung der Anwender endlich adressiert, die Zusammenführung von SAP- und Non-SAP-Daten. Die Evolution der SAP Data Warehouse Cloud ist laut DSAG ein Schritt in die richtige Richtung, sofern es gelingt, die komplexe Integration von Daten aus SAP-Systemen und aus Drittsystemen der immer hybrideren Architekturmodelle zu vereinfachen. Westphalen: «Wir hoffen, dass SAP zielgerichtet den Weg weiterverfolgt und im Rahmen dieser Entwicklung einfache Produkte mit attraktiven Lizenzmodellen kombiniert. Sofern den Anwenderunternehmen zeitnah auch ein passendes kommerzielles Angebot für klassische Planungsszenarien (wie Gelegenheitsnutzer) in der SAP Analytics Cloud angeboten wird, wäre sowohl inhaltlich als auch kommerziell ein grosser Wurf gelungen».

Die Business Technology Platform ist zentral

Ein Punkt, bei dem sich die DSAG und die SAP einig sind, ist, dass die BTP das zentrale Fundament der SAP-Strategie bildet. Eine eigene Investitionsumfrage hat laut DSAG klar gezeigt, dass die BTP in den Projektbudgets der verschiedenen Anwender ihren Platz gefunden hat. Ein Fokus lag dabei auf dem Bereich Data und Analytics, Produkten, die bereits seit Jahren ein Teil des Portfolios sind. Was der DSAG bei ihrer Umfrage auffiel, war ein hoher Anteil an Befragten, die die BTP zwar lizenziert haben, aber noch nicht aktiv nutzen. Dies scheint jedoch eher ein lokales Phänomen zu sein. SAP-CTO Jürgen Müller sagte, auf diesen Umstand angesprochen, dass sein Unternehmen aus dem Rest der Welt kein ähnliches Feedback von den Anwenderunternehmen erhalten habe.
Vor dem Hintergrund der zusammen mit SAP in den letzten Dekaden gemeinsam entwickelten mehrstufigen Landschaften sieht die DSAG in der korrespondierenden, mehrstufigen Bereitstellung der BTP, inklusive zentraler Administration der Umgebungen für alle Business-Services und die Integration-Suite, einen zentralen Punkt. Ein damit einhergehendes Test- und Transportwesen sei in vielen Cloud-Plattformen aber noch nicht einheitlich berücksichtigt und bremse die Adaption der neuen Produkte und Services entsprechend aus, hält die DSAG fest. Da basierend auf der SAP-Strategie das ehemals zentrale und starke SAP-System mehr und mehr durch eine modulare Systemlandschaft ersetzt werden soll, steigt die Komplexität diese Systeme zu implementieren, integrieren und auch zu lizenzieren, meint die DSAG. Dies wurde für die S/4HANA Public Cloud als Grundvoraussetzung für den Einsatz in hybriden Landschaften Ende letzten Jahres bereits korrigiert und sollte für alle Business-Services auf der BTP genauso selbstverständlich sein wie über alle Lines-of-Business hinweg gelten, um die Adaptionsrate weiter zu erhöhen, fordert die DSAG.

Anwenderunternehmen brauchen Sicherheit

SAP hat für 2027 das Wartungsende für mehrere wichtige Lösungen angekündigt. Hier braucht es, so die DSAG, so schnell wie möglich eine klare Perspektive und die entsprechenden Migrationsszenarien. Das gelte insbesondere für den SAP Solution Manager und die SAP Process Orchestration. «Für die Ablösung des Solution Managers als dem zentralen Element heutiger SAP-Architektur bedarf es eines Cloud-Application-Lifecycle-Management-Produkts mit identischem Leistungsumfang und einer verlässlichen Roadmap sowie entsprechenden Migrationspfaden. Gleiches gilt für die Migration von der Process Orchestration auf die SAP Integration Suite. Hier lässt sich der kürzlich erfolgte Launch der Migration-Assessment-App und des Migration-Tools bereits positiv hervorheben», findet Westphal. Zusammenfassend lasse sich sagen, was unweigerlich in Richtung Cloud gehe, müsse maximal gleichwertig zu den bestehenden Lösungen sein, und zwar am besten schon bis Ende dieses Jahres. So blieben den Kunden noch vier Jahre, um vom Investitionsantrag bis zur Migration ihre Systeme erfolgreich umzustellen.

Zu teuer

Die DSAG sagt, aus ihrer Sicht seien es fehlende Konzepte, beziehungsweise Lösungen, die für Entwicklungs- und Testsysteme auf der BTP zu erheblichen Kosten führen, da, um eine Mehrstufigkeit nach derzeitigem Stand zu erreichen, ein Service teils mehrfach lizenziert werden muss. Dabei gebe es keine offizielle Unterscheidung, ob ein Service produktiv oder nur zu Testzwecken genutzt werde. Ein Zustand, der gemäss Thomas Henzler, DSAG-Fachvorstand Lizenzen, Service & Support nicht anhalten kann: «Die Kosten- und Lizenzierungssituation muss SAP angehen». Die zunehmende Modularisierung von Lösungen, die im ERP enthalten waren und nun immer stärker über die BTP vermarktet werden, lasse zudem die Komplexität bei Lizenzierung und Verwaltung steigen. Das führe dazu, dass die Anwenderunternehmen schlussendlich mit mehreren verschiedenen SAP-Lines-of-Business sprechen und verhandeln müssten, um eine vollumfängliche ERP-Lösung wie in ECC-Zeiten zu erhalten. Hinzu kämen die vielen unterschiedlichen Lizenzmetriken. Das führt, meint die DSAG, dazu, dass die Kosten für SAP-Architekturen stark ansteigen werden. Aus der Sicht der DSAG sind daher ganzheitliche Pricing-Strategien in der Cloud mit zugehörigen, auch nach unten skalierbaren Lizenzmodellen notwendig.



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