09.02.2011, 10:43 Uhr
Führt HTML5 zum Ende von Flash?
Was bedeutet HTML5 für den Quasi-Standard Adobe Flash? Unsere deutsche Schwesterpublikation Computerwoche hat bei einem renommierten Webentwickler nachgefragt.
Die Gegner von Flash, zu denen auch Apple-Chef Steve Jobs gehört, verweisen immer gerne auf den neuen HTML5-Standard, der unter anderem Videos mit eigenen Elementen unterstützt und Flash diesbezüglich ablösen könnte. Ist Adobes Quasi-Standard damit also am Ende? Unsere Schwesterpublikation Computerwoche hat bei Webentwickler Tobias BaldaufvonEco, dem Verband der deutschen Internetwirtschaft, nachgefragt. CW: Bedeutet HTML5 das Ende von Adobe Flash? Tobias Baldauf: Nein. Adobe hat sich in den vergangenen Jahren durch die weite Verbreitung des Flash Players einen guten Stand erarbeitet. Derzeit arbeitet das Unternehmen daran, Flash nicht nur für die bekannten Video- und Audio-Einbettungsfunktionen, sondern auch für Webapplikationen nutzbar zu machen. Gerade der wachsende Mobile-Markt spielt Adobe in die Karten: Flash bietet die Möglichkeit, Programme zu entwickeln, die sich schnell auf alle mobilen Plattformen übertragen lassen. Das spart denen, die damit arbeiten, Entwicklungskosten und sichert Flash das Überleben. CW: Im mobilen Markt nimmt Apple eine immer wichtigere Stellung ein. Ist die Abneigung des Konzerns gegenüber Flash nicht kontraproduktiv? Baldauf: Ich glaube, dass sich Apple bewusst vor Flash verschliesst, um die Entwicklung für iPhone und iPad durch eigene Developer-Tools zu forcieren, damit es weiterhin «iOS only»-Applikationen geben kann. Apple hat kein marktwirtschaftliches Interesse daran, die systemübergreifende App-Entwicklung zu unterstützen. Argumente wie das Einhalten der makellosen «Apple Experience» oder das aktive Fördern von HTML5- respektive W3C-Standards durch die Blockade von Flash sind schlicht besser klingende Begründungen für diese Politik. Was stationäre Apple-Geräte angeht, hat sich das Problem hingegen mittlerweile erledigt: Die aktuelle Betaversion von Flash 10.2 unterstützt endlich die GPU-Beschleunigung für Macs. Damit sollte das Problem «Flash auf dem Mac» der Vergangenheit angehören. Weiter gehts auf der nächsten Seite. CW: Marktübergreifend gesehen spricht allein aus ökonomischen Gründen vieles dafür, dass die Einbettung von Multimedia-Elementen auf Websites mittelfristig ausschliesslich über HTML-Code erfolgt. Wie sehen Sie das? Baldauf: Im Bereich der Onlinevideos mag das stimmen. Gerade das canvas-Element ist in dieser Richtung hochinteressant. So geht beispielsweise Google Chrome hier neue spannende Wege und bietet mit seinem neuen Videostandard WebM eine bessere Performance als bisherige Angebote. Aber alles ausser der klassischen Video- und Audio-Einbettung bleibt bei Flash besser aufgehoben. CW: Wie sieht es rein aus Kostensicht aus? Flash-Entwicklung ist nicht gerade günstig. Baldauf: Das hängt vom Unternehmen ab. Für den, der ein grosses Videoportal betreibt, kann sich ein Umstieg auf HTML5 durchaus lohnen. Nicht, weil sich direkt Geld sparen lässt, sondern weil sich in den kommenden Jahren vermutlich mehr Entwickler finden werden, die HTML5 beherrschen, als solche, die mit ActionScript 3 gut umgehen können. Unternehmen, die sich stärker auf mobile Endgeräte mit plattformübergreifenden Angeboten spezialisieren, sparen mit HTML5 eher nicht. CW: Flash-Entwickler werden also weiterhin einen Job finden? Baldauf: Ja.
CW: Wie stark ist HTML5 im Markt verbreitet? Baldauf: Im Unternehmensumfeld sehe ich es noch nicht - die Unterstützung ist einfach nicht da. Es macht für Unternehmen keinen Sinn, ihre Web-basierenden Dienste schon jetzt auf HTML5 umzustellen, weil die Browser-Engines noch hinterherlaufen. Anbieter müssten derzeit immer zwei Varianten in petto haben: eine mit HTML5 und eine Alternative für alle Browser, die kein HTML5 verstehen. Das lohnt sich nicht. Momentan befindet sich HTML5 auf der «Web-Developer-Spielwiese»: Es gibt die ersten Websites und Projekte und seit neuestem auch ein schickes offizielles Logo. Marktreif ist der Standard aber noch nicht. Das Interview führte unser Kollege Simon Hülsbömer von der deutschen Computerwoche.