11.05.2006, 20:06 Uhr
E-Lehrer zeigen Emotionen
Eine Computerschnittstelle mit menschlichem Gesicht, Stimme, Gestik und Emotionen: Damit sollen Schüler leichter virtuell lernen.
Je mehr sich der Schüler mit dem Mentor identifiziert, desto grösser der Lernerfolg, berichten die Wissenschaftler.
Ein ermunterndes Lächeln, eine freundliche Geste, die glasklare Stimme des Fachexperten ab Monitor: Solche «Softfaktoren» helfen Menschen, die ihre Kenntnisse per E-Learning erweitern wollen - davon ist Professor Amy Baylor fest überzeugt. Baylor forscht am Center for Research for Innovative Technologies for Learning (Ritl) der Universität Florida. Ihr Ziel: Sie will Computern ein Gesicht geben, und zwar in Form von Pädagogen-Avataren. Ihre Forschungen zeigten eindeutigt, sagt Baylor, dass solche künstlichen Mentoren dazu beitragen, dass die Lernenden den Stoff leichter erfassen, als wenn dieser nur via üblicher «seelenloser» Benutzerschnittstellen übermittelt werde. Darum tüfteln sie und ihre Institutskollegen eifrig daran, die Interaktion zwischen Mensch und Maschine weiter zu optimieren, indem sie Erkenntnisse aus Lerntheorien, Computerwissenschaften und Psychologie berücksichtigen. Die virtuellen Mentoren, die als animierte, dreidimensionale Personen auftreten, spielen da eine wichtige Rolle. Sie ermuntern, mahnen, erklären, korrigieren. Genau wie im echten Leben ist das Spektrum der Mitteilungen nicht auf verbale Kommunikation beschränkt: Ihr Gesicht wird zur emotionalen Schnittstelle für ihre Schüler. Es imitiert Gefühle, wie sie sich auch im Gesicht eines Lehrers aus Fleisch und Blut niederschlagen. Die Lernenden interagieren mit diesen Avataren, denn diese stellen sich auf die Stärken respektive Schwächen des individuellen Schülers ein. Sie ermuntern mit ihrem Feedback und sollen so die Schüler motivieren, bessere Leistung zu erbringen. «Unsere Agenten nerven aber nicht bloss rum, so wie Microsofts Clippy das tut», erklärt Baylor, «sondern sie gehen auf die Schüler ein und unterstützen sie dabei, die gestellten Aufgaben besser zu erledigen.» Aus dem Grund können die Agenten personalisiert werden: «Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Sprachstil - all das lässt sich auf eine bestimmte Zielgruppe zuschneiden», erläutert die Professorin.Eins ihrer Forschungsprojekte versucht denn auch, die Vorurteile und Vorbehalte junger Frauen gegenüber ingenieurwissenschaftlichen Berufen zu entkräften. Zu dem Zweck setzt Baylor digitale Mentoren ein, die eben genau nicht dem Klischee vom technoverliebten, selbstverständlich männlichen Ingenieur entsprechen. Vielmehr werden Avatare kreiert, mit denen sich die jungen Frauen identifizieren können und wollen.
Catharina Bujnoch