Business-Cloud-Plattformen
21.11.2017, 15:14 Uhr
Software-Anbieter rollen den Cloud-Markt auf
Um langfristig wettbewerbs-fähig zu bleiben, ist die Cloud für Hard- und Software-Hersteller inzwischen Pflicht. Anbieter wie Oracle, SAP, Salesforce & Co. forcieren daher ihr PaaS-Engagement.
Die Cloud ist für Hard- und Software-Hersteller längst nicht mehr nur Kür, sondern Pflicht.
„Technologieanbieter, die im Cloud-Markt von morgen nicht wettbewerbsfähig sind, riskieren, eine wichtige zukünftige Wachstumsquelle zu verpassen“, schreiben Mark Brinda und Michael Heric, Partner beim Beratungsunternehmen Bain & Company und Autoren der Studie „The Changing Faces of the Cloud“.
Während die Ausgaben für klassische Hard- und Software-Produkte kaum noch ansteigen oder sogar rückläufig sind, wird sich der globale Umsatz mit Cloud-Angeboten nach Berechnungen der Bain-Analysten von circa 180 Milliarden Dollar im Jahr 2015 auf nahezu 400 Milliarden Dollar im Jahr 2020 mehr als verdoppeln.
Wie sich diese Marktchance nutzen lässt, darauf haben Anbieter wie Oracle und SAP selbst noch keine abschliessende Antwort gefunden, sagt Carlo Velten, Senior Analyst und CEO der Crisp Research AG: „Die Cloud-Transformation und der Umbau des Portfolios ist dort überall in vollem Gange.“
“„Man kann meist seine Daten sehr leicht auf eine Plattform migrieren, bekommt sie aber nur sehr schwer wieder heraus.“„
Bis auf den Datenbankspezialisten Oracle, der auch in den Infrastructure-as-a-Service-Markt eingestiegen ist, adressieren die Unternehmen nur die höheren Schichten im Cloud-Bereitstellungsmodell. Neben Software as a Service (SaaS) setzen die Unternehmen vermehrt auch auf Plattformdienste (Platform as a Service, PaaS), über die sie ihre Lösungen integrieren und komplette Geschäftsprozesse abbilden. „Wachstumsstrategie Nummer eins der Anbieter ist es, ihre plattformbezogenen Services um weitere Komponenten in Bereichen wie DevOps, Container, Automatisierung und Machine Learning anzureichern und auszubauen“, erklärt Velten.
Nicht nur traditionelle Software-Hersteller verfolgen diese Strategie, auch Salesforce, SaaS-Anbieter der ersten Stunde, hat sein Portfolio mit Force.com und der 2010 übernommenen Entwicklungsplattform Heroku in Richtung PaaS ausgebaut. Unternehmen können auf den Plattformen des Anbieters einfach und schnell eigene Anwendungen erstellen, verspricht Harald Esch, der als Area Vice President Commercial Sales für den Bereich Mittelstand bei Salesforce zuständig ist: „Dadurch können etwa Geschäftsprozesse automatisiert oder Kundenapplikationen mit flexibler Skalierung bereitgestellt werden.“
Jenseits der Public Cloud
Um erfolgreich am Markt bestehen zu können, darf sich eine Plattformstrategie nicht allein auf Public-Cloud-Ressourcen beschränken, sagt Ingolf Zies, Partner bei Bain & Company und Leiter der IT-Praxisgruppe in Deutschland: „In stark regulierten Bereichen wie dem Banken- oder Versicherungswesen wird die Public Cloud – zumindest in Europa – erst langsam ein Thema.“ Software-Anbieter und Provider müssten deshalb ihre Produkte in eine Hybrid-Strategie einpassen, die Cloud- und On-Premise-Lösungen kombiniert. „Die erforderlichen Schnittstellen zum Beispiel zwischen Front-Office-Anwendungen in der Cloud und On-Premise-Backend-Lösungen erzeugen neue Komplexität.“
“„Die Software-Unternehmen müssen die strategischen Kontrollpunkte im IoT-Umfeld besetzen, um nicht von der anderen Seite der Wertschöpfungskette (…) aus dem Markt gedrängt zu werden.“„
Die Integration möglichst vieler verschiedener Quell- und Zielsysteme liegt auch im Eigeninteresse der Anbieter. Sie erlaubt es, die Datenbestände ihrer Kunden zu aggregieren, um so eine Grundlage für intelligente Mehrwertdienste zu schaffen, die auf Big Data, Machine Learning (ML) und Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. So liessen sich neue Erlösmodelle jenseits des reinen Lizenzverkaufs oder Abovertriebs kreieren, sagt Crisp-Analyst Velten: „Der Anbieter kann beispielsweise Geld für die Vorausberechnung von Kundenempfehlungen verlangen oder sich sogar am Erfolg von Marketingmassnahmen beteiligen lassen, die sein KI-System vorgeschlagen hat.“
Salesforce ist auf diesem Weg schon am weitesten vorangekommen. „Als Cloud-native
Player hat das Unternehmen einen deutlichen Vorsprung“, sagt Heiko Henkes, Director Advisor bei der Information Services Group Germany GmbH (ISG). Der Provider bietet zahlreiche Anreize, das gesamte Kundenmanagement über seine Produkte abzuwickeln, sei es die „Sales Cloud“ für das Customer Relation Management (CRM), die „Marketing Cloud“ für die gezielte Kundenansprache oder die „Service Cloud“ für das Service-Management. „Auf unserer Customer Success Platform vereinen wir Cloud-Lösungen für Vertrieb, Service, Marketing, Community, Analysen, Apps, Commerce, Künstliche Intelligenz und IoT als gesamtheitliche durchgängige Lösung“, sagt Area-VP Harald Esch. Zu gängigen IT-Systemen und -Anwendungen wie SAP, Oracle und Microsoft gebe es ausserdem Schnittstellen, so Esch weiter.
Player hat das Unternehmen einen deutlichen Vorsprung“, sagt Heiko Henkes, Director Advisor bei der Information Services Group Germany GmbH (ISG). Der Provider bietet zahlreiche Anreize, das gesamte Kundenmanagement über seine Produkte abzuwickeln, sei es die „Sales Cloud“ für das Customer Relation Management (CRM), die „Marketing Cloud“ für die gezielte Kundenansprache oder die „Service Cloud“ für das Service-Management. „Auf unserer Customer Success Platform vereinen wir Cloud-Lösungen für Vertrieb, Service, Marketing, Community, Analysen, Apps, Commerce, Künstliche Intelligenz und IoT als gesamtheitliche durchgängige Lösung“, sagt Area-VP Harald Esch. Zu gängigen IT-Systemen und -Anwendungen wie SAP, Oracle und Microsoft gebe es ausserdem Schnittstellen, so Esch weiter.
Um die von Velten erwähnten intelligenten Mehrwertdienste anbieten zu können, hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren in den Zukauf mehrerer Start-ups wie
RelateIQ, MinHash und Tempo AI investiert, die sich mit maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz beschäftigen. Letzte Akquisitionen in diesem Bereich waren MetaMind, ein auf die Verarbeitung natürlicher Sprache und die Bilderkennung spezialisiertes Unternehmen, sowie PredictionIO, dessen Lösung Entwicklern die Integration von Analyse- und Vorhersageverfahren in eigene Applikationen ermöglicht.
RelateIQ, MinHash und Tempo AI investiert, die sich mit maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz beschäftigen. Letzte Akquisitionen in diesem Bereich waren MetaMind, ein auf die Verarbeitung natürlicher Sprache und die Bilderkennung spezialisiertes Unternehmen, sowie PredictionIO, dessen Lösung Entwicklern die Integration von Analyse- und Vorhersageverfahren in eigene Applikationen ermöglicht.
Die Lösungen dieser Firmen und deren Weiterentwicklung fliessen in die KI-Services ein, die Salesforce unter dem Namen Einstein vermarktet. Mit Hilfe der Dienste lassen sich beispielsweise Leads priorisieren, die werthaltigsten Kunden und Aufträge identifizieren, Handlungsempfehlungen geben oder Zielgruppen segmentieren.
Was macht SAP?
Schon 2014 hatte Salesforce-CEO Marc Benioff klargemacht, wen er als seinen Hauptkonkurrenten ansieht: SAP, den drittgrössten Software-Konzern der Welt. „Wir werden SAP kurzfristig überholen“, erklärte er in einem Interview mit dem „Manager Magazin“. Noch ist Benioff von diesem Ziel weit entfernt. Im Fiskaljahr 2017, das am 31. Januar 2017 endete, setzte das Unternehmen nach eigenen Angaben knapp 8,4 Milliarden Dollar um. SAP erzielte in seinem Fiskaljahr 2016, das dem Kalenderjahr 2016 entspricht, mehr als 22 Milliarden Euro Umsatz.
SAP ruht sich auf diesem Vorsprung und seiner grossen installierten On-Premise-Basis aber nicht aus, sondern versucht selbst, ein Stück vom Cloud-Markt abzubekommen – allerdings noch nicht mit der letzten Konsequenz, wie ISG-Advisor Heiko Henkes meint: „SAP ist mit seinem Kernprodukt Enterprise Resource Planning noch nicht in der Cloud angekommen und verliert entsprechend Marktanteile.“ Dass noch ein weiter Weg vor dem Konzern liegt, zeigen auch die Zahlen des vergangenen Jahres: Mit annähernd 3 Milliarden Euro machte das Cloud-Geschäft lediglich rund 14 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Auch die Walldorfer haben den Trend in Richtung Business-Plattformen erkannt und adressieren laut Henkes mit der Unterstützung offener Programmiersprachen zunehmend Entwickler, die bisher durch die proprietäre SAP-Programmiersprache ABAP abgeschreckt wurden.
Martin Fassunge, Chief Product Owner IoT – SAP Cloud Platform, hat dabei vor allem zwei Anwendergruppen im Blick: Entwickler von neuen Business-Applikationen, beispielsweise für IoT-Szenarien oder Machine-Learning-Anwendungen, und solche, die kundenspezifische Erweiterungen für bestehende Anwendungen implementieren oder ihr Produktportfolio an die SAP Cloud Platform anpassen wollen.
„Auch Systemintegratoren profitieren (…), denn mit den Services und Werkzeugen der SAP Cloud Platform können sie komplette Kundenprojekte implementieren“, sagt Fassunge. Mit Schnittstellen zu On-Premise-Installationen und verschiedenen Cloud-Providern adressiert SAP zudem die von Bain-Partner Zies skizzierte Integration in Hybrid- und Multi-Cloud-
Szenarien.
Szenarien.
„SAP fokussiert sich auf den Aufbau der SAP Cloud Platform, die eine Art Inkubationszelle für die eigene HANA-Suite im Umfeld ERP und Datenbanken sein soll“, sagt Heiko Henkes. Sogenannte Enterprise-APIs sollen die Anforderungen grosser Kunden an Sicherheit und Compliance erfüllen.
SAP bietet seine Cloud-Plattform unter anderem aus eigenen Rechenzentren heraus an und adressiert damit ebenfalls die Sicherheitsbedenken der Anwender. „Wir können somit auch einen EU-only-Access gewährleisten, was für Kunden mit dedizierten Datenschutzvorschriften extrem wichtig ist“, erklärt Chief Product Owner Fassunge. Cloud-Platform-Integration(CPI)-Services sollen den Kunden dabei unterstützen, das Cloud-Angebot von SAP mit dem restlichen Portfolio zu verbinden. „Die Integrationsunterstützung reicht von der Einbindung einzelner Schnittstellen bis zur übergreifenden Betrachtung ganzer Geschäftsprozesse“, so Fassunge weiter.
Rechenzentrum und Cloud nahtlos
Als einziges der hier betrachteten Unternehmen bietet Oracle auch Infrastrukturdienste aus der Cloud an. Der Anteil des Konzerns am Gesamtmarkt für Infrastructure as a Service (IaaS) ist allerdings gering – und das obwohl die Oracle-Cloud laut Chief Technology Officer (CTO) Larry Ellison bis zu zehn Mal schneller und dazu auch noch wesentlich günstiger sein soll als die des Wettbewerbers Amazon Web Services (AWS). Im Ranking des Marktforschungsunternehmens Gartner für das Jahr 2016 schaffte es das Unternehmen mit einem Marktanteil von unter 0,5 Prozent nicht in die Top Ten.
„Oracle ist von der Tradition her ein Software-Unternehmen und wird im Markt nicht einmal ansatzweise aIs Cloud-Technologie-Provider wahrgenommen, obwohl das Angebot von der Technologie und den Preisen her gar nicht so verkehrt ist“, sagt Heiko Henkes von ISG Research. Sehr viel besser behauptet sich der Anbieter im PaaS-Markt, wo er 2016 laut Gartner Platz sieben einnahm. Im Bereich SaaS ist Oracle sogar die Nummer vier im Anbieter-Ranking des Jahres 2016 – hinter Microsoft, Salesforce und SAP.
“„Unser Cloud-Angebot ist (…) ganzheitlich, denn es adressiert sowohl die Bedürfnisse klassischer Rechenzentrumsbetreiber als auch die von Anwendungs- und Webservice-Entwicklern.“„
Trotz ihrer geringen Marktbedeutung sind die Infrastrukturdienste ein wichtiger Bestandteil der Cloud-Strategie von Oracle, denn das Unternehmen will sich als Provider etablieren, der ein durchgängiges Cloud-Angebot auf allen drei Bereitstellungsebenen offerieren und darüber hinaus auch klassische Rechenzentrumsarchitekturen einbinden kann. „Oracles Cloud-Angebot ist (…)ganzheitlich, denn es adressiert sowohl die Bedürfnisse klassischer Rechenzentrumsbetreiber als auch die von Anwendungs- und Webservice-Entwicklern“, sagt Gerhard Schlabschi, Director Systems, Technology und Cloud Computing für Oracle EMEA. Als bislang einziger Provider am Markt könne Oracle mit der „Cloud at Customer“-Lösung zu hundert Prozent identische Services On Premise und aus der Cloud anbieten, so Schlabschi weiter: „Unternehmen können (…) den Weg in die Cloud in ihrem Tempo und entsprechend ihrer Prioritäten ganz individuell gehen.“
Dank einer „Bare Metal“-Architektur sei es ausserdem möglich, existierende Workloads und Netzwerkarchitekturen weitestgehend unverändert und mit minimalem technischen Aufwand in die Cloud zu verschieben.
Das grösste Manko der Oracle-Lösung sei bislang die fehlende Offenheit für Kunden ausserhalb des eigenen Ökosystems, sagt Henkes: „Hier muss Oracle noch viel mehr unternehmen, um das Portfolio für Neukunden über Partner anzupreisen.“
Komplettlösung für KMUs
Anders als Salesforce oder SAP verfolgt Sage keine Plattformstrategie, sondern setzt ganz auf Software as a Service. Das britische Software-Unternehmen hat mit dem Schritt in die Cloud lange gewartet, ist aber heute mit seiner cloudbasierten Version der ERP-Suite X3 sowie aufgabenspezifischen Lösungen, etwa für die Reisekostenabrechnung, recht erfolgreich. „Sage konnte sich in einigen Märkten wie Australien und Grossbritannien zum Marktführer für Payroll-Lösungen entwickeln“, sagt ISG-Advisor Henkes. „Unsere Cloud-Lösungen sind global in vielen Ländern verfügbar und erfüllen die dort existierenden Steuervorgaben – ein grosses Plus insbesondere auch für international tätige Kunden“, erklärt Oliver Henrich, Vice President Product Engineering Central Europe bei Sage, das Erfolgskonzept hinter dieser Entwicklung.
“„Unsere Cloud-Lösungen sind global in vielen Ländern verfügbar und erfüllen die dort existierenden Steuervorgaben.“„
Strategisch konzentriert sich der Anbieter mit seinen Cloud-Angeboten auf kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 2000 Mitarbeitern, denen er eine komplette Abwicklung ihrer Geschäftsprozesse von der Warenwirtschaft über die Finanz- bis hin zur Lohnbuchhaltung ermöglichen will. „Sage versucht, von seinem traditionellen Image als ERP-Anbieter wegzukommen, allerdings sind noch nicht alle Cloud-Produkte auch auf deutscher Ebene verfügbar“, sagt Heiko Henkes von ISG Research.
Sage arbeitet eng mit dem Cloud-Experten Salesforce zusammen und bietet über dessen App-Store AppExchange sein Produkt „Sage Live“ an, das unter anderem eine vollständige Finanzbuchhaltung unter Einhaltung der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmässigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) ermöglicht. Lösungen ausserhalb der Salesforce-Plattform lassen sich laut Sage-VP Henrich über Webservices, APIs und REST integrieren. „Dabei können fremde Daten in Form von Feeds in Sage Live importiert und automatisiert verarbeitet werden.“ Beispielsweise liessen sich auf diese Weise Kontoauszüge einlesen und verarbeiten. „Wurde eine offene Rechnung bezahlt, aktualisiert sich diese Information entsprechend automatisch in
Sage Live.“
Sage Live.“
Die Zusammenarbeit von Sage und Salesforce ist nur ein Beispiel für die zahlreichen und teilweise sehr engen Kooperationen mit der Konkurrenz – vor allem dem unangefochtenen Marktführer Amazon Web Services. „Mit AWS verbindet uns eine langjährige und enge Partnerschaft“, sagt Harald Esch von Salesforce. Das Unternehmen verwende neben eigenen Rechenzentren bevorzugt die Public-Cloud-Infrastruktur von AWS, um seine Services zu betreiben. „Gleichzeitig nutzt AWS seit dem Start im Jahr 2006 unsere CRM-Lösung Sales Cloud.“
Auch SAP setzt zunehmend auf Allianzen. Die Lösungen des Herstellers werden beispielsweise auch über die Infrastrukturen von Amazon Web Services oder Azure angeboten. Seit Kurzem gibt es ausserdem eine Vereinbarung mit Rackspace. Der Managed-Cloud-Provider hostet SAP-Lösungen in einer eigenen Private Cloud und bietet sie Kunden im Abomodell an. Dieses erlaubt es Kunden, über die Private Cloud des Hosters auf gebrauchsfertige SAP-Lösungen zuzugreifen.
Wachstumsmarkt IoT
Das Internet of Things (IoT) ist der Wachstumsmarkt schlechthin. Nach Prognosen von Gartner wird die Zahl internetfähiger Endgeräte bis zum Jahr 2020 auf mehr als 20 Milliarden Stück ansteigen. Die Ausgaben für den Ersatz herkömmlicher Produkte durch netzwerkbasierte sollen sich danach auf fast drei Billionen Dollar belaufen. Kein Wunder also, dass das Thema IoT auch für die Software-Anbieter immer wichtiger wird. „Die Software-Unternehmen müssen die strategischen Kontrollpunkte im IoT-Umfeld besetzen, um nicht von der anderen Seite der Wertschöpfungskette, den Maschinen- und Werkzeuganbietern, aus dem Markt gedrängt zu werden“, sagt Bain-Partner Zies.
SAP versucht, mit seinen in die Cloud-Plattform integrierten „Leonardo“-Lösungen nicht nur die Anforderungen einer IoT-Infrastruktur abzudecken, sondern bietet auch Machine-Learning-, Blockchain-, Big-Data- und analytische Anwendungen unter der neuen Marke an. „SAP hat eine grosse Expertise, was die Prozesse und Anforderungen der Industrie betrifft, und wird diese in digitale, cloudbasierte Plattform-Lösungen umsetzen können, sagt Heiko Henkes von ISG Research, „allerdings sind diese stark auf das SAP-Portfolio zugeschnitten und weniger neutral, als es für den Kunden vielleicht gut ist.“
“„Die Entscheiderstrukturen haben sich stark verändert, seit die Fachabteilungen mit eigenen IT-Budgets ausgestattet werden.“„
Heiko Henkes
Director Advisor bei
ISG Germany
ISG Germany
" target="_blank">www.isg-one.de
Ähnlich kritisch sieht Henkes das Oracle-IoT-Angebot: „Auch da sind die Lizenzmodelle und Schnittstellen nicht so offen, wie man sich das wünschen würde.“ Oracle baut sein IoT-Portfolio kontinuierlich aus und hat beispielsweise Ende August dieses Jahres neue Features wie Digital Twin und Digital Thread sowie die Integration von KI- und ML-Funktionen angekündigt. Digital Twin erzeugt eine virtuelle Repräsentation von Maschinen und Werkzeugen – einen digitalen Zwilling, der sich beispielsweise für Simulationen nutzen lässt. So kann der Anwender abschätzen, welche Folge eine Veränderung in den Umweltparametern oder den Prozessen für seine Maschinen und Werkzeuge haben könnte. Digital Thread soll die manuelle Dateneingabe entlang einer Lieferkette überflüssig machen und so Aufwand und Fehlerquellen im Supply Chain Management minimieren.
Anders als SAP und Oracle, die mit ihren IoT-Lösungen vor allem Produktions- und Lieferketten im Blick haben, soll die IoT Cloud von Salesforce vornehmlich dem Kundenmanagement dienen. Vertrieb, Kundenservice und Marketing können auf Basis der Sensordaten neue Geschäftsmöglichkeiten erkennen, Reparaturen automatisch auslösen oder den Kunden kontextspezifisch auf Basis der IoT-Daten informieren, so das Versprechen.
Der Cloud-Spezialist setzt dabei auf eine eigens entwickelte und 2015 vorgestellte Event Processing Engine namens Thunder. Sie basiert auf Open-Source-Technologien wie Apache Kafka, Storm, Spark und Cassandra. Die bereits erwähnte, von Salesforce übernommene Plattform Heroku bildet die Basis. Thunder kann nach Angaben des Unternehmens Milliarden Events in Echtzeit verarbeiten.
Die Business-Logik entscheidet
Angesichts der Marktmacht und des Funktionsangebots von AWS, Azure & Co. stellt sich die Frage, warum Anwender auf die Business-Plattformen der Software-Anbieter setzen sollten. Diese Frage ist selbst für Bestandskunden nicht so einfach zu beantworten, die doch eigentlich am stärksten profitieren könnten, da die Software-Hersteller ihre On-Premise- und Cloud-Produkte eng verzahnen und komfortable Kombinations- und Migrationswege bieten.
Ein Grund sind häufig die Lizenzmodelle der Hersteller, sagt Crisp-Analyst Velten: „Wenn ich als Kunde Lizenzen besitze, die bereits abgeschrieben oder die im Rahmen von Serviceverträgen noch mehrere Jahre gültig sind, dann kommt mich der Eigenbetrieb auf womöglich ebenfalls bereits abgeschriebener Hardware unter Umständen günstiger als die Migration auf das Cloud-Modell.“ Daher sei die Entscheidung oft für Neukunden sogar einfacher, so Velten weiter.
Ob die Wahl auf eine der Business-Plattformen aus dem Software-Bereich fällt, hängt nach Ansicht von Velten auch davon ab, in welchem Ausmass Anwender Geschäftsprozesse selbst definieren und implementieren wollen und können: „Viele Unternehmen fragen sich, wie viel vorgefertigte Business-Logik sie brauchen.“ Anbieter wie Oracle, Salesforce, Sage oder SAP stellen hier deutlich mehr Funktionsumfang zur Verfügung als AWS, Azure oder die Google Cloud Platform. „Unternehmen, die vornehmlich in bestehenden und vordefinierten Geschäftsprozessen denken, finden sich deshalb auf diesen Plattformen eher wieder“, sagt Velten.
Im Wesentlichen gehe es um einen Wettkampf um die Fachabteilungen, ergänzt Heiko Henkes von ISG: „Die Entscheiderstrukturen haben sich stark verändert, seit die Fachabteilungen mit eigenen IT-Budgets ausgestattet werden.“ Die breite Masse der heute für die Beschaffung Verantwortlichen könne mit Infrastructure as a Service nichts anfangen, sondern benötige eine voll gemanagte Lösung, so Henkes weiter. „In dieser Hinsicht sind die Software-Anbieter im Vorteil, weil sie businessnäher agieren als die Infrastruktur-Hyperscaler.“
Crisp-Analyst Velten rät, bei der Auswahl vor allem auf die Lizenzbedingungen zu achten: „Gerade im IoT-Umfeld können sonst sehr hohe Kosten entstehen, wenn plötzlich Lizenzen für 80.000 Endgeräte fällig werden.“ Ebenso wichtig sei die Frage, wie abhängig man sich von einem Provider macht: „Man kann meist seine Daten sehr leicht auf eine Plattform migrieren, bekommt sie aber nur sehr schwer wieder heraus.“ Deshalb sollten sich die Anwender sehr genau die Dokumentation der Schnittstellen ansehen und abschätzen, welches Risiko sie eingehen. Dabei spielt vor allem die Menge der Daten und die Geschwindigkeit eine Rolle, mit der sie erzeugt und gespeichert werden. „Bei 20.000 Abfragen pro Tag ist ein Provider-Wechsel sicher kein Problem – das sieht bei einer E-Commerce-Plattform mit 50.000 Abfragen in der Stunde schon ganz anders aus.“
Fazit und Ausblick
Die grosse Zeit des Lizenzverkaufs ist vorbei, das haben die meisten Software-Anbieter verstanden. Nach anfänglichem Zögern und diversen Irrwegen beginnt sich bei den meisten nun eine Strategie herauszubilden, die auf Plattformen und eine möglichst nahtlose Integration von bestehenden On-Premise-Implementierungen mit der Cloud setzt. Die Software-Hersteller punkten dabei mit ihrem Wissen um die Geschäftsprozesse ihrer Kunden, einer oft grossen installierten Basis sowie ihrem umfangreichen Netzwerk von Systemhäusern und Integratoren.
Für die Anwender ist diese Entwicklung aus mehreren Gründen erfreulich. Sie hält den Wettbewerbsdruck hoch und spornt Cloud-Provider wie AWS an, ebenfalls immer mehr die Geschäftsprozesse ihrer Kunden in den Fokus zu nehmen und ihre Partnerlandschaft auszubauen. Bestandskunden erhalten die Chance, On-Premise- und Cloud-Ressourcen zu kombinieren, ohne sich auf einen neuen Lieferanten und dessen Produkte einstellen zu müssen, Neukunden profitieren von den flexibleren Abrechnungsmodellen und den geringeren Vorabinvestitionen, die Cloud-Modelle auszeichnen. Kleinen und mittelständischen Unternehmen stellen die Plattformen mit ihrem umfangreichen Software-Angebot alle wesentlichen Funktionen für den Geschäftsbetrieb zur Verfügung, ohne viel Implementierungsaufwand zu erfordern.
Die Business-Plattformen haben jedoch nicht nur Vorteile. Die grössere Integrationstiefe erkauft man sich oft mit weniger Flexibilität und einer klaren Abhängigkeit vom Anbieter. Wer On-Premise- und Cloud-Installation mischt oder – wie im Bereich IoT – sehr viele Endgeräte betreiben will, muss zudem aufpassen, nicht in eine Lizenzfalle zu geraten, die alle Kostenvorteile der Cloud mehr als zunichtemacht. Nur eine Sorge müssen sich die Kunden von Oracle, SAP, Salesforce und Sage nicht machen: dass es ihren Anbieter in zwei oder drei Jahren nicht mehr geben wird. Trotz des intensiven Wettbewerbs ist das Überleben der grossen Software-Unternehmen ziemlich sicher – im Unterschied zu dem der vielen Tausend Nischenanbieter, die im Zuge der SaaS-Welle in fast jeder Software-Kategorie den Markt überschwemmen. „Es wird eine massive Konsolidierung geben“, prognostiziert Crisp-Analyst Velten, „und die grossen Software-Hersteller werden die Nutzniesser dieser Marktbereinigung sein."
Anbieter von Business-Plattformen in der Cloud (Auswahl)
Hersteller / Produkt | Oracle / Oracle Cloud | Sage GmbH / Sage Live | Salesforce / Customer Success Platform | SAP / SAP Cloud Platform |
Bereitstellungsmodell: Private / Public / Hybrid | ● / ● / ● | ○ / ● / ○ | ○ / ● / ○ | ● / ● / ● |
Sonstige Bereitstellungsmodelle | Oracle Public Cloud at Customer | – | – | – |
Rechenzentren: Nordamerika / Südamerika/ Europa ohne D /Deutschland / Asien Pazifik / Afrika | ● / ● / ● / ● / ● / ● | ● / ○ / ● / ● / ○ / ○ | ● / ○ / ● / ● / ●/ ○ | k. A.1) |
Zertifizierungen: ISO 14001 / ISO EC 27001 / 27017 / 27018 / sonstige | ○ / ● / ○ / ○ / ● 2) | ○ / ● / ○ / ● / ● 3) | ○ / ● / ○ / ● / ○ | ○ / ● / ○ / ○ / ● 4) |
Service-Modell: IaaS / PaaS / SaaS | ● / ● / ● | ○ / ○ / ● | ○ / ● / ● | ○ / ● / ● |
Geschäftslösungen: |
● / ● / ● / ● | ○ / ● / ● / ○ | ● / ● / ○ / ● | ○ / ● / ● / ○ |
Übergreifende Lösungen: Big Data / KI und ML / IoT | ● / ● / ● | ● / ● / ○ | ● / ● / ● | ● / ● / ● |
Basisdienste: Monitoring / automa-tische Skalierung / Load Balancing / Datensicherung / Archivierung / Netzwerkdienste (DNS, VPN) | ● / ● / ● / ● / ● / ● | ● / ● / ● / ●/ ○ / ○ | ● / ● / ○ / ○ / ○ / ○ | k. A. |
Integrierter Marktplatz | ● | ● | ● | ○ |
Zahl der Applikationen im Marktplatz | > 4000 | ca. 3000 über Salesforce, ca. 50 für Sage Live | > 3000 | – |
Kostenlose Testversion | 300 Dollar Credits, 30 Tage | auf Anfrage | 30 Tage | 30 Tage |
Anbieter von Business-Plattformen in der Cloud (Auswahl)
Hersteller / Produkt | Oracle / Oracle Cloud | Sage GmbH / Sage Live | Salesforce / Customer Success Platform | SAP / SAP Cloud Platform |
Bereitstellungsmodell: Private / Public / Hybrid | ● / ● / ● | ○ / ● / ○ | ○ / ● / ○ | ● / ● / ● |
Sonstige Bereitstellungsmodelle | Oracle Public Cloud at Customer | – | – | – |
Rechenzentren: Nordamerika / Südamerika/ Europa ohne D /Deutschland / Asien Pazifik / Afrika | ● / ● / ● / ● / ● / ● | ● / ○ / ● / ● / ○ / ○ | ● / ○ / ● / ● / ●/ ○ | k. A.1) |
Zertifizierungen: ISO 14001 / ISO EC 27001 / 27017 / 27018 / sonstige | ○ / ● / ○ / ○ / ● 2) | ○ / ● / ○ / ● / ● 3) | ○ / ● / ○ / ● / ○ | ○ / ● / ○ / ○ / ● 4) |
Service-Modell: IaaS / PaaS / SaaS | ● / ● / ● | ○ / ○ / ● | ○ / ● / ● | ○ / ● / ● |
Geschäftslösungen: |
● / ● / ● / ● | ○ / ● / ● / ○ | ● / ● / ○ / ● | ○ / ● / ● / ○ |
Übergreifende Lösungen: Big Data / KI und ML / IoT | ● / ● / ● | ● / ● / ○ | ● / ● / ● | ● / ● / ● |
Basisdienste: Monitoring / automa-tische Skalierung / Load Balancing / Datensicherung / Archivierung / Netzwerkdienste (DNS, VPN) | ● / ● / ● / ● / ● / ● | ● / ● / ● / ●/ ○ / ○ | ● / ● / ○ / ○ / ○ / ○ | k. A. |
Integrierter Marktplatz | ● | ● | ● | ○ |
Zahl der Applikationen im Marktplatz | > 4000 | ca. 3000 über Salesforce, ca. 50 für Sage Live | > 3000 | – |
Kostenlose Testversion | 300 Dollar Credits, 30 Tage | auf Anfrage | 30 Tage | 30 Tage |
1) 47 Rechenzentren an 28 Orten in 14 Ländern ● ja ○ nein
2) HIPAA, SOC 1, SOC 2
3) TÜV Rheinland CCS
4) SOC 1, SOC 2, ISO 22301
2) HIPAA, SOC 1, SOC 2
3) TÜV Rheinland CCS
4) SOC 1, SOC 2, ISO 22301