Zoundream 08.02.2023, 06:28 Uhr

So verstehen Sie Babyschreie

Das Health-Tech-Start-up Zoundream hilft Eltern, Pflegepersonen und Ärzten mit seiner Technologie dabei, die Bedürfnisse hinter den Schreien von Kleinkindern zu erkennen
Zoundream will seine Teamgrösse im nächsten Jahr verdoppeln
(Quelle: Zoundream)
Zoundream ist ein Basler Start-up aus der Health-Tech-Branche. Die Firma fokussiert sich auf die Analyse und Auswertung der Schreie von Babys im ersten Lebensjahr, um so ihre Bedürfnisse und zukünftig auch Entwicklungsstörungen oder Krankheiten erkennen zu können. Der CEO und Mitgründer Roberto Iannone beschreibt das wie folgt: «Babys schreien anders, je nachdem ob sie müde oder hungrig sind. Wir können akustisch fünf verschiedene Babybedürfnisse unterscheiden.»
Einen noch grösseren Mehrwert werde laut Iannone die nächste Erweiterung der sogenannten «Cry Analysis» bieten, an der Zoundream gerade arbeitet. «Babys schreien unterschiedlich, wenn sie gewisse Pathologien oder Entwicklungsstörungen aufweisen. Genauso wie meine Stimme anders tönt, wenn ich krank bin. Daher ist die Stimme eines Kindes ein sehr relevanter Biomarker, der extrem viele Informationen übertragen kann», sagt er.

Schreianalyse in mehreren Schritten

Darauf angesprochen, was die Lösung von Zoundream speziell macht, verweist Iannone auf den einzigartigen Ansatz zur Geräusch­analyse. Dabei handle es sich um eine «Pipeline» aus acht bis neun unterschiedlichen Schritten, wovon gut die Hälfte durch KI ermöglicht wird, während die andere Hälfte aus Soundprocessing besteht.
Sobald ein Geräusch aus der Umgebung wahrgenommen wird, identifiziert die Software zuerst, ob es sich um einen Babyschrei handelt – die sogenannte «Cry Detection». In einem weiteren Schritt werden die relevanten Teile herausgefiltert. Denn nicht alle Geräusche, die ein Kind macht, sind zur Bedarfsanalyse nötig. Sobald die relevanten Teile des Geräuschs erkannt sind, werden deren verschiedene Bedeutungen identifiziert. In einem letzten Schritt werden all diese zusammen analysiert und so kann herausgefunden werden, weshalb genau das Baby schreit.
Kurz zusammengefasst würde Iannone die Lösung von Zoundream wie folgt beschreiben: «Wir nutzen einen neuen Ansatz beim Sammeln der Geräusche, um sicherzustellen, dass die Geräusche die richtige Qualität haben. So können wir garantieren, dass wir ihnen das richtige Label geben. Im Grunde genommen bauten wir als ersten Schritt eine grosse und qualitativ hochwertige Datenbasis auf.» Es handle sich deshalb um mehr als nur eine Blackbox, nämlich um eine Pipeline. Dabei betont Iannone, dass es bei der Lösung um eine Cloudsoftware gehe, die in die Geräte von anderen Herstellern integriert werden soll. Das Start-up entwickelt selbst keine Hardware: «Wir wollen unsere Lösung über Geräte von Drittparteien nutzbar machen. Das können Babymonitore, Voice Assistants oder sonst etwas sein», erklärt Iannone. «Diese Technologie wird eines Tages in jedem Haus rund um die Welt vorhanden sein.»

Die Familie als Inspiration

Die Inspiration zur Gründung des Start-ups war für Roberto Iannone die Geburt seiner ersten Tochter. «Der Wunsch, Sofia besser zu verstehen und meiner Familie zu helfen, führte meinerseits zur Gründungsidee von Zoun­dream», meint er. Das gleiche gilt für Ana, Mitgründerin und Data Scientist bei Zoundream. Auch sie hatte nach der Geburt ihres ersten Kindes die Idee, KI zu nutzen, um Babyschreie zu übersetzen. Zusammen mit einem Professor aus dem Fachgebiet KI sowie zwei Freunden, die Iannone schon aus der Sekundarschule kannte, machten sie sich zu fünft auf ins neue Abenteuer: Anfang Oktober 2019 wurde Zoundream in Basel gegründet.
Robert Iannone ist Mitgründer und CEO von Zoundream
Quelle: Zoundream
Bisher hatte Iannone nur in Grossfirmen gearbeitet. Nun tauchte er in eine völlig neue Welt ein. Er musste den Job kündigen, um alles auf Zoundream setzen zu können. Gerade in den ersten sechs bis zwölf Monaten habe ihn das nervös gemacht. «Ich fragte mich immer wieder, ob ich das Richtige für meine Familie tue», erinnert sich der CEO.

Validierung durch Fachleute und Kunden

Wenn Iannone auf die Meilensteine von Zoundream zurückblickt, sind ihm vor allem drei spezielle Momente präsent. Der erste ist der Start der Zusammenarbeit mit einem spanischen Spital, dem «Hospital Clinic de Barcelona». In dieser Stadt hat Zoundream auch eine eigene Niederlassung. Iannone beschreibt das damalige Gefühl so: «Das bewies uns, dass es sich nicht nur um eine verrückte Idee einer kleinen Gruppe von Leuten handelt. ‹Cry Analysis› ist etwas Relevantes, und das sehen auch die Ärzte in einer der grössten Geburtskliniken Spaniens so.»
Ein weiterer Meilenstein für Iannone ist das erste Funding gut ein Jahr nach der Gründung von Zoundream. Von da an war er in der Lage, den Angestellten und sich selbst einen Lohn zu zahlen. Gleichzeitig bestätigte das Funding auch das Interesse auf der Investorenseite. Den dritten grossen Meilenstein sieht Iannone auf der «Market Side». Als B2B-Firma, die ein B2B2C-Produkt anbietet, war es wichtig, dass auch andere Unternehmen an die Technologie von Zoundream glauben und in diese investieren wollen. Wer genau Partner wurde, darf er aufgrund rechtlicher Vereinbarungen jedoch nicht verraten, dafür dies: Geräte mit eingebauter Zoundream-Technologie werden schon in den nächsten Monaten auf den Markt kommen.

Viel Entscheidungsraum und wenig Remote Working

Darauf angesprochen, welche Art CEO er sei, antwortet Iannone, er möge es, Leute um sich zu haben, die ihren Fachbereich kennen. «Ich denke, ich bin ein Generalist. Ich kann Menschen zusammenbringen und Brücken bauen». Gleichzeitig sei ihm die Transparenz innerhalb des Unternehmens wichtig. «Ich glaube nämlich, wenn die Leute das richtige Bild vom Gesamtkontext haben, dann treffen sie von sich aus die richtigen Entscheidungen», ist Iannone sich sicher. Ein risikofreudiger Unternehmertyp sei er, und risikofreudig müssten auch die Angestellten sein: «Fehler machen ist völlig ok. Nie ein Risiko eingehen, das ist bei Zoundream nicht ok.»
Heute besteht das Zoundream-Team aus zehn Angestellten, die sich auf zwei Niederlassungen verteilen. Doch das Start-up will weiter wachsen: Bis Mitte 2023 soll sich das Team verdoppeln. Zoundream kämpft jedoch mit dem Fachkräftemangel. Das liegt einerseits an der Branche, andererseits an der Büropolitik. Ständiges Remote Working ist beim Start-up nicht erlaubt. Iannone: «Das liegt auch an unserer Unternehmenskultur. Wir glauben, dass die Leute sich ein paar Mal pro Woche von Angesicht zu Angesicht sehen sollten.» Hierbei handle es sich, und das gibt Iannone zu, um etwas, das er Top-down entschieden habe. Bei einem wachsenden Start-up mit einer sich entwickelnden Unternehmenskultur sei eine gewisse Büropräsenz einfach notwendig.

Launch und eine neue Niederlassung

Wenn Iannone über die nahe Zukunft von Zoundream informiert, weist er auf zwei grössere Projekte für 2023 hin. Da ist einerseits der Produktlaunch mit verschiedenen Partnern in Asien, Europa und Nordamerika. Für ein Start-up wie Zoundream, das sich noch in der Pre-Revenue-Phase befindet, ist das ein entscheidender Schritt. Gerade deshalb, weil das Marktsegment «Cry Analysis» in dieser Form laut Iannone bis jetzt nicht existiert. Ein zweiter grosser Moment werde die Eröffnung der nordamerikanischen Niederlassung sein, wo Zoundream ebenfalls ein Team aufbaut.
Schlussendlich, und das ist Iannones erklärte Mission, gehe es darum, die Technologie schnell in so viele Haushalte wie möglich zu bringen. «Meine Vision ist es, dass ‹Cry Analysis› in ein paar Jahren etwas ist, das in jedem Haus mit Kindern zu finden ist. Ich als Vater glaube von tiefstem Herzen, dass diese Technologie Leben retten kann und für viele Babys und Eltern sehr hilfreich ist».
FIRMA
Zoundream
Das Basler Start-up Zoun­dream ist im Health-Tech-Sektor tätig und bietet seinen Kunden eine Software, die durch künstliche Intelligenz und Soundprocessing ermittelt, welches Bedürfnis ein Baby ausdrücken möchte. In einem zweiten Schritt arbeitet Zoundream daran, die Technologie so zu verbessern, dass sie anhand der Schreie auch Entwicklungsstörungen und verschiedene Pathologien erkennen kann.
 zoundream.com



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