Projektmanagement
26.04.2013, 08:51 Uhr
Teile und herrsche
Für IT-Grossprojekte, die über mehrere Jahre laufen und schon mal 100 Millionen Franken kosten können, greifen die üblichen Projektmanagementmethoden zu kurz.
Mit den Methoden eines herkömmlichen Projektmanagements stösst man bei IT-Grossprojekten schnell an Grenzen
Der Autor ist dipl. Physiker (ETH Zürich), ist Managing Partner der Next Level Consulting Schweiz. Er war über 25 Jahre in der Industrie als Leiter grösserer Entwicklungs- und Produktionsbereiche tätig, davon 15 Jahre im Projektgeschäft.
Manche Projektmanager müssen hoch hinaus. Ihre IT-Vorhaben sind extrem gross, extrem anspruchsvoll, erstrecken sich über Jahre und kosten nicht selten über 100 Millionen Franken. Mit den Methoden eines herkömmlichen Projektmanagements stösst man bei solchen Megaprojekten schnell an Grenzen. Schlimmstenfalls – und wie die Praxis zeigt, gar nicht so selten – laufen die Grossvorhaben aus dem Ruder und kollabieren unter ihrem eigenen
Gewicht. Die Folge: Millionenverluste, Imageschaden sowie Einbussen durch entgangene strategische Chancen. Die Komplexität dieser IT-Megaprojekte ist ihre Achillesferse. Häufig ist eine schwer zu überblickende Vielfalt aus Auftraggebern, Zulieferern und Interessengruppen involviert. Es müssen viele beteiligte Stellen und Abteilungen eingebunden werden, sowohl intern als auch extern, und in einem Mass, das man von normalen Projekten her kaum kennt. Ähnlich verhält es sich mit der Flut von Erwartungen und teils widersprüchlichen Anforderungen; allein schon die lange Laufzeit lässt die Zahl der Änderungswünsche massiv ansteigen. Zudem wird in vielen Megaprojekten an mehreren Standorten gearbeitet, und Spezialisten aus verschiedenen Ländern bzw. Arbeitskulturen wirken mit.
Gewicht. Die Folge: Millionenverluste, Imageschaden sowie Einbussen durch entgangene strategische Chancen. Die Komplexität dieser IT-Megaprojekte ist ihre Achillesferse. Häufig ist eine schwer zu überblickende Vielfalt aus Auftraggebern, Zulieferern und Interessengruppen involviert. Es müssen viele beteiligte Stellen und Abteilungen eingebunden werden, sowohl intern als auch extern, und in einem Mass, das man von normalen Projekten her kaum kennt. Ähnlich verhält es sich mit der Flut von Erwartungen und teils widersprüchlichen Anforderungen; allein schon die lange Laufzeit lässt die Zahl der Änderungswünsche massiv ansteigen. Zudem wird in vielen Megaprojekten an mehreren Standorten gearbeitet, und Spezialisten aus verschiedenen Ländern bzw. Arbeitskulturen wirken mit.
Vom Projekt zum Programm
Erfahrene Projektmanager holen solche Grossvorhaben deshalb mit neuen Methoden und Organisationsmodellen aus der Komplexitätsfalle. Beispielsweise gliedern sie die Aufgabe in mehrere selbstständige und überschaubare Projekte und fassen diese zu einem Programm zusammen. An der Spitze steht ein Programmmanager, der die Übersicht über die einzelnen, für sich autonomen Projekte behält. Die Idee: Statt mit einem Megaprojekt hat man es nun mit einem Verband aus Einzelprojekten zu tun, die alle Bausteine für das Vorhaben liefern. Der Programmmanager führt diese Bausteine koordinierend zusammen. Diese Aufteilung bietet einige Vorteile. Beispielweise braucht sich der Programmmanager nicht mit dem Tagesgeschäft der Einzelprojekte zu befassen. Davon entlastet, behält er die Umgebung des Vorhabens im Blick. Programmmanager betrachten sich häufig als «Ermöglicher» und als «Manager von Unsicherheiten». Sie planen strategisch, verhandeln mit beteiligten Stellen und Interessengruppen, reagieren auf Veränderungen in der Projektumgebung, treffen Vorkehrungen gegen die äusseren und inneren Risiken des Gesamtvorhabens und konzentrieren sich darauf, den vom Auftraggeber erwarteten Nutzen zu erzielen. Zudem managen sie die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Projekten und stellen projektübergreifende Standards sicher, beispielsweise im Reporting. Derweil konzentrieren sich die Leiter der einzelnen Projekte ganz auf die Inhalte, Termine, Kosten und Ressourcen ihres Projekts. Eine klare und für Grossvorhaben hilfreiche Aufgabenteilung. Solche Programme brauchen jedoch deutlich mehr Vorbereitung als normale Projekte. Andernfalls leidet das Vorhaben später an ungünstiger Strukturierung, lückenhaftem Dialog mit den Interessengruppen, lascher inhaltlicher Steuerung oder stockendem Informationsfluss. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Gründliche Vorbereitung
Gründliche Vorbereitung
Eine professionelle Programmplanung besteht aus folgenden fünf Stufen: 1. Die Vorphase
Die allermeisten Programme stehen in direktem Zusammenhang mit der Strategie des Unternehmens. Sie sollen im Unternehmen umfassend wirken und verändern. Programmmanager befassen sich deshalb zunächst mit dieser Verbindung zwischen der Strategie und ihrem Vorhaben. Welchen strategischen Nutzen soll das Programm erbringen? Wie soll es beispielsweise die Zufriedenheit der Kunden verbessern, Produktionskosten senken oder Umweltbelastungen reduzieren? Sind diese Frage beantwortet, steht die Erstellung eines Businessplans auf der Agenda, in dem Aufwand und Nutzen einander gegenüber gestellt werden. Auf diesen Plan aufbauend können schliesslich mit den Auftraggebern konkrete Vereinbarungen getroffen werden. 2. Das Programm initiieren Die jeweils geeignete Strukturierung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dafür gibt es keine Patentrezepte, nur Eckpunkte. Programmmanager achten darauf, dass die einzelnen Projekte ihres Vorhabens möglichst autonom, überschaubar und gut zu steuern sind. Zwischen diesen gibt es wenige Schnittstellen und gegenseitige Abhängigkeiten. Ausserdem sollten die einzelnen IT-Module für sich lauffähig sein, damit sie schrittweise eingeführt und weiterentwickelt werden können. Auf Basis dieser Struktur entwickelt der Programmmanager dann eine Roadmap für sein Vorhaben. Weitere Aufgaben im zweiten Schritt: Der Programmauftrag wird klar formuliert. Ausserdem legt der Manager jetzt die Organisation seines Programms fest. Welche Positionen sind zu besetzen, wie sehen deren Aufgaben und Verantwortlichkeiten aus? Anders als bei normalen Projekten braucht ein Programm oft
eigene Spezialisten etwa für Qualitätsmanagement, Risikomanagement, Controlling oder Änderungsmanagement. Solche Aufgaben kann ein Programmmanager nicht mehr miterledigen. 3. Das Programm aufsetzen Versierte Programmmanager verwenden viel Zeit darauf, ihre Managementaufgaben zu planen. Wie in einem Drehbuch legen sie die Vorgehensweise einheitlich für alle Projekte des Programms fest – beispielsweise für das Management von Terminen, Kosten, Finanzen, Qualität, Ressourceneinsatz, Kommunikation und Beschaffung. Auch die Infrastruktur des Programms, etwa Software-Lösungen für die Steuerung einzelner Projekte, wird jetzt aufgebaut. 4. Durchführung des Programms Erst jetzt, im vierten Schritt, initiiert und startet der Programmmanager die einzelnen Projekte seines Vorhabens. Ein Programm braucht eine besonders straffe inhaltliche Steuerung, also einen klar definierten Freigabe- und Abnahmeprozesses für die Programmkomponenten. Im Weiteren koordiniert der Programmmanager insbesondere die Abhängigkeiten zwischen den Projekten. Er behält den Umgang mit Risiken und die Qualitätssicherung im Auge und betreibt gewissenhaftes Issuemanagement. Auftretende Probleme, Fehler oder neue Anforderungen, die das gesamte Programm betreffen, werden sorgfältig bearbeitet. Zudem darf er nie den Überblick über das Programm verlieren. Deshalb stellt er mit einem gut strukturierten Reporting sicher, dass ihm und den Auftraggebern dieser Überblick nie verloren geht. Programmmanager behalten dabei nicht nur im Blick, ob überall die Termine, Kosten und Ergebnisse im Plan liegen. Sie prüfen auch, ob das Vorhaben den Nutzen und die strategischen Vorteile erbringt, die der Auftraggeber erwartet. 5. Das Programm beenden Viele Unternehmen versäumen, nach Abschluss eines Programms die Arbeiten auszuwerten und Erfahrungen aufzubereiten. Diese Erkenntnisse können bei künftigen Programmen jedoch enorm helfen. Deshalb gilt: Abschlussbericht und Dokumentation des Vorhabens gehören zu den Pflichtaufgaben. Neben den technischen Erkenntnissen sollten die Teams auch die gewonnenen Managementerfahrungen aufzeichnen (Lessons Learned) und dafür sorgen, dass diese in die Organisation zurückfliessen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Stakeholdermanagement
Die allermeisten Programme stehen in direktem Zusammenhang mit der Strategie des Unternehmens. Sie sollen im Unternehmen umfassend wirken und verändern. Programmmanager befassen sich deshalb zunächst mit dieser Verbindung zwischen der Strategie und ihrem Vorhaben. Welchen strategischen Nutzen soll das Programm erbringen? Wie soll es beispielsweise die Zufriedenheit der Kunden verbessern, Produktionskosten senken oder Umweltbelastungen reduzieren? Sind diese Frage beantwortet, steht die Erstellung eines Businessplans auf der Agenda, in dem Aufwand und Nutzen einander gegenüber gestellt werden. Auf diesen Plan aufbauend können schliesslich mit den Auftraggebern konkrete Vereinbarungen getroffen werden. 2. Das Programm initiieren Die jeweils geeignete Strukturierung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dafür gibt es keine Patentrezepte, nur Eckpunkte. Programmmanager achten darauf, dass die einzelnen Projekte ihres Vorhabens möglichst autonom, überschaubar und gut zu steuern sind. Zwischen diesen gibt es wenige Schnittstellen und gegenseitige Abhängigkeiten. Ausserdem sollten die einzelnen IT-Module für sich lauffähig sein, damit sie schrittweise eingeführt und weiterentwickelt werden können. Auf Basis dieser Struktur entwickelt der Programmmanager dann eine Roadmap für sein Vorhaben. Weitere Aufgaben im zweiten Schritt: Der Programmauftrag wird klar formuliert. Ausserdem legt der Manager jetzt die Organisation seines Programms fest. Welche Positionen sind zu besetzen, wie sehen deren Aufgaben und Verantwortlichkeiten aus? Anders als bei normalen Projekten braucht ein Programm oft
eigene Spezialisten etwa für Qualitätsmanagement, Risikomanagement, Controlling oder Änderungsmanagement. Solche Aufgaben kann ein Programmmanager nicht mehr miterledigen. 3. Das Programm aufsetzen Versierte Programmmanager verwenden viel Zeit darauf, ihre Managementaufgaben zu planen. Wie in einem Drehbuch legen sie die Vorgehensweise einheitlich für alle Projekte des Programms fest – beispielsweise für das Management von Terminen, Kosten, Finanzen, Qualität, Ressourceneinsatz, Kommunikation und Beschaffung. Auch die Infrastruktur des Programms, etwa Software-Lösungen für die Steuerung einzelner Projekte, wird jetzt aufgebaut. 4. Durchführung des Programms Erst jetzt, im vierten Schritt, initiiert und startet der Programmmanager die einzelnen Projekte seines Vorhabens. Ein Programm braucht eine besonders straffe inhaltliche Steuerung, also einen klar definierten Freigabe- und Abnahmeprozesses für die Programmkomponenten. Im Weiteren koordiniert der Programmmanager insbesondere die Abhängigkeiten zwischen den Projekten. Er behält den Umgang mit Risiken und die Qualitätssicherung im Auge und betreibt gewissenhaftes Issuemanagement. Auftretende Probleme, Fehler oder neue Anforderungen, die das gesamte Programm betreffen, werden sorgfältig bearbeitet. Zudem darf er nie den Überblick über das Programm verlieren. Deshalb stellt er mit einem gut strukturierten Reporting sicher, dass ihm und den Auftraggebern dieser Überblick nie verloren geht. Programmmanager behalten dabei nicht nur im Blick, ob überall die Termine, Kosten und Ergebnisse im Plan liegen. Sie prüfen auch, ob das Vorhaben den Nutzen und die strategischen Vorteile erbringt, die der Auftraggeber erwartet. 5. Das Programm beenden Viele Unternehmen versäumen, nach Abschluss eines Programms die Arbeiten auszuwerten und Erfahrungen aufzubereiten. Diese Erkenntnisse können bei künftigen Programmen jedoch enorm helfen. Deshalb gilt: Abschlussbericht und Dokumentation des Vorhabens gehören zu den Pflichtaufgaben. Neben den technischen Erkenntnissen sollten die Teams auch die gewonnenen Managementerfahrungen aufzeichnen (Lessons Learned) und dafür sorgen, dass diese in die Organisation zurückfliessen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Stakeholdermanagement
Stakeholdermanagement
Ein wesentlicher und häufig unterschätzter Erfolgsfaktor ist das sogenannte Stakeholdermanagement. Der Hintergrund: Programme berühren die Interessen vieler Gruppen. Zu diesen sogenannten Stakeholdern zählen etwa künftige Nutzer, Unternehmenskunden, Behörden oder Arbeitnehmervertreter. Widerstände aus diesen Interessengruppen können Programme lahmlegen. Deshalb suchen erfahrene Programmmanager früh den Dialog mit den Stakeholdern, erfragen ihre Erwartungen und beziehen diese bereits bei der Zieldefinition ein. Auch in den späteren Projektphasen halten sie ständig und intensiv Verbindung. Für diese Daueraufgabe bauen Programmmanager eine Kommunikationsstruktur auf. Beispielsweise bilden sie regelmässig tagende Stakeholder-Gremien oder entwickeln Marketingmassnahmen, mit denen sie die Akzeptanz des Programms bei den Stakeholdern fördern. Die Investition in ein solches Stakeholdermanagement rentiert sich immer. Die simple Formel: Erfolg = Qualität der Projektarbeit x Akzeptanz bei den Stakeholdern.