Technologie für den Finanzplatz Schweiz
E-Franken und Angst vor Big-Tech
Last but not least dürften die Managerinnen und Manager der hiesigen Finanzinstitute mit Interesse auch die Pläne von Notenbanken zur Einführung von digitalen Zentralbankwährungen – CBDCs (Central Bank Digital Currencies) – verfolgen. Denn solche werden bereits in diversen Ländern geschmiedet. China arbeitet bereits seit einiger Zeit daran und startete im Frühjahr als erster Staat der Welt erste Testläufe mit dem «digitalen Yuan». Gestartet ist das Pilotprojekt in vier Städten – darunter die Tech-Metropole Shenzhen. Anderswo werden die Pläne ebenfalls zunehmend konkreter. Das liegt allerdings nicht nur am Fortschritt Chinas, sondern auch am Druck aus der Privatwirtschaft. So beherrschen US-Zahlungsdienstleister wie Mastercard, Visa und PayPal den Markt, zudem steigen Tech-Konzerne wie Alibaba, Tencent, Apple und Google ein.
Das vom US-Tech-Konzern Facebook ins Leben gerufene Libra-Projekt versetzte viele Zentralbanker besonders in Aufruhr. Von der Genfer Libra Association soll die Digitalwährung voraussichtlich noch in diesem Jahr eingeführt und betrieben werden. Das brachte die Bank of Canada dazu, Vorbereitungen für einen Digital-Dollar zu treffen. Damit will man unter anderem das staatliche Geldmonopol garantieren, falls Stablecoins wie Libra – also Kryptowährungen, die an echte Währungen oder Rohstoffe gekoppelt sind – zu einer echten Alternative zu nationalen Währungen avancieren würden. In Europa drückt insbesondere die schwedische Reichsbank aufs Gas und tüftelt an einem einsatzfähigen Modell für die «E-Krona». Da leistete das Libra-Projekt ebenfalls seinen Beitrag, wie Stefan Ingves, der Präsident der schwedischen Reichsbank, im September an einem Webinar der ETH Zürich erklärte. Die Europäische Zentralbank (EZB) startete am 12. Oktober mit einer öffentlichen Konsultationsphase sowie mit einer internen Testphase zum digitalen Euro. Im kommenden Jahr will sich dann der EZB-Rat damit befassen, ob ein konkretes Projekt zur Einführung eines CBDCs eingerichtet werden soll.
Nach aktuellem Stand ist hierzulande ein «E-Franken» noch nicht in Planung. Das zeigte auch die Ende 2019 veröffentlichte Antwort des Bundesrats auf ein Postulat von Nationalrat Cédric Wermuth. Darin war zu lesen, dass weder er noch die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Einführung eines digitalen Frankens als sinnvoll erachten. Für die breite Bevölkerung bringe digitales Zentralbankgeld «keinen Zusatznutzen» – auch weil hier Bargeld frei verfügbar und breit akzeptiert sei. Die SNB verwies auf «beträchtliche Risiken», etwa für die Finanzstabilität. Man wolle aber die internationalen Ansätze sowie die Bedürfnisse von Unternehmen und Haushalten weiterhin aktiv verfolgen, hiess es damals. Anfang 2020 schloss sich dann die SNB einer Arbeitsgruppe anderer Zentralbanken und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich an, für den Erfahrungsaustausch zu Einsatzmöglichkeiten von CBDCs. Dabei will man sich unter anderem auch über ökonomische und funktionelle Optionen oder die technische Gestaltung unterhalten.
Die SNB umstimmen möchten beispielsweise Hans Gersbach und Roger Wattenhofer, zwei Professoren der ETH Zürich. Sie schlugen im August auf Basis eines von ihnen publizierten Policy Papers die Einführung eines «eFranc» vor, der von der SNB produziert und den Geschäftsbanken im Tausch gegen notenbankfähige Sicherheiten oder physische Banknoten zur Verfügung gestellt werden soll. Ihnen zufolge könnte dieser etwa dazu beitragen, die langfristige Werterhaltung des Schweizer Frankens zu sichern oder auch den Spielraum für Negativzinsen einzuschränken. Zudem würde der «eFranc» keine der mit Banknoten verbundenen Kosten generieren. Sie versprechen sich dadurch «ein effizientes, zusätzliches Instrument» für das aktuelle Zahlungssystem. Nicht zuletzt könnte der Corona-bedingte Shift zu Karten- und Mobile-Zahlungen dafür sorgen, dass der Bundesrat und die SNB das Konzept der beiden ETH-Professoren noch genauer unter die Lupe nehmen.