Technologie für den Finanzplatz Schweiz
Handy und Karte statt Bargeld
Noch während des Corona-Lockdowns hat das Beratungsunternehmen Deloitte eine Umfrage über die Zahlungsgewohnheiten lanciert. Befragt wurden 1500 Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Sie gaben an, nun öfter als vor Corona elektronisch oder kontaktlos mit Karte zu bezahlen. Über die Hälfte hat entweder weniger Bargeld genutzt oder ganz darauf verzichtet. Lediglich 41 Prozent haben noch nie mit dem Smartphone bezahlt. Das sind nur noch halb so viele wie 2017, als noch 83 Prozent ihr Telefon noch nie für eine Zahlung verwendet hatten.
Nun hinkt der Jahresvergleich etwas, denn 2017 waren Paymit und Twint gerade in der Fusion begriffen. Apple Pay, Google Pay und Samsung Pay waren für die Schweizer Konsumenten noch Zukunftsmusik. Denn die Mehrzahl der Banken weigerte sich noch, die Bezahlsysteme der Technologiekonzerne anzubieten. Ein Grund dürften das Engagement bei Paymit/Twint gewesen sein, ein Investitionsschutz quasi. Das Bild hat sich mittlerweile komplett geändert: Apple & Co. sind in der Schweiz angekommen und werden von den Banken fast lückenlos unterstützt. Der Marktführer bei den Smartphone-Zahlungslösungen ist allerdings Twint. Während der Pandemie verdoppelte sich die Zahl der Anwender nahezu. Heute zählt Twint rund 2,5 Millionen Nutzer, die monatlich ca. 6 Millionen Transaktionen abwickeln. Knapp 40 Prozent entfallen auf Geldtransfers von Person zu Person, ebenso viele auf Zahlungen im stationären Handel und die übrigen 20 Prozent auf Online-Shops. Und das, obwohl die drei grössten Händler – Digitec Galaxus, Zalando und Amazon – Twint gar nicht (mehr) unterstützen. Der Branchenführer Digitec Galaxus hatte sich Anfang Jahr wegen der zu hohen Transaktionsgebühren beschwert und das Bezahlsystem ausgesperrt.
Die Konsumenten müssen nun auf die Kreditkarte oder die Rechnung ausweichen, wenn sie bei Digitec bestellen wollen. Kontaktlose Kartenzahlungen sind für Frau und Herrn Schweizer aber auch im Alltag die Methode der Wahl. Im Lockdown brachen die Umsätze mit Debit- und Kreditkarten um fast 40 Prozent ein. Dem Zahlungsdienstleister SIX Group zufolge wurden für bis zu 700 Millionen Franken pro Woche weniger eingekauft. Mit den Lockerungen Ende April stiegen die Umsätze jedoch wieder auf das Vorkrisenniveau. Die Banken wickelten wöchentlich Zahlungen in Höhe von rund 1,6 Milliarden Franken ab.
Die IT-Systeme laufen unterdessen wieder auf Hochtouren. Sie müssen auch die Bankomaten versorgen, die während des Lockdowns und danach regelmässige Besuche erlebten. Registriert wurde eine leicht höhere Frequenz und eine Zunahme der bezogenen Summen. Die Konsumenten bezogen während der ausserordentlichen Lage von Mitte März bis Ende April einen durchschnittlichen Betrag von rund 450 Franken – was einem Plus von 38 Prozent entspricht. Da im Detailhandel deutlich weniger bar bezahlt wurde, wurde Bargeld offenbar als Vorsichtsmassnahme vermehrt gehalten. Einer Umfrage der Beratungfirma Strategy& zufolge will die Mehrheit der Konsumenten (55 %) ihr geändertes Bezahlverhalten auch nach der Krise ganz oder grösstenteils beibehalten.