Technologie für den Finanzplatz Schweiz
Neobanken im Aufwind
Lange gab es bei Credit Suisse, UBS und Co. kaum Lebenszeichen zum Thema Digital Banking. Inzwischen ist die CS aktiv geworden und lanciert mit «CSX» ihr neues digitales Bankangebot (vgl. Interview mit CS-Digital-Chefin Anke Bridge Haux). In der App vereint sie Banking mit Hypotheken, Investieren und der Vorsorgefinanzierung. Die Zeit, die Grossbanken verstreichen liessen, nutzten Neobanken, um sich in Stellung zu bringen. Die Challenger wollen den etablierten Finanzinstituten etwa mit einfachem Onboarding, niedrigen Wechselkursgebühren und günstigen Kreditkarten Kunden abjagen. Den Anfang machte hierzulande die Bank Cler 2018 mit der App «Zak». Im März 2019 ging Neon an den Start. Das gleichnamige Zürcher Start-up schloss für seine Banking-App eine Kooperation mit der Hypothekarbank Lenzburg. Um digitalaffine Schweizer Bankkunden buhlen auch ausländische Player wie das britische Milliarden-Fintech Revolut sowie das deutsche Pendant N26. Laut dem Swiss Payment Monitor 2020 sind Zak, Neon, Revolut und N26 derzeit die bekanntesten Neobanken der Schweiz.
Wie die im August veröffentlichte Studie der Universität St. Gallen (HSG) und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt, erreichen die Challenger mit ihren Online-Bankservices immer mehr Leute. Die Hochschulen untersuchten im Rahmen des Forschungsprojekts repräsentativ das Zahlungsverhalten der Schweizer Bevölkerung. Hierzulande kennen rund zwei von fünf Personen mindestens einen der acht gängigsten Anbieter von digitalen Banklösungen. Jeder Zehnte nutzt bereits Online-Banklösungen oder probierte diese zumindest aus. Dabei scheinen die Alternativen zu UBS, Credit Suisse, Raiffeisen, PostFinance und Co. besonders bei Männern sowie jüngeren und gebildeteren Menschen mit höherem Einkommen beliebt zu sein. Hauptgründe für die Nutzung der Neobanken seien für sie insbesondere die einfache und praktische Handhabung, die vorteilhafte Gebührenstruktur und die günstigen Wechselkurse.
Bei der Betrachtung der Resultate des Swiss Payment Monitors 2020 gilt es zu bedenken, dass die Befragung zur Studie Ende 2019 – und damit noch vor der Corona-Pandemie – durchgeführt wurde. Zwischenzeitlich dürften die Neobanken punkto Bekanntheit und Anwenderzahlen also nochmals zugelegt haben. So berichtete Simon Youssef, der CTO von Neon, beispielsweise bereits im April von einem «starken Kundenzuwachs» aufgrund des Lockdowns. Und Revolut liess im Sommer verlauten, dass man in der Schweiz inzwischen mehr als 350 000 Kundinnen und Kunden bedient. Im Herbst 2019 waren es noch 50 000 weniger.
Trotz zunehmender Beliebtheit zeigt der Swiss Payment Monitor aber auch, dass drei Viertel der Nutzerinnen und Nutzer die Services von Neobanken lediglich ergänzend zu jenen der herkömmlichen Anbieter verwenden. Nur gerade rund 10 Prozent der Anwender wechselten komplett zu einer Neobank oder haben das in Zukunft noch vor. Dennoch treten laufend neue Digitalbanken in Erscheinung. So startete mit Yapeal im Juli bereits der nächste Vertreter, der den Schweizer Markt erobern will. Andere haben es derweil auf spezifische Nischen abgesehen: So plant das britische Finanzunternehmen Longevity beispielsweise, im Frühjahr 2021 hierzulande eine neue Neobank zu etablieren. Sie soll sich vor allem auf Rentner und Menschen fokussieren, die gesund und lange leben möchten. Und die Genfer Bankengruppe Reyl hat mit Alpian ein digitales Angebot für vermögende Privatpersonen in der Pipeline. Ob diese neben den mittlerweile etablierten Neobanken bestehen können, wird sich zeigen.