Servicenow machte zum zweiten Mal mit seiner Roadshow in Zürich halt. Rund 400 Partner und Kunden sind der Einladung des amerikanischen Workflow-Spezialisten gefolgt.
Die Roadshow «The future of work tour 2019» von Servicenow hat soeben in Zürich Station gemacht. Gleich zwei Mitglieder der Geschäftsleitung waren zur Veranstaltung im Stage One in Oerlikon angereist. Für Alain Badoux, seit 2016 Sales-Chef der Schweiz und heute auch verantwortlich für Österreich und die zentraleuropäischen Länder, ist die hochkarätige Besetzung mehr als nur eine Bestätigung für die Attraktivität des Schweizer Marktes. Wenn die Chefetage eines amerikanischen Milliarden-Konzerns seine Kunden vor Ort besucht, spiegle sich darin auch ein Stück der DNA des Unternehmens: «Kundennähe ist zentral für uns», so Badoux.
Schon zur Begrüssung hatte er auf die rasant gewachsene Bedeutung des Unternehmens hingewiesen. Nicht ohne Genugtuung erinnerte er daran, dass man sich zur ersten Veranstaltung in der Schweiz vor drei Jahren noch in einem sehr intimen Kreis von nur 20 Menschen getroffen habe.
Im Gespräch am Rande der Veranstaltung stellt er dann erst einmal einige Kernelemente klar, die zur Beliebtheit von Servicenow beigetragen haben. Da sind zum einen der von Anfang an verfolgte Plattformgedanke und die Cloud-Nutzung aus lokalen Rechenzentren, auf die heute 98 Prozent der Kunden setzen. Weiter stellt er klar, dass das IT-Servicemanagement (ITSM), mit dem Firmengründer Fred Luddy 2004 gestartet ist, heute nur noch eine von drei wesentlichen Anwendungsszenarien des Workflow-Spezialisten darstelle. Auf dieser Basis der Now-Plattform decke man inzwischen den gesamten Workflow von Unternehmen ab, was neben der IT eben auch die Mitarbeiter- und Kundenprozesse umfasse. Wobei die Plattform ständig weiterentwickelt werde.
ITSM nur eines der drei Standbeine
Zwar listet Gartner das Unternehmen inzwischen als weltweiten Marktleader vor BMC im ITSM-Business. Doch aufgrund des rasanten Ausbaus sieht Badoux Servicenow inzwischen viel allgemeiner auf Augenhöhe mit grossen Plattform-Anbieter. Namen sind ihm zwar genauso wenig wie Zahlen zu entlocken, aber es ist klar, dass er damit Unternehmen wie Salesforce und Co. anspricht.
Noch einmal kommt Badoux dann auf die Nähe zu den Nutzern zu sprechen. Dass heutige IT-, Employee- und Customer-Workflows adressierende Portfolio hätte beispielsweise in der Schweiz von langjährigen Kunden wie dem Cern und der SwissRe profitiert. Sie hätten auf der Plattform Applikationen entwickelt, die nichts mehr mit der eigentlichen IT zu tun gehabt hätten. Von diesen Apps habe man jedoch selbst profitiert und diese Form des Austausches mit den Kunden pflege man noch immer, unterstreicht er.
Wie breit die Anwendungslandschaften inzwischen geworden sind, liess sich auch an der Bandbreite der Branchen ablesen, die die rund 400 Kunden und Partner in Oerlikon präsentierten. Novartis, Swisscom und CKW sind genauso vor Ort gewesen wie Credit Suisse und Vertreter von anderen Altkunden wie SwissRe und Cern. Aus dem österreichischen Dornbirn reisten IT-Manager von Kunststoffspezialisten Alpla an und der Lizenzberater Softwareone war ebenso präsent wie die Hochschule St. Gallen oder der Surseer IT-Dienstleister und Servicenow-Partner Bithawk.
Interessant ist an dieser summarischen Aufzählung, dass mit der UBS eines der wenigen Unternehmen vor Ort war, das sowohl im ITSM wie im HR-Segment die Now-Plattform on-premises nutzt. Hierzulande liefert man die ganze PaaS-Palette aus Rechenzentren in Genf und Zürich, wo man bei Euquinix eingemietet sei. Einzig Swisscom sei als Schweizer Partner in der Lage aus seinen Rechenzentren die Services-Angebote ebenfalls anzubieten. Laut Badoux erschliesst sich der Konzern in dieser Kooperation Kundenkreise, die er ansonsten nicht adressieren könnte.
Beispiel: Hausanschlüsse verwalten
Wie weit Servicenow inzwischen über das ITSM hinausgewachsen ist, illustriert Nastasja Nicke. Die Prozessmanagerin beim Innerschweizer Stromversorger CKW erklärt im Gespräch mit Computerworld, dass man im Geschäftsbereich Netze auf die Cloud-Lösung setze. In der Evaluation etwa des Prozesses der Verwaltung von Hausanschlüssen habe sich Servicenow mit seiner Flexibilität und Offenheit selbst gegen bestehende, wenn auch proprietäre Branchenlösungen durchgesetzt. Heute steuere die CKW im Bereich Netze mit 70 Mitarbeitenden die Arbeiten von rund 1000 Elektroinstallateuren. Mit dem Task-Management-Portal sei die CKW heute in der Lage, die einst mühselige manuelle Kontrolle des teilweise langwierigen Hausanschluss-Prozesses inklusive der Applikation auf einem Portal im Blick zu haben. Nicke ist beinahe kein Wort der Kritik zu entlocken, einzig dass der Markt für Servicenow-Spezialisten nahezu ausgetrocknet sei, hält sie fest. Inzwischen habe man einen eigenen Mitarbeiter ausgebildet. Womit der kontinuierlichen Optimierung der Prozesse genauso wie den Ausbauten mit weiteren Service-Apps nichts mehr im Wege stehe.
Nastasja Nicke ist Prozessmanagerin beim Innerschweizer Stromversorger CKW
Quelle: Volker Richert/computerworld.ch
Doch zurück zur Veranstaltung. Dave Wright, Chief of Innovation bei Servicenow, zeigte dann, dass man auch technisch noch einiges in petto hat. Zunächst liess aber auch er es sich nicht nehmen, den Standort Schweiz zu loben. Mit einem Augenzwinkern kündigte er an, dass eines der kommenden zweimal jährlich vorgelegten Releases, die jeweils nach Städten benannt sind, vielleicht dereinst Zürich heissen könne. Im Herbst stehe aber erst einmal New York an, im kommenden Jahr dann Orlando und Paris. In diesen Zusammenhang verwies Wright darauf, dass man die Anreize für einen Versionenwechsel ausgebaut habe. Im angepassten Early-Access-Programm seien Test nun 60 Tage vor dem offiziellen Launch eines Release möglich.
Roadmap-Impressionen
Weiter skizierte er dann die Roadmap und nannte einige der anstehenden Novitäten. Demnach wird mit dem sogenannten Guided Application Creator die Entwicklung neuer Applikationen so vereinfacht, dass mit wenigen Mausklicks die dafür benötigte Basis verfügbar sei. Er kündigte eine Smartphone-App für das mobile Onboarding. Damit soll neue Mitarbeitende in Minutenschnelle parat zum produktiven Arbeiten sein, sich insbesondere aber die Zeit der Einarbeitung verkürzen lassen. Ausserdem, so Wright weiter, werde es neu einen Integration-Hub geben, der unterschiedlichste Daten und Systeme zu integrieren. Auch hier schreibe man Flexibilität gross, zumal sich die grafische Oberfläche auch dieser Anwendung individuell anpassen lasse.
Ausserdem präsentierte der Technikvordenker des Konzerns die sogenannten Operator Workspace und Owner Workspace. Während das eine Tool auf der Basis von ITIL eine Übersicht der Prozesse bringe, liefere das andere dem Administrator eine Rundumsicht nicht nur auf die Leistungsfähigkeit, sondern auch die Kosten aller Now-Services. Schliesslich versprach Wright schon mit dem New-York-Release Ausbauten in Sachen Security und Chatbot. Unter anderem werde es die Möglichkeit geben, Datenbanken zu verschlüsseln und Dialoge sich dann auch sprachgesteuert abwickeln lassen.
Und natürlich liess es sich auch Wright nicht nehmen, die in KI schlummernden Potentiale anzusprechen. Abseits des Podiums verwies Badoux dann noch darauf, dass man die Now-Plattform kontinuierlich weiter öffnen wolle für die in den Unternehmen vorhandene Software-Basis. Es gehe natürlich nicht darum, etwa ein SAP abzulösen. Allerdings könne die Workflow-Kompetenz von Servicenow sehr wohl eine sinnvolle Ergänzung sein.
Badoux sieht die Schweiz generell sehr gut aufgestellt – während Österreich noch viel Entwicklungspotential hat. Auch das Fehlen der Spezialisten sei erkannt und man arbeite diesbezüglich künftig mit der Universität St. Gallen zusammen. Dabei gehe es unter anderem um ein Programm, das Frauen die Rückkehr ins Business erleichtere.