Pressemitteilung
07.04.2022, 11:40 Uhr

Umfrage: Europäische Schulen können bei digitaler Kompetenz nicht Schritt halten

Trotz des Bedarfs an digitalen Fähigkeiten am Arbeitsplatz ist die digitale Kompetenz an europäischen Schulen immer noch sehr begrenzt.
(Quelle: Fujitsu)
Digitale Kompetenzen werden von Arbeitgebern in allen Branchen als fundamental angesehen – doch dies spiegelt sich in den meisten europäischen Ländern nicht in der Bildungspolitik, der Schulausstattung sowie den Qualifikationen der Lehrer wider, wie die aktuelle Fujitsu Studie¹ «Program for International Digital Skills Assessment» (FIDA) zeigt. Die Studie wurde in Auftrag gegeben, um die aktuellen digitalen Kompetenzen an europäischen Schulen zu bewerten, da die nächste staatlich geförderte PISA-Studie erst 2025 ansteht. Der FIDA-Bericht liefert eine aktuelle Momentaufnahme des Stands der digitalen Kompetenzen von Schulabgängern.
Überraschende Ergebnisse: Fast ganz Europa hinkt bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen hinterher
Die Studie zeigt, dass es in fast allen Ländern Defizite bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen in den Schulen gibt. Eine Ausnahme bildet Dänemark, hier wurde schon sehr früh auf digitale Prozesse umgestellt. So arbeiten beispielsweise 86 Prozent der dänischen Schüler mindestens einmal pro Woche online zusammen, während es in Deutschland nur zwölf Prozent sind. Auch das Vereinigte Königreich, Frankreich und Italien liegen zurück. Diese Diskrepanz ist zum Teil auf die mangelnde Akzeptanz seitens der Lehrkräfte zurückzuführen, die nicht die dringende Notwendigkeit der digitalen Nutzung in den Schulen sehen: In Deutschland stimmen nur neun Prozent der Lehrer dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht «voll und ganz» zu, in Dänemark sind es hingegen 64 Prozent.
Folglich erwerben die meisten Schüler ihre digitalen Fähigkeiten ausserhalb der Schule. Deutschland weist die grösste Diskrepanz bei der Nutzung digitaler Medien innerhalb und ausserhalb der Schule auf: nur 23 Prozent nutzen digitale Medien in der Schule, aber 92 Prozent bei ausserschulischen Aktivitäten. Die tägliche Nutzung digitaler Medien in der Schule ist aber vor allem während der zwei Jahre Pandemie erneut stark gestiegen – von 2019 bis 2021 stieg die Zahl von 39 auf 68 Prozent.
Digitale Medien scheinen für die meisten Schulen kein Schwerpunkt im Schulalltag zu sein, denn nur 16 Prozent der Lehrkräfte in Frankreich und neun Prozent in Deutschland räumen der Nutzung Priorität ein. Der Umfrage zu Folge werden digitale Medien hauptsächlich nur für kleine Forschungsprojekte oder die Online-Recherchen genutzt. Digitale Schlüsselkompetenzen wie Online-Zusammenarbeiten werden hingegen nur von einer Minderheit der akademischen Einrichtungen genutzt: nur 21 Prozent in Frankreich, 15 Prozent in Italien, zwölf Prozent in Deutschland und neun Prozent in Finnland. Der Umfrage zur Folge steht die Vermittlung von verantwortungsvollem Verhalten im Internet lediglich im Vereinigten Königreich (95 Prozent) ausreichend auf dem Programm. Die meisten anderen Länder wie Österreich (70 Prozent), Dänemark (48 Prozent), Frankreich (70 Prozent), Italien (53 Prozent), Deutschland (74 Prozent), die Niederlande (64 Prozent) und Portugal (62 Prozent) haben in diesem Bereich noch Raum für Verbesserungen.
Digitale Infrastruktur und digitale Kompetenzen der Lehrkräfte müssen Vorrang haben
In Frankreich ist fast die Hälfte (48 Prozent) der Studierenden der Meinung, dass das Land bei der Ausstattung und den digitalen Diensten in der Hochschulbildung im Rückstand ist. Im Vergleich dazu sind nur 20 Prozent der Studierenden mit der Ausstattung und den Diensten ihrer Hochschule zufrieden. In Deutschland halten etwa 30 Prozent der Schulleiter die verfügbare Internetgeschwindigkeit für ausreichend und nur weniger als ein Drittel (30 Prozent) stimmen zu, dass eine gute Plattform zur Unterstützung zum Lernen Online zur Verfügung steht. Die Deutschen sind ausserdem der Meinung, dass Lehrkräfte digitale Medien grundsätzlich nicht effektiv vermitteln können. Die Studie zeigt ausserdem, dass sich Deutschlands Schüler zwischen 14 und 19 Jahren mehr Ausbildung zum korrekten Verhalten im Internet und in sozialen Netzwerken wünschen, und mehr über die Erstellung und Veröffentlichung von digitalen Inhalten und rechtliche Themen lernen möchten. Schulleiter in ganz Europa betonten, dass Lehrkräfte darin bestärkt werden müssen, digitales Fachwissen weiterzugeben und die IT-Infrastruktur in allen Schulfächern zu nutzen – durch regelmässige Schulungen und starke, langfristige Partnerschaften mit Anbietern digitaler Lösungen.
«Die meisten Initiativen zur Computerkompetenz im europäischen Bildungssystem konzentrieren sich auf den Umgang mit Computern, versäumen es aber Kompetenzen darüber hinaus, die das Leben und die Arbeitswelt heute voraussetzen, zu vermitteln,» sagt Dr. Christian Swertz, Professor für Medienpädagogik an der Universität Wien. «Schüler sollten für den Arbeitsplatz relevante Medien kennenlernen, lernen Inhalte zu erstellen, in einem interaktiven, kooperativen und individualisierten Klassenzimmer.»
Weder Schüler noch Arbeitgeber haben Vertrauen in die digitalen Fähigkeiten von Schulabgängern
Die fehlenden Möglichkeiten für Schüler wichtige digitale Fähigkeiten zu erlernen, führt zum Mangel an Vertrauen in deren Nutzung. Während sich die Schüler bei der Nutzung digitaler Medien zur Kommunikation und Zusammenarbeit wohlfühlen, fehlt ihnen die Kompetenz zu Problemlösungen oder der Erstellung digitaler Inhalte. Arbeitgeber in ganz Europa bestätigen dieses Defizit: Berufsanfängern im Allgemeinen fehlen grundlegende digitale Fähigkeiten wie das Erstellen einer Präsentation, die Verwendung von Kalkulationstabellen und Office-Software. Noch schwerwiegender ist die mangelnde Kompetenz im Bereich Datenschutz und Privatsphäre. Mehr als die Hälfte der Unternehmen stellen fest, dass ihre Auszubildenden nicht über ausreichende Kenntnisse verfügen. Ein schwerwiegendes Defizit, denn in Deutschland sollen in den kommenden Jahren bis zu 700.000 neue Arbeitsplätze in Handels-, Versicherungs- und Finanzunternehmen entstehen, die digitale und technologische Kompetenzen voraussetzen.
«Man geht davon aus, dass die heutige Generation der Digital Natives die erforderlichen digitalen Fähigkeiten auf natürliche Weise erwirbt. Unsere Untersuchung zeigt jedoch, dass viel mehr formeller digitaler Unterricht erforderlich ist, um die Schulabgänger entsprechend für den Arbeitsplatz und die digitale Gesellschaft zu rüsten», sagt Christian Leutner, Vice President, Head of Product Sales Europe bei Fujitsu. «In vielen Bereichen besteht dringender Verbesserungsbedarf: Es muss sichergestellt werden, dass die Schulen über die digitale Infrastruktur und das Fachwissen verfügen, das sie zur Unterstützung der digitalen Medienausbildung benötigen. Dazu müssen Lehrpläne erweitert und modernisiert werden und Lehrkräfte entsprechende Fortbildung zur Verfügung stehen.»
Das von Fujitsu durchgeführte «Program for International Digital Skill Assessment» (FIDA)¹ gibt einen Überblick über die digitale Kompetenz in europäischen Schulen, identifiziert entscheidenden Bereiche in denen Fortschritt notwendig ist und zeigt Fujitsus Angebot zur Unterstützung von Kunden im Bildungsbereich weltweit. Fujitsu verfügt über starke Technologiepartnerschaften, wie mit Microsoft, und jahrzehntelange Erfahrung bei der Umgestaltung von Unternehmen und Einrichtungen jeder Grösse, um sichere und belastbare Lösungen zu implementieren, die es Lehrern ermöglichen, Schüler zu Hause und im Klassenzimmer effektiv zu unterstützen.
¹FIDA (Fujitsu Program for International Digital Skill Assessment) ist eine halbjährlich stattfindende Forschungsinitiative, die den Bedarf an digitalen Fähigkeiten von Schülern und Studenten ermittelt und wertvolle Erkenntnisse über geeignete Massnahmen liefert. FIDA ist eine Meta-Analyse: Die Ergebnisse wurden durch die Zusammenstellung von Daten aus mehreren nationalen Studien gewonnen. In einem ersten Schritt wurde der aktuelle Forschungsstand zur Medien- und Medienkompetenz europäischer Schülerinnen und Schüler untersucht. Hierfür hat Statista aktuelle nationale Studien, Umfragen, Berichte und Publikationen identifiziert und die wichtigsten Erkenntnisse in verständlicher Form aufbereitet. Darüber hinaus wurden multinationale Studien einbezogen, um einen Vergleich der Ergebnisse zu ermöglichen.


Das könnte Sie auch interessieren