Unter Weko-Druck
30.04.2021, 10:11 Uhr
Swisscom legt der Konkurrenz neue Glasfaserangebote vor
Die Swisscom legt der Konkurrenz neue Angebote zur Mitbenutzung ihrer Glasfasernetze vor. Dies forderte die Wettbewerbskommission vorsorglich im Rahmen ihrer Untersuchung zum Glasfaserausbau des Telkos.
Zeitgleich mit dem Druck der Weko-Untersuchung zum Glasfaserbau legt die Swisscom ihren Konkurrenten neue Angebote für die Mitbenutzung der ultraschnellen Datenleitungen vor. So erhalten die Mitbewerber neu eine direkte Leitung oder einen eigenen technischen Zugang von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern. So kündigte der Branchenprimus etwa eine entsprechende Partnerschaft mit Salt an (Computerworld berichtete).
Mit der Direktleitung können diese Konkurrenten ihre Endkunden mit eigenen Angeboten beliefern und sind mehr nicht auf die technischen Vorleistungen der Swisscom angewiesen (im Fachjargon Layer 1 genannt). Zudem bietet die Swisscom ihren Wettbewerbern neu auch die Farbentbündelung auf ihren Leitungen an. Hierzu wird in der Anschlusszentrale ein optischer Splitter eingebaut, der die Lichtsignale in einer Glasfaser in verschiedene Farben aufteilt. Dann können die Konkurrenten der Swisscom einzelne Farbspektren alleine nutzen.
Diese Massnahmen hatte die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) vorsorglich von der Swisscom gefordert, als sie im vergangenen Dezember eine Untersuchung zum Glasfaserausbau des Unternehmens eröffnet hatte. Damit wollten die Wettbewerbshüter ein neues Monopol auf der Datenautobahn verhindern.
Keine Direktleitungen zu Endkunden mehr
Denn die Behörde ortete eine Änderung der Bauweise des Netzes in Gebieten, in denen die Swisscom alleine ausbaut. Dorn im Auge ist der Weko, dass es zu den Strassenschächten vor den Häusern nur eine einzige Zuleitung für mehrere Haushalte gibt, während bisher von den Telefonzentralen Mehrfaserleitungen verlegt worden waren.
Damit könnten die Konkurrenten der Swisscom keine durchgehende Direktleitung mehr von der eigenen technischen Ausrüstung bis in die Haushalte mieten und würden von der Geschwindigkeit der Zuleitung in den Strassenschacht abhängen. Zudem müssten sich alle Anbieter die einzige Zuleitung teilen. Darüber hinaus wären die Wettbewerber auf die Vorleistungen und die Preise der Swisscom angewiesen.
Die Wettbewerbskommission sieht die Gefahr, dass Swisscom beim Bau des Glasfasernetzes Konkurrenten vom Markt ausschliesse: Es erscheine als glaubhaft, «dass die Swisscom mit diesem Verhalten eine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Daher verbietet die Weko der Swisscom ab sofort mit vorsorglichen Massnahmen, Wettbewerbern beim Ausbau des Glasfasernetzes den Zugang zu durchgehenden Leitungen zu verweigern», schrieb die Weko Mitte Dezember.
Swisscom weist Weko-Vorwürfe zurück
Die Swisscom wies am Donnerstag die Weko-Vorwürfe einer Wettbewerbsbehinderung erneut zurück. Die Swisscom biete jedem Mitbewerber einen diskriminierungsfreien Netzzugang, schrieb der Konzern anlässlich der Bekanntgabe der Glasfaserpartnerschaft mit Salt. Damit hätten auch Anbieter ohne eigenes Netz Zugang zur maximal verfügbaren Bandbreite.
Sollten neben Salt weitere Konkurrenten den Zugang zum Strassenschacht verlangen, werde man zusätzliche Glasfaserleitungen von der Telefonzentrale her legen, erklärte Swisscom-Netzchef Christoph Aeschlimann.
Die Swisscom bestritt, die neue Partnerschaft mit Salt aus taktischen Gründen im Hinblick auf die Weko-Untersuchung abgeschlossen zu haben: «Die Vereinbarung mit Salt beruht auf kommerziellen Interessen der beiden Parteien», sagte eine Konzernsprecherin. Und: Die Gespräche mit Salt hätten im Schlussquartal 2020 bereits vor der Weko-Untersuchung begonnen.
Weko: Wahrscheinlich Einfluss auf Untersuchung
Bei der Weko hiess es, die neuen Swisscom-Angebote hätten wahrscheinlich schon einen Einfluss auf die Untersuchung. «Wir können das aber noch nicht abschliessend sagen», äusserte sich Weko-Direktor Patrik Ducrey im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Die Weko werde die neuen Swisscom-Angebote jetzt analysieren.
Auch die vorsorglichen Massnahmen seien Gegenstand der Analyse, die demnächst stattfinden werde, sagte Ducrey: «Ich kann nicht sagen, bis wann wir zu einem Ergebnis kommen.» Informieren werde die Weko erst nach Abschluss der Untersuchung. Deren Dauer sei noch schwierig vorherzusagen. Diese könne in drei Monaten erledigt sein, aber auch erst in einem Jahr.
Vom Bundesverwaltungsgericht, wo die Swisscom Rekurs gegen die vorsorglichen Massnahmen eingelegt hatte, habe die Weko noch nichts gehört. «Das Verfahren ist weiterhin hängig», sagte Ducrey.