20.04.2015, 10:56 Uhr

Die 13 Fallen im Leben einer neuen Führungskraft

Wer zum ersten Mal als Kapitän das Ruder einer Abteilung übernimmt, kann vieles falsch machen. Hier erfahren Sie, wie Sie die gröbsten Fehler vermeiden.
Die besten Unternehmen haben eines gemeinsam: gute Führungskräfte. Natürlich brauchen sie auch gute Mitarbeitende. Aber selbst die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können von schlechten Führungskräften ausgebremst werden. Die schlechte Nachricht: Nur wenige werden als gute Führungskraft geboren. Die gute Nachricht: Menschen sind lernfähig und können sich zur guten Führungskraft entwickeln. Für die Unternehmen heisst es also, Führungspotenzial zu erkennen und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Auf der Einstiegsebene kann noch viel mit Trainings gearbeitet werden. Je höher die Führungskraft angesiedelt ist, desto zielgenauer sollte jedoch die Begleitung sein. Am besten über eine Einzelberatung, die ausschliesslich und vertraulich die persönlichen Themen reflektiert und damit so punktgenau wirkt, dass viel Zeit und Geld gespart wird.
Wozu es Chefs braucht
Kürzlich fragte ein Teilnehmer in einer Coaching-Session: «Wozu braucht es überhaupt einen Chef? Mitarbeiter sind doch auch nicht blöd.» Richtig und falsch. Richtig ist: Mitarbeiter sind keineswegs blöd. Aber ihre Stärke liegt in der Detailarbeit, in der Sachbearbeitung, und es braucht sehr wohl einen Chef. Seine Aufgabe ist es, den Überblick zu behalten, die richtigen Entscheidungen zu treffen und das Unternehmen in die Zukunft zu steuern. Mitarbeitende und Vorgesetzte stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern sie ergänzen sich. Statt keine Chefs braucht es also gute Chefs und damit schliesst sich der Kreis, denn jetzt sitzen Sie selbst auf dem Chefsessel. Die Frage ist, wie Sie sich dort fühlen. Sitzen Sie mollig warm oder ungemütlich kühl und zugig? Vermutlich irgendwo dazwischen. Unsere Erfahrung beim Begleiten von Führungskräften zeigt, dass die Übergangsphase mit höchst widersprüchlichen Gefühlen und persönlichen Zweifeln einhergeht. Kann ich die Erwartungen erfüllen? Was wird überhaupt erwartet? Wie wirkt sich der neue Posten auf mein Verhältnis zu den Kollegen aus? Was ist mit meinem Privatleben? Und natürlich die typischste aller typischen Neuer-Chef-Fragen: Was mache ich als Chef anders und selbstverständlich sehr viel besser? Zahlreiche Gedanken und die damit verbundenen Hoffnungen und Ängste schiessen durch den Kopf. Natürlich variieren sie von Person zu Person und von Situation zu Situation. Es macht einen Unterschied, ob der Chefsessel für die allererste Führungsposition in der Laufbahn steht oder ob eine bereits erfahrene Führungskraft die letzte Karrierestufe nach oben erklimmt. Es macht einen Unterschied, ob der neue Chefsessel im eigenen Unternehmen wartet, vielleicht sogar in der eigenen Abteilung, oder in einem ganz neuen Unternehmen. Trotz aller Unterschiede: Wir haben im Folgenden aus unserer Beratungserfahrung 13 klassische Fallen im Leben einer Führungskraft zusammengefasst und zeigen Wege auf, wie man sich daraus befreit. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Entscheidungs-Falle
1. Die Entscheidungs-Falle
Der wesentliche Unterschied zwischen einer Führungskraft und den Mitarbeitenden wird klar, wenn beide sagen: «Ich würde es so machen.» Beim Mitarbeiter ist das nur ein Vorschlag, beim Chef eine Anordnung. Es ist viel leichter, einen Vorschlag zu machen, statt tatsächlich Verantwortung zu übernehmen. Aber dann stagniert vieles, weil Entscheidungen fehlen.
Tipp: Überlegen Sie sich, was Sie entscheiden müssen. Und entscheiden Sie! Keine Entscheidung ist langfristig schlechter, als die zweitbeste Wahl getroffen zu haben.
2. Die Vertrauens-Falle
Als neuer Chef oder als neue Chefin wissen Sie nicht, wem Sie vertrauen können. Dies gilt nicht nur für Chefs, die von extern kommen. Auch bei neuen Vorgesetzen innerhalb eines Unternehmens verschiebt sich das Gefüge ähnlich einem Mobile unter den Mitarbeitern. Verstehen Sie sich sehr gut mit wenigen Leuten, sind es vielleicht die falschen. Schenken Sie aber niemandem Vertrauen, kommen Sie auch nicht weiter.
Tipp: Checken Sie Informationen immer mehrfach und sprechen Sie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über alle Hierarchieebenen hinweg.
3. Die Vorgänger-Falle
Ein Vorgänger prägt das Team, die Abteilung, die Organisation. Jetzt wollen Sie als neuer Chef bzw. als neue Chefin vielleicht nicht alles anders machen, aber auch nicht alles gleich. Schon ist Ihre Entscheidungsfreiheit dahin, denn sie wird vom Verhalten des Vorgängers eingeschränkt. Damit stecken Sie in der Vorgänger-Falle.
Tipp: Lassen Sie sich nicht in die Spur des Vorgängers pressen. Vertrauen Sie auf sich selber – und finden Sie Ihren Stil.
4. Die Geh-es-langsam-an-Falle
«Jetzt schau ich erst mal, wie es läuft, und so in einem Jahr verändere ich dann ganz behutsam und vorsichtig.» Das funktioniert so nicht, denn die Mitarbeitenden gewöhnen sich daran. Also wird es für Sie nach einem Jahr noch schwerer, etwas zu verändern. Tipp: Wertschätzen Sie, was die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geleistet haben, und verändern Sie in Ihrem persönlichen Veränderungstempo. Dann prägen Sie das Unternehmen mit Ihren Ideen und alle schwingen sich auf Ihren Takt ein.
5. Die Neue-Besen-kehren-gut-Falle
Mit der Überzeugung «Neue Besen kehren gut» sind schon viele gescheitert. Nicht alles Vorhandene ist schlecht. Sonst wäre das Team, die Abteilung, das Unternehmen nicht funktionsfähig. Selbst kurz vor einer Insolvenz muss nicht alles, sondern nur vieles oder Grundlegendes anders gemacht werden. Mitarbeitende wehren sich immer, wenn sie das Prinzip «Hauptsache anders» spüren. Tipp: Respektieren und honorieren Sie die Vergangenheit. Verändern Sie das Notwendigste zuerst und nicht alles gleichzeitig.
Training & Coaching für Führungskräfte
Neu im Chefsessel! Fit für die Führungsaufgabe. Der perfekte Einstieg für Einzelteilnehmer am 11./12. Mai 2015 in D-71111 Waldenbuch, auch als Inhouse-Training möglich. Info und Anmeldung unter: www.fischer-consulting.de Persönliches Coaching: Sie sind schon einen Schritt weiter und wollen eine individuelle Begleitung? Der Autor dieses Beitrages und sein Team beraten und coachen Sie gerne. Details und Informationen unter: +49 (0)7157 53 83 00
6. Die Nur-noch-Arbeit-Falle
Gerade als neue Führungskraft steigt im Allgemeinen der zeitliche Einsatz. Das ist kurzfristig kaum zu ändern. Deshalb muss es aber nicht zum Dauerzustand werden. Langfristig brauchen Sie Ihre volle Kraft, um dem Führungsjob gerecht zu werden. Das ist ein sehr schmaler Grad – die derzeitige Burnout-Diskussion kommt nicht von ungefähr. Tipp: Achten Sie darauf, Ihre Regenerationsfähigkeit zu erhalten. Genau diese ging den Burnout-Betroffenen nämlich verloren. Wie erholen Sie sich? Sport, Familie, Freunde? Planen Sie das bewusste Abschalten fest ein. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Ich-bin-einer-von-euch-Falle
7. Die Ich-bin-einer-von-euch-Falle
Weiter oben in der Hierarchie zu stehen, bedeutet auch immer, ein bisschen einsamer zu werden. Gespräche verstummen, wenn Sie dazukommen, Grüppchen lösen sich auf. Das schmerzt, denn jeder Mensch fühlt sich zugehörig. «Ich bin einer von euch und wir sind alle gleich» möchten Sie sagen. Falsch: Alle sind gleichwertig, aber nicht gleichberechtigt. Und Sie sind Chef oder Chefin und haben die Aufgabe, zu führen. Tun Sie es, sonst tut es jemand anderes! Tipp: Trennen Sie Person und Position und machen Sie sich klar, dass Sie Chef sind, auch wenn Sie sich nicht so fühlen.
8. Die Ich-mache-alles-selbst-Falle
Gerade neuen Chefs ist die Sympathie der Mitarbeitenden sehr wichtig. Um sich diese zu sichern, übernehmen Sie die Aufgaben, die sonst keiner machen mag. Mit dem Ergebnis, dass Sie sich schliesslich nur noch um unwichtige Dinge kümmern. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen Sie interessanterweise, wenn Sie von der exakt konträren Position starten, also Ihre eigenen Arbeitsergebnisse grundsätzlich als besser einstufen als die der Mitarbeitenden. Dann versinken Sie in Arbeit und Ihre Belegschaft hat nichts mehr zu tun. Tipp: Delegieren lautet das Zauberwort. Auch wenn es schwerfällt, so ist gutes Delegieren eine der wichtigsten Eigenschaften einer erfolgreichen Führungskraft. Wenn die Mitarbeiter tatsächlich (sind Sie sich wirklich ganz sicher?) keine guten Arbeitsergebnisse bringen, dann sind wir gleich bei Ihrer nächsten Führungsaufgabe: befähigen, fordern und fördern!
9. Die Festhalten-am-Ex-Job-Falle
Jeder hat am meisten Erfahrung in seinem Ex-Job. Das ist sicheres Terrain und Sie können mitreden. Da Sie fachlich gut sind, finden Sie auch immer Gesprächspartner. Hier können Sie sich als neuer Chef beweisen und Erfolge sammeln. So kommt es, dass der Ex-IT-Leiter als Geschäftsführer ständig die IT optimieren will, anstatt sich um alle Bereiche zu kümmern und den gesamten Laden voranzubringen. Oder dass ein IT-Mitarbeiter als junger Chef munter weiterprogrammiert und dabei die Bedürfnisse der gesamten Abteilung aus dem Blickwinkel verliert. Tipp: Kümmern Sie sich so wenig wie möglich um Ihre alten Funktionsbereiche und Aufgaben.
10. Die Besserwisser-Falle
Vermutlich sind Sie Chef geworden oder werden es demnächst, weil Sie fachlich gut sind. Wahrscheinlich besser als viele andere. Dieser Qualitätsanspruch ist mit dem persönlichen Ehrgeiz gekoppelt, viele Chefs wollen ihm deshalb auch weiterhin genügen. Aber dieser Qualitätsanspruch ist bei dem heute üblichen Grad an Spezialisierung dauerhaft nicht zu halten. Tipp: Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, Ihre Mitarbeiter zu führen. Akzeptieren, ja freuen Sie sich über deren fachliche Fähigkeiten und konzentrieren Sie sich auf die Führungsarbeit. Nur so können Sie den notwendigen Überblick behalten.
11. Die Beharrlichkeits-Falle
Organisationen und die Menschen darin sind sehr beharrlich, in dem, was sie tun. Sie sind geprägt von den Erfahrungen mit Vorgängern und Vorgeschichten und erwarten ein bestimmtes Verhalten. Nehmen wir an, Ihre Mitarbeiter sind straff geführt worden. In diesem Fall werden sie immer dann, wenn die Zügel lose sind, anhalten und durchschnaufen. Sie als neuer Chef werden vermutlich ungeduldig. Schon sitzen Sie in der Beharrlichkeits-Falle des Systems: Sie führen autoritär, ohne dass Sie es wollen! Tipp: Analysieren Sie das System und versuchen Sie, es zu kreuzen, sonst kommen Sie nicht weiter.
12. Die Das-schaffe-ich-alleine-Falle
Sich auf Menschen einzulassen und diese an sich zu binden, ist eine schwierige Übung. Wir haben Unternehmen erlebt, in denen sich alle Mitarbeitenden noch dem Gründer verpflichtet fühlten, obwohl ihn keiner mehr kannte. Es ist kein leichter Job, ein solches Unternehmen anders zu steuern, als es dem Geist des Gründers entsprochen hätte. Es kann sein, dass Sie das alleine schaffen. Aber viele kommen aus dieser Falle ohne Hilfe von aussen nicht mehr heraus. Tipp: Trauen Sie sich, externe Begleitung zu suchen, wenn Sie merken, es funktioniert nicht, wie gedacht. Es ist erfolgsrelevant, dass Sie Ihre Führungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf sich und Ihre Ziele einstimmen.
13. Die Betriebsbling-Falle
Nichts ist so schwer, wie ausgetretene Wege zu verlassen. Einer unserer Klienten, ein frisch gebackener Geschäftsführer, wollte als Allererstes den Teppich im Unternehmen austauschen. Er fand ihn einfach abscheulich und altbacken. Doch irgendetwas kam immer und immer wieder dazwischen. Der alte, abgelaufene Teppich ist vermutlich noch an Ort und Stelle – und er wird es bleiben. Denn der Mensch gewöhnt sich an Missstände und nimmt sie nicht mehr als Abweichung wahr. Tipp: Notieren Sie sich alle Punkte, die Sie verändern wollen, und nehmen Sie sich Ihre Liste regelmässig wieder vor.



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